Nadja Hennig (44) reist mit dem Rad von Wien zur Ironman-WM auf Hawaii. Dabei geht es ihr aber nicht um sie, sondern um die Zukunft des Planeten. Die Triathletin und Mutter ist Botschafterin des veganen Lebensstils und gibt mittlerweile in Florida TV-Interviews. SPORTaktiv hat sie auch erreicht.

Christoph Heigl
Christoph Heigl

Achtung: Das Projekt von Nadja Hennig wurde aufgrund der Corona-Krise abgebrochen!

Nadja, was war bislang die größte Herausforderung auf deiner Reise?
Am meisten zu schaffen macht mir persönlich immer die Kälte. Natürlich vermisse ich meine Kids, meine Familie, meine Freunde. Aber abgesehen davon hatte ich bisher noch nicht wirklich größere Schwierigkeiten. Alles ging am Ende immer irgendwie gut aus. 

Deine Mission: Du willst mit kleinstmöglichem ökologischen Fußabdruck von Wien nach Hawaii. Was sind deine Schwerpunkte? Die Reise selbst? Die Ernährung? Die Message?
Eigentlich ein bisschen von allem. Nachdem ich angefangen hatte, mich mit den Aspekten des Veganismus und dem Zustand unseres Planeten intensiver auseinanderzusetzten, hat es mir erst mal den Boden unter den Füssen weggezogen und es ist der Wunsch entstanden, darüber zu informieren. Meine Hoffnung war, dass ‚da draußen‘ viele sind, denen es geht, wie es mir über 40 Jahre lang gegangen ist: keine Zeit, kein wirkliches Interesse, proaktiv mehr darüber in Erfahrung zu bringen, keine Bereitschaft, die Fakten wirklich bewusst aufzunehmen. Und die aber dankbar sind, wenn sie bestimmte Informationen dann doch haben und ihr Handeln und ihre Entscheidungen bewusster in Einklang mit ihren inneren Werten bringen können. 

Zu welchem Schluss bist du gekommen?
Ich habe überlegt, wie mein Beitrag aussehen könnte. Was ich kann? Was mache ich gerne? Und nachdem ich sehr früh Kinder bekommen habe und so was wie lange Rucksackreisen nie unternommen habe, wollte ich Reisen, Triathlon, Inspiration und Information kombinieren. So ist die Idee zu Ride4Respect entstanden. Eine Reise mit dem Rad von Wien nach Hawaii zur Ironman-WM 2020, mit dem Versuch, sich unterwegs in Texas für Hawaii zu qualifizieren. Mein Projektbudget beträgt 20.000 Euro. Was am Ende vom Reisebudget übrig bleibt, wird für eines der Projekte und Organisationen gespendet, die ich unterwegs vorstelle. Natürlich kann auch jeder über die Website etwas spenden. 

Was definierst du als „Ziel“ dieser Reise? 
Mein Projekt endet mit der Weltmeisterschaft in Hawaii im Oktober. Schaffe ich die Quali nicht, feuere ich dort einfach an. Das Ziel dieser Reise ist aber, bei so vielen wie möglich Bewusstsein für die Aspekte des Veganismus und den Zustand unseres Planeten zu schaffen und dazu zu motivieren, selbst aktiv zu werden. Wir brauchen zwar einen Systemwandel, aber der kann nur Hand in Hand mit einem individuellen Wandel funktionieren und offenbar braucht es noch viel mehr Druck „von unten“, bevor die aktuellen Machthaber endlich aktiv werden und Maßnahmen ergreifen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels noch zu verhindern – oder zumindest so weit zu verlangsamen, dass wir noch eine Chance haben, bessere Vorkehrungen zu treffen und uns auf das vorzubereiten, was uns bevorsteht. 

Seit wann und weshalb baust du auf vegane Ernährung?
Ich bin selbst noch gar nicht so lange ve­gan unterwegs. Im März ist es ein Jahr. Ich habe im März 2019 im Trainingslager auf Lanzarote abends zwei Hörbücher angehört: „Ich bin dann mal vegan“ und „Anständig essen“. Das tagsüber beim Schwimmen, Radfahren und Laufen durch den Kopf gehen zu lassen und abends bewusst auf den Teller zu sehen, hat alles geändert. Als ich heimkam, eröffnete ich meinem Sohn: „Ab jetzt ist das ein veganer Haushalt!“ Natürlich habe ich mir auch Sorgen um meine sportliche Leistung gemacht. Völlig umsonst. Ich habe schnell rausgefunden, dass ich eine ehr viel geringere Regenerationszeit benötige und allgemein belastbarer bin. Und auch auf der Genussebene steht die vegane Küche einer omnivoren in nichts nach. Die vegane Küche ist unheimlich bunt, vielseitig und kreativ und es schmeckt einfach alles so viel besser, wenn man weiß, dass niemand dafür leiden musste und die Umwelt geschont wird. 

 Ich will möglichst viele erreichen, die von mir begeistert sind oder mich scheitern sehen wollen. Beides ist in Ordnung. 

Nadja Hennig, Mutter und Triathletin

Wird sich die Reise mit deinem Budget von nur 20.000 Euro ausgehen?
Wenn ich weiterhin so tolle Unterstützung auf meinem Weg erhalte und sich meine Ausgaben auf einem Niveau wie bisher bewegen, werde ich ca. 3000 Euro vom Reisebudget spenden können. Allerdings ist das Essen in Amerika sehr, sehr teuer. Meine Ausgaben können über meine Website unter „Rules“ transparent nachverfolgt werden. Ich unterscheide zwischen „notwendigen Ausgaben“, was quasi das Minimum umfasst, das ich brauche, um dieses Projekt erfolgreich abzuschließen, und „nicht notwendigen Ausgaben“. Für Letztere muss ich Schwimm- und Laufpunkte sammeln, die mir erlauben, mein Reisebudget für weniger Notwendiges anzugreifen. Einfach, damit es nicht so leicht ist, Geld für nicht Notwendiges auszugeben und ich mir Gedanken machen muss, welche Ausgaben mir das nun wirklich wert sind. 

Wie kannst du dich während der Reise seriös auf den Ironman Texas und die WM selbst vorbereiten?
Das Training ist unter diesen Umständen natürlich tricky. Aber ich habe genug Zeit eingeplant, um auch die Lauf- und Schwimmeinheiten unterzubringen. Über die Online-Trainingsplattform „PerfectPace“ sind mein Trainer Alexander Kolar vom Wiener Tri-Team Chaos und ich verbunden. Ich gebe ihm im Trainingskalender meine geplanten Radtage vor und er plant die anderen Einheiten drumherum. Ich zeichne meine Aktivitäten auf und er kann meine Entwicklung im Auge behalten. Nicht immer lassen sich alle Trainingsvorgaben 1:1 umsetzen, aber im Großen und Ganzen sind wir mit der Trainingsentwicklung bisher zufrieden. Kritisch wird sicher, dass meine Radeinheiten nicht wirklich schnelle Einheiten beinhalten. Aber mein Schwachpunkt ist eh eher das Laufen.

Radelst du tatsächlich mit deiner Triathlon-Rennmaschine? Wie schwer ist dein Gepäck?
Nein, natürlich nicht. Zum Glück hat mich mein Sponsor unicabikes.at hier gut beraten und ein ordentliches Gravel-Rad (Anm. geländetaugliches Rennrad mit breiten Reifen) zusammengestellt. Ohne Gravel-Bike wäre ich nicht mal aus Österreich rausgekommen. Meine Navigationsfähigkeiten sind – sagen wir – ausbaufähig. Und ich habe mich schon in den ersten Tagen auf Wege verirrt, wo andere wahrscheinlich nicht mal mit Mountainbikes fahren würden. Mein Gepäck transportiere ich in einem Anhänger. Alles zusammen wiegt ca. 35 kg. 

Welches Feedback und Echo bekommst du? Gibt’s auch Kritik an der Aktion?
Überwiegend positives Feedback. Aber natürlich gibt es auch Kritiker. Sie kritisieren meine Route über so viel Wasser bzw. Meer. Aber mir ist es wichtig, „den globalen Westen“ zu informieren, da er es ist, der unseren Planeten zerstört. Außerdem wollte ich eine zivilisierte und warme Route und brauchte einen passenden Ironman für die Quali. Auch für den Ironman als Kommerzbewerb wurde ich kritisiert, mit durchwegs gerechtfertigten Kritikpunkten. Mir ging es aber darum, eine Story zu haben, von der ich die Hoffnung hatte, dass sie möglichst viele dazu bewegt, mich auf meiner Reise zu begleiten. Weil sie begeistert sind und mitfiebern oder weil sie mich scheitern sehen wollen. Beides ist in Ordnung. Meine Hoffnung ist nur, dass ich den einen oder anderen Samen säen kann, der sie vielleicht zum Nachdenken in Bezug auf ihre Handlungen und Konsumentscheidungen bringt.

Nadja Hennig
Nadja Hennig

geboren am 16. Juli 1975, aus Rosenheim (D), lebt seit 2013 in Wien. Wirtschaftsstudium in der Ludwig-Maximilians-Universität in München, Mutter zweier Kinder (Jahrgang 1997 und 1998) und Triathletin. Jetzt mit Ride4Respect selbstständig, eine Reise mit dem Rad von Wien nach Hawaii zur Ironman-WM. Route: Wien, München, SUI, FRA, SPA, POR, Kanaren, Kuba, Anfang Februar aktuell in Florida (USA). Ironman Texas am 25. April.

Mehr Info: www.ride4respect.com