Von richtiger Ausrüstung und richtigen Touren. Aber auch von falschen Kameraden und falschem Ehrgeiz. Tipps und Tricks für Anfänger

Christoph Heigl
Christoph Heigl


Hochromantisch und edel sind die Bilder vom Skitourengehen. Ein kleines Grüppchen inmitten unberührter Natur, Harmonie pur. Damit sich die Erlebnisse auch so auf die persönliche Speicherplatte einbrennen und es kein böses Erwachen gibt, gilt es viele Dinge zu beherzigen. Der erste persönliche Selbsttest hat gezeigt, wie schnell es geht: Du gehst deine erste Tour, ziehst zum ersten Mal eine Spur Richtung Berg, unsicher, ob du alles richtig machst und den Aufstieg bei leichtem Schneefall findest, da drehst du dich um und fünf fremde Tourengeher folgen froh und munter deiner Spur. Muss ich sie aufmerksam machen? Hallo? Ich bin der Rookie! Warum geht ihr mir nach?

Fehlerquellen gibt es beim Tourengehen leider genug, das beginnt bei der Wahl der falschen Ausrüstung bis hin zum falschen Verhalten im Ernstfall. „Schon beim Kauf der Ausrüstung sollte man auch eine komplette Sicherheitsausrüstung mitkaufen, also LVS-Gerät, Schaufel und Sonde“, sagt Armin Höfl, einer von drei Profis im österreichischen Nationalteam der Skibergsteiger, momentan allerdings wegen eines Radsturzes außer Gefecht. Nachsatz: „Natürlich muss man auch den Umgang damit trainieren.“ Beim Thema Ausrüstung ortet Markus Rosenauer von den Naturfreunden Niederösterreich einen der häufigsten Anfängerfehler bei schlecht passenden Schuhen: „Im Shop und beim Verleih unbedingt mehrere Modelle probieren, bis einer perfekt passt. Oft kommen Leute stolz mit einer neuen 1000-Euro-Ausrüstung und nix passt zusammen.“ 

Bevor es ins Gelände geht, bedarf es dann einiger Vorkehrungen. „Jede Tour im Gelände setzt eine Tourenplanung und einen Check des Lawinenlageberichts voraus“, sagt ÖSV-Athlet Höfl. Da gibt es keine Ausreden. „Welche Warnstufe wo ausgegeben ist, sollten auch Einsteiger wissen.“ Der Profi warnt Anfänger auch davor, im Übereifer gleich alles zu zerreißen. „Ich würde dazu raten, nicht mit schwierigen Touren zu starten, sondern mit gemütlichen Routen zum Schnuppern.“ Da kann man sich die richtige Technik und das Verhalten ohne Hektik und Gefahren aneignen. Das unterstreicht auch Rosenauer, der viele Anfängerkurse leitet: „Ich rate dazu, in Gegenden zu starten, die man kennt, vielleicht vom Sommer, vom Wandern oder Biken. Wenn du ins Auto springst und 300, 400 km in die Berge fährst, bist du zu schnell im Hochalpinen.“

Oft kommen Leute stolz mit einer neuen 1000-Euro-Ausrüstung und nix passt zusammen.

Markus Rosenauer von den Naturfreunden Niederösterreich
Skitouren: Anfängerfehler vermeiden

Apropos Technik
„Ich sehe sehr oft eine falsche Spuranlage“, sagt der erfahrene Tourengeher und Bergführer Paul Sodamin. „Oft zu steil, zu unharmonisch, ohne Gefühl für das Gelände. Und dann ist das Problem, dass jeder der ersten Spur nachgeht.“ Das passiert Anfängern und erfahrenen Tourengehern übrigens genauso. Sodamin war 23 Jahre als Flug- und Bergretter im Einsatz. Er kennt die mannigfaltigen Fehlerquellen: falsche Tourenwahl, das Wetter falsch eingeschätzt, den Lawinenwarndienst ignoriert, das eigene Können falsch eingeschätzt – oder einfach „die falschen Kameraden“. Was er damit meint? „Wenn der oder die Lauteste in der Gruppe den Ton angibt, obwohl er oder sie die wenigste Ahnung hat. Am Berg ist Blablabla gefährlich.“  Damit man nicht die falsche Tourenwahl trifft, braucht es im Vorfeld eine gute Recherche. Eine große Auswahl an Skitouren findet man etwa im neuen Tourenportal der Naturfreunde. Gemeinsam mit Outdoor­active haben die Naturfreunde, die schon lange auf die digitale Orientierung via Handy setzen, ihr Tourenportal (www.tourenportal.at) runderneuert. Im neuen Portal und in der App finden sich weltweit 200.000 Tourenvorschläge und -beschreibungen, Infos zu Hütten sowie Wetter- und Lawineninformationen. Für den Skitourenbereich lassen sich ganz ­einfach Region, Schwierigkeitsgrad und gewünschte Länge eingeben und damit werden ideale Vorschläge fixfertig mit Kartenmaterial und allen Infos heraus­gefiltert. 

Wenn der oder die Lauteste in der Gruppe angibt, obwohl er oder sie die wenigste Ahnung hat. Am Berg ist BLABLABLA gefährlich.

Tourengeher und Bergführer Paul Sodamin

Auch die Osttiroler Berg- und Skiführerin Lisi Steurer betont die Wichtigkeit der guten Tourenplanung. „Auch Anfänger müssen beachten, dass nicht alles erlaubt ist. Mittlerweile gibt es quer durch Österreich viele verschiedene Bestimmungen.“ Ist die Route passend und legal? Darf man dort gehen und wann? Darf man neben der Piste aufsteigen? Braucht es ein Ticket? Wo darf man parken? Wie schaut es um die Haftungsfragen aus? 

Eine häufige Frage von Anfängern: Gibt es ungefährliche Skitouren? „Von der Lawinensituation her – ja“, meint Paul Sodamin. „Aber es ist nicht immer die Lawine, die für Gefahr sorgt. Auf einer Skitour kannst du dich verletzen, auf einen Stein fallen, im Nebel verirren, völlig erschöpft liegen bleiben, du kannst den falschen Leuten nachgehen.“ Der Lilienfelder Experte Markus Rosenauer warnt deshalb abschließend auch vor zu viel Ehrgeiz. „Die Pulsuhr und Stoppuhr sind völlig unwichtig, es geht doch um den Genuss. Da darf man sich auch von den Freunden und manchen ,Halbprofis‘ nicht verleiten lassen.“