Der neue Gatte meiner Exschwägerin hat das große Los gezogen! Er ist SUP-Unternehmer!

Egyd Gstättner
Egyd Gstättner


Als er seine schönen Standuppaddelboards der Reihe nach auf der Badewiese schlichtete und mich kommen sah, geriet ein Glanz in seine Augen und es gab kein Entkommen mehr: Ich musste auf eines seiner Paddelboards hinauf und auf den See hinaus! Ahoi! Es sei ja, wie mir meine Exschwägerin versicherte, auch gar nichts dabei. Der liebe Stand-up-Paddelanimateur rief mir, der ich auf dem Kunststoffbrett noch kniete und wackelte, von seinem eigenen Board aus als Erstes zu: „Du musst Oberkörper und Unterkörper trennen!“ Diese Anweisung stieß mich sofort in tiefste Verzweiflung, hatte ich doch Oberkörper und Unterkörper all die fünfzig Jahre meines Lebens lang nicht getrennt, gewissermaßen intuitiv der Losung folgend: Was Gott miteinander verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen. Dass ich an Gott an und für sich nicht glaube und Trennungen an der Tagesordnung stehen, tut dabei nichts zur Sache.

Vor lauter Höflichkeit versuchte ich, dem Lehrer meine Verzweiflung zu verbergen, da kam schon die nächste gut gemeinte Anweisung: „Sehnen, Muskeln und Knochen integrieren!“ Aha. Hätte er noch das Wort „Ganzheitlichkeit“ verwendet, ich hätte mich nicht gewundert. 

Total darauf konzentriert, wie ich einerseits Sehnen, Muskeln und Knochen vereinbare, andererseits Ober- und Unterkörper trenne, merke ich kaum, dass ich mich aus der Kniehaltung, in der man bekanntlich die meisten Fortschritte erzielt, in die Hocke und aus der Hocke in den aufrechten breitbeinigen Stand hochbalanciere. Na also!

„Das Paddel nur mit dem Oberkörper bedienen, nicht mit der Hand!“ Na, wenn’s weiter nichts ist! Und jetzt: „Genieße die Natur!“ Ich befolgte auch diese letzte Anweisung des Paddelanimateurs noch und fragte mich pantheistisch, ob ich die Strandvillen gleich mitgenießen soll. Eben noch auf den Knien, wandelte ich nun trockenen Fußes über den See. Ein messianisches Gefühl! Ein Jesus-Feeling! Göttlich! Gerade wollte ich zu einer Segnung ansetzen, als mein Board und ich darauf zu wackeln begannen, und ehe ich mich’s versah, war ich ins Wasser geplumpst! Wie gesagt: Eigentlich glaube ich ja nicht an Gott und Stand-up-Paddeln kommt vor dem Fall!

Egyd Gstättner
Egyd Gstättner

Der Klagen­furter ist freier Schriftsteller und Hobby­sportler.