Frag drei Hobbyläufer nach ihrem Urlaubsfahrplan – und du wirst meist diese drei unterschiedlichen Ziele hören: „Das Laufen verbessern" oder „dem Alltag davonlaufen" oder „Laufend was erleben". Wir haben mit Experten alle drei Urlaubsszenarien durchgespielt und sind draufgekommen: Der Sommer ist für Hobbyläufer eine spannende Zeit – in der aber viele Zeichen auf Entspannung stehen sollten ...

Christof Domenig
Christof Domenig

Im Winter holen sich Läufer die Grundlagenausdauer, im Frühling liegt der Fokus auf dem ersten Saisonhöhepunkt, im Herbst auf dem zweiten. Und im Sommer? Da schleicht sich bei vielen so etwas wie ein läuferisches „Sommerloch" ein. Oder auch nicht: Wir haben uns bei Profis schlau gemacht, wie es Mitte der Saison richtig gut laufen könnte. Und aus den Empfehlungen, die wir eingesammelt haben, kann man den Laufsommer unter das Motto „spannend und entspannend" stellen.

Weil Läufer freilich nicht gleich Läufer ist, sollen drei prototypische Hobbysportler/-innen den Ausgangspunkt für diese Story bilden, mit denen sich unsere Leser in der einen oder anderen Form identifizieren können:

  • Anna ist Leistungsläuferin. Den Sommer und insbesondere die Urlaubswochen will sie nutzen, um leistungstechnisch noch einen Sprung zu tun.
  • Bernd, der Workaholic, will sich im Sommer möglichst gut erholen und auf lockeren Laufrunden Energie für kommende Aufgaben tanken.
  • Christian ist Läufer aus Leidenschaft. Weil aber jede Beziehung unter Monotonie irgendwann erlahmt, sucht er in seinem Urlaub nach Läufen mit Erlebnispotenzial.


PAUSE FÜR LEISTUNGSLÄUFER
Anna gehört zu den fleißigen Hobbylaufsportlerinnen. Im Urlaub will sie etwas Pfeffer ins Training bringen, um einen Schub für die zweite Saisonhälfte zu bekommen. Sie plant also, in der freien Zeit möglichst viel aus ihrem Lauftraining herauszuholen.

Geht es nach SPORTaktiv-Laufcoach Kurt Steinbauer, dann sollte sich die fleißige Hobby-Leistungsläuferin jetzt zuerst einmal einbremsen. „Es stimmt zwar grundsätzlich, dass in der arbeitsfreien Urlaubszeit der Körper ein Lauftraining besser verarbeiten kann. Doch wenn jemand die erste Saisonhälfte erfolgreich und fleißig gelaufen ist, würde ich dringend für eine Entspannungsphase plädieren. Und erst recht, falls man bisher den eigenen Zielen hinterherläuft. Denn dann wäre die freie Zeit besser in eine ordentliche Ursachenerforschung investiert!" Abstand gewinnen, Pause machen, sich mit sportlichen Alternativen fit halten und dem Körper neue Reize bieten! Das empfiehlt Kurt Steinbauer also gerade den fleißigen Leistungsläufern für den Sommer. „Die ganze Saison über ein hohes Spannungsniveau im Training aufrechtzuhalten, schaffen nämlich weder Geist noch Körper", weiß der Coach, „zwischen erster und zweiter Saisonhälfte ist eine Regenerationszeit von mindestens zwei bis vier Wochen unbedingt einzuplanen, um gut erholt dann wieder mit gezieltem Trainingsaufbau auf den zweiten Saisonhöhepunkt hin zu beginnen."

Wie man diese Zeit im Sommer sinnvoll füllt? Mit Alternativsportarten, die einem Spaß machen; oder mit Körperpflege wie Ausgleichsgymnastik, Massagen oder per Faszienrolle. Und bloß kein schlechtes Gewissen, wenn man einmal nicht so fleißig ist wie gewohnt: Gerade diese Entspannungsphasen machen den Körper erst wieder so richtig aufnahmefähig für neue Trainingsreize.

DIE OFFENE RÜCKSCHAU
Beschäftigen wir uns aber auch noch mit dem zweiten Fall, der Hobbyläufer dazu bringen könnte, jetzt im Sommer nach einem „Leistungssprung" zu streben: Würde unsere Leistungsläuferin Anna schon länger den eigenen Ansprüchen hinterherrennen, dann empfiehlt ihr Kurt Steinbauer ebenfalls einen „Zwischenstopp". Dabei eine „offene Rückschau" zu halten und Feedback von außen einzuholen, wäre sein Ratschlag: „Allein gelingt es nur schwer, Fehler auszumachen, weil man nicht die notwendige Distanz hat. Einen erfahrenen Laufkollegen zu Rate zu ziehen, oder noch besser einen Trainingsprofi für eine gewisse Zeit an Bord zu holen, ist in diesen Fällen unbedingt zu empfehlen."

