Im Ausdauersport wurde lange Zeit in erster Linie die Kohlