Viele entdecken das Skitourengehen gerade – andere zieht es seit Jahrzehnten auf Skiern in die Berge. Der Oberösterreicher Helmuth Preslmaier hat in 30 Jahren auf Skireisen weltweit jede Menge erlebt und viel zu berichten. Er macht hier allen Lust und Mut, die Tourenski einzu­packen und in die Ferne aufzubrechen – auf der Suche nach dem weltweit besten Schnee.

Von Helmuth Preslmaier


Mehr als 30 Jahre ist meine erste Reise nach Marokko her. Eine Skireise zum Hohen Atlas. Das war meine persönliche Initialzündung für meine Begeisterung für Berge außerhalb Europas im Allgemeinen, und für Reisen mit Touren­skiern im Besonderen. Der Hohe Atlas in Marokko ist heute der Skireise-Klassiker par excellence – 4.000er mit großartigen Abfahrten im legendären „Afrikafirn". Damals war eine solche Unternehmung aber absolut ungewöhnlich. Ich kann mich noch bestens an die Blicke erinnern, die unsere Gruppe beim Einchecken – mit Ski im Gepäck – auf sich gezogen hat.

Ausgangspunkt war damals die Nelterhütte. Sie hatte Platz für 20 Personen, rund um die Hütte war eine Zeltstadt und die Verpflegung musste selbst mitgebracht werden. Heute heißt die Hütte Refuge du Toubkal, bietet Platz für 200 Personen und Halbpension. Und eine zweite Hütte mit ähnlichen Kapazitäten gibt es auch noch. Viel hat sich also seit damals verändert: Heute liegen Skireisen generell im Trend und laufend werden neue Reiseziele entdeckt.

DER SCHNEE UND DIE WÜSTE
Es sind drei Dinge, die für mich den riesigen Erlebniswert einer Skitour in einem fernen Land ausmacht. Erstens die Verbindung des Skibergsteigens mit dem Kennenlernen und Erleben fremder Länder und Kulturen. Bei allen Skireisen, die ich plane und führe, muss ein Sightseeingpart dabei sein. Zum Beispiel: Skibergsteigen am Elbrus und Sightseeing in Moskau. Oder eben: Skitourengehen im Hohen Atlas, verbunden mit einem Kameltrip in der Sahara. Die Kombination Schnee und Wüste hat überhaupt einen ganz besonderen Reiz.

Der zweite springende Punkt: Schnee ist weltweit völlig unterschiedlich. Was der beste ist? Pulver oder Firn – da sind die Vorlieben ja unterschiedlich. Ich selbst finde: lockerer Pulver. Aber auch eine Firnabfahrt kann großartig sein. Legendär ist der Afrikafirn im Hohen Atlas. Das Klima sorgt dafür, dass die Hänge gleichmäßig auffirnen. Wenn man den richtigen Zeitpunkt erwischt, erwartet einen eine gleichmäßig aufgefirnte Abfahrt mit rund 1.000 Höhenmetern.

Kanada und da vor allem die Rocky Mountains haben einen legendären Pulverschnee. Champagner-Powder nennen ihn die Kanadier. Er ist trocken, knietief und es gibt ihn massenhaft. Beispielsweise in den Selkirk Mountains im Durrand- Glacier-Gebiet. Fast 100 Quadratkilometer mit 14 Gletschern und 26 Gipfeln standen bei einer meiner Reisen exklusiv für 20 Gäste zur Verfügung. Die aufsummierte Neuschneemenge pro Winter beträgt dort rund 30 Meter. Skitouren in Kanada bedeutet in jeder Beziehung: Skitouren in XXL ...

DIE BERGE UND DAS MEER
Süchtig machen kann auch der Schnee in Island und Norwegen. Berge, die gleichsam aus dem Meer herauswachsen und Abfahrten im stiebenden Pulver – die Kombination der beiden Naturelemente Meer und Berg ist mit nichts zu vergleichen. Meeresnähe bedeutet auch, dass die Schneekristalle runder sind und lange schön locker bleiben. Den Charme erhöht noch, wenn man auf einem Schiff als „Basislager" wohnt. Unseres in Norwegen war quasi eine schwimmende Berghütte. Bei der Tourenplanung vom Schiff aus hatte auch der Kapitän ein Wörtchen mitzureden, der entscheidet, wo Wetter und Seegang es zulassen, anzulegen und an Land zu gehen.