Um den objektiven Leistungsstand festzuhalten, kann jetzt auch eine Leistungsdiagnostik aussagekräftig sein – vorausgesetzt, es gibt drei bis sechs Monate alte Vergleichswerte, auf die man zurückgreifen kann. Eventuell steckt auch ein Nährstoffmangel dahinter, wenn der Trainingserfolg dem eingesetzten Fleiß hinterherhinkt. Ein medizinischer Check inklusive Blutbild kann da Aufschluss geben. Allerdings ist solch ein Mangel in der Praxis eher selten wirklich die Ursache, meint der SPORTaktiv-Laufcoach: „Meist findet sich die Fehlerquelle in der Trainingsplanung oder in mangelnder Regenerationszeit."

Für unsere flotte Hobbyläuferin Anna bedeutet das nun konkret: Kommt bei ihrer „offenen Rückschau" heraus, dass sie ihr eigentliches Ziel zwar verfehlt hat, aber sie trotzdem Fortschritte gemacht hat, „dann ist sie dennoch auf einem guten Weg und kann – mit revidierten Zielen oder einer etwas besser getimten Trainings- und Regenerationsplanung – nach ihrer ‚Sommerpause' wieder erfrischt durchstarten", rät SPORTaktiv-Coach Steinbauer.

Was freilich auch vorkommt: Dass die bisherige Saisonleistung trotz fleißigen Trainings stagniert oder sogar objektiv schlechter wurde. „In dem Fall hilft nur noch ein völliger Neustart. Denn dann geht es darum, sich von Gewohnheiten, auch von fixen Zielen, einmal vollkommen zu lösen." Ein Sommer allein genügt dafür nicht: „Dieser Prozess kann bis zu einem halben Jahr dauern." Und der SPORtaktiv-Coach präzisiert: „Während dieser Zeit würde ich ohne Pulskontrolle und Stoppuhr laufen, erlebnisreiche Strecken suchen oder sogar ganz andere Sportarten ausprobieren. Ziel ist es, mit einem veränderten Blickwinkel ans Laufen neu heranzugehen."
  

Atemtechniken – für mehr Luft beim Laufen

SUCHE NACH ERHOLUNG
Solch einen neuen Blickwinkel haben die beiden Steirer Eligius Adam und Johannes Huber im Laufen entdeckt. Der eine, Adam, war Militärpilotenausbildner und auf der Suche nach einem Ausgleich für die Pilotenschüler, die nach ihren Ausbildungstagen „körperlich erschöpft und gleichzeitig geistig aufgedreht" waren. Der andere, Huber, war Ultraläufer und schrieb seine Diplomarbeit über den Zusammenhang zwischen Laufen und Meditation.

Adam entwickelte vor über zehn Jahren den „Alpha-Lauf" in seinen lauftechnischen Grundzügen, Huber steuerte die mentalen Komponenten bei. Diese spezielle Form des Laufens, die den „Kopf ultimativ frei" machen soll, vermittelt Johannes Huber gemeinsam mit ausgebildeten Coaches nun seit rund zwei Jahren in „Alpha-Lauf"-Seminaren – und das könnte auch eine Lösung für unseren zweiten Sommer-Lauftypen sein: für Bernd, den Erholungssuchenden.

„Alpha" nennt sich diese Art zu laufen deshalb, „weil dabei Alpha-Wellen im Gehirn überwiegen. Diese mittelwelligen Gehirnströme sind ideal für eine neurologische Stressreduktion. Es ist ein Zustand, in dem man entspannt und gleichzeitig hellwach ist", erklärt Huber, der bei der Entwicklung der speziellen Laufmethode auch Unterstützung von der Neurologin Univ.-Prof. Dr. Eva Körner bekam.

IM ALPHA-RHYTHMUS
Sich in diesen absoluten Entspannungszustand zu laufen, bedingt laut Johannes Huber zweierlei: An erster Stelle die richtige geistige Haltung und Einstellung – und erst an zweiter Stelle stehen (langsames) Lauftempo und eine bestimmte Lauftechnik. Wie beides, Einstellung und Lauftechnik, genau funktioniert, können alle Interessierten in den Kursen erlernen. Nur so viel dazu in Kurzform: „Leistungsdenken jeder Art sollte beim Laufen möglichst keine Rolle spielen. Es geht darum, einen bewussten Ausgleich sowie aktive Erholung anzustreben", erklärt Huber. Technisch sind ein kurzer Laufschritt, eine Schrittfrequenz rund um 160, eine verhältnismäßig aufrechte Körperhaltung oder eine etwas abgesenkte Armhaltung für „Alpha-Läufe" charakteristisch.

Klappt es nach Wunsch, gelangen geübte Alpha-Läufer in den „Alpha-Rhythmus". Streng genommen durchläuft man in einem Lauf sogar vier unterschiedliche Phasen, an dessen Ende ein entspannter, meditativer und für Körper und vor allem Geist äußerst erholsamer Zustand steht. „Ein Gegenpol zu Stress und Hektik, die unser Leben regieren" – so zumindest berichten es überzeugte Alpha-Läufer.

„Erfahrung mit Mentaltraining hilft, diesen Zustand zu erreichen, ist aber keine Voraussetzung", erklärt Johannes Huber. Mit dem oft zitierten „Runner's High" habe das alles nichts zu tun, „denn das ist endorphingesteuert". Schon allein die Eckdaten zeugen davon, dass sich der Alpha-Zustand deutlich vom Runner's High unterscheidet: Alpha-Läufe dauern 20 bis höchstens 60 Minuten, und gelaufen wird nur mit einer Herzfrequenz von 65 bis 75 Prozent der HfMax!

Was viele noch interessieren könnte: Drei 30-minütige Alpha-Läufe bringen nicht nur dem Geist, sondern auch dem Körper bereits sehr gute gesundheitliche Effekte; und sogar Spitzensportler (die Olympiastarterin im Skicross, Katrin Ofer, gehört zu den Alpha-Läufern) können ein normales Training mit 20 entspannenden Alpha-Lauf-Minuten ausklingen lassen. Wer mehr erfahren oder das Alpha-Laufen erlernen will, klickt auf die Homepage: www.alpha-lauf.at.

ERLEBNISREICHER SOMMER
Wer in den Bergen urlaubt, der sollte Trailrunningschuhe unbedingt einpacken. Alle, die sich nicht ganz so viele Höhenmeter zutrauen, können ja etwa mit der Gondel hochfahren und einen Höhenwanderweg ablaufen. Die Bergfahrten sind in vielen Regionen in diversen „UrlaubsCards" ja ohnehin inkludiert. Für alle aber, die ein neues Lauferlebnis nicht in der Natur, sondern im urbanen Raum suchen, haben wir die jeweils beliebtesten Laufstrecken in den Ballungszentren ausfindig gemacht (siehe Tabelle unten). Die sind ja nicht umsonst die Lieblingsstrecken vieler, sondern haben durch die Bank einen hohen Erlebnisfaktor.

Apropos: Schon mal an „Sightjogging" gedacht? Laufrunden mit Fremdenführer werden in den großen europäischen Städten (bei uns auch in Wien) angeboten und finden regen Zulauf. Zu den sommerlichen Lauferlebnissen zählen natürlich auch die wenigen, aber umso feineren sommerlichen Laufevents ...
  

Die beliebtesten „stadtnahen" Laufstrecken Österreichs

WIEN:

Prater Hauptallee: Der Klassiker; viel grün, abends beleuchtet; 7,6 Kilometer lang ist die Strecke die Hauptallee entlang zum Lusthaus und retour.

Donauinsel: Zwei Varianten, 6 und 14 km lang, landschaftlich sehr schön und mit leichten Steigungen versehen.

GRAZ:

Murlaufstrecke: Murlauf Nord (21 km) und Süd (42 km), Start jeweils am Augarten; viel Grün, am Wasser entlang, dadurch relativ saubere Luft.

Leechwald: grüne Läuferoase am östlichen Stadtrand; Halbmarathonlänge vom Hilmteich ins Schaftal und retour.

INNSBRUCK:

Inn-Sill-Ufer: Die beliebteste Strecke im Stadtzentrum.

Bergisel-Lauf: Mit seiner alpinen Umgebung bietet die Tiroler Landeshauptstadt vielfältige Möglichkeiten für Abstecher in die Natur; der 5 km lange Bergisel-Lauf ist ein Beispiel von vielen.

SALZBURG:

Hellbrunner Allee: Die historische Allee mit Start beim Schloss Hellbrunn ist flach und grün – kurz gesagt: ideal für viele Läufer.

Salzachkai Süd: Zwischen Markartsteg und Hellbrunner Brücke liegt die 8,2 km lange Läufermeile; verkehrsberuhigt, auf Asphalt und Schotterwegen.

LINZ:

Pichling: Natur pur am Pichlingersee. Der See mit dem ruhigen Vorort ist im Sommer beliebtes Ausflugsziel für die Linzer – auch für die laufenden.

Donaupark-Urfahr: Der Donaupark ist der Freizeitraum in Linz, direkt am Stadtzentrum anschließend. Vom Gasthaus Lindbauer geht es Richtung Pleschingersee.

BREGENZ:

Am Bodensee: schön ausgebaute, teils asphaltierte, teils naturbelassene Strecken, als volle Halbmarathon-Runde mit Start und Ziel beim Eispavillon.

KLAGENFURT: Am Wörthersee: Ebene Strecke in wunderschöner Umgebung, bis zu 30 km lang „ausdehnbar".
ST. PÖLTEN:

Landschafts-„Marathon": Start/Ziel ist der Ratzersdorfer See. Die ausgeschilderte Strecke hat 43 km (25 km Asphalt).

Seerunde Ratzersdorf: 1,6 km-Strecke rund um den See, großteils Schotter.