Die Kultur, der Schnee ... Ja, und als Drittes machen für mich den großen Reiz von weltweiten Skitouren die Berge aus. Mein idealer Skiberg ist in jedem Fall ein Vulkanberg (zum Beispiel in Chile oder der Türkei). Vulkanberge haben alle eine gleichmäßige Hangneigung und bieten jede Menge freier Hänge. Wer schon im Herbst Lust auf Skitouren hat, dem empfehle ich die Vulkane im „kleinen Süden" von Chile – man reist quasi vom europäischen Herbst in den südamerikanischen Frühling. Teilweise über 3.000 Meter hohe Vulkane, traumhafte Firnabfahrten über gleichmäßig ideal geneigte Hänge mit Blick zu den chilenischen Seen, dazu südamerikanische Steaks und chilenischer Wein – herrlich!

AUFFAHRT IM SCHÜTZENPANZER
Das exotischste, ungewöhnlichste Gebiet, das ich bisher auf Skiern bereist habe, war jedoch Armenien. Skitouren haben dort noch den Touch von Entdeckungsreisen in skitouristisches Neuland. Es gibt keine Berg­hütten und nur wenige Straßen führen zu den Ausgangspunkten für die Touren. Und die sind im Winter oft nicht geräumt.

Abenteuerlich ist dort somit schon die Anreise. Unser Ziel war der höchste Berg Armeniens, der Aragat; und Touren-Ausgangspunkt die Cosmic-Ray-Forschungsstation, die noch aus der Sowjetzeit stammt, auf rund 3.200 m Höhe. Mit dem Bus ging es auf rund 1.900 m hinauf; ab hier lag die Straße unter einer dicken Schneedecke. Wir mussten nicht lange warten und unser von der armenischen Agentur zugesagtes „Fahrzeug" für den Weitertransport tauchte auf: ein Schützenpanzer, eine solide russische Konstruktion aus den 1950er/60er-Jahren. Skier auf die Plane und Menschen unter die Plane; Platz für genau zwölf Personen. Wir saßen eng und waren von einer intensiven Abgaswolke eingehüllt. Nicht nur die armenischen Berge waren also absolutes Neuland – die armenische Variante des Transports zur Hütte war es auch.

Skireisen in ferne Länder erfordern eben auch einmal die Bereitschaft zum Komfortverzicht. Die ganz besonderen Erlebnisse in jedem einzelnen Land wiegen solche Mankos aber stets mehr als auf. Im Fall Armeniens etwa die grandiose Bergeinsamkeit und unverspurte Hänge ohne Ende ...

Helmuth Preslmaier / Bild: Alois Peham

Helmuth Preslmaier
HELMUTH PRESLMAIER aus Linz ist Instruktor für Skihochtouren und Bundesreferent für Skitouren bei den Naturfreunden Österreich.

Als Organisator und Leiter von Skireisen hat er u. a. Skitouren in folgenden Regionen der Welt unternommen: Europa (außerhalb der Alpen): Abruzzen (Italien), Kreta, Nordnorwegen (Tromsö, Lyngen Alps), Island und Elbrus (Russland); Afrika: Marokko/Hoher Atlas; Asien: Türkei (Taurus/Kappadokien) und die Berge um Erzurum im türkischen Nordosten und Armenien; Nordamerika: Kanada (Rocky Mountains, Columbian Mountains, Coast Mountains); Südamerika: Chile (im „kleinen Süden").Naturfreunde - Wir leben Natur / Bild: www.naturfreunde.at

Preslmaier veranstaltet für die Naturfreunde jeden Winter Skireisen in verschiedene Länder.

Detailinfos unter „Angebotssuche Skitouren/Skireisen" auf www.naturfreunde.at.



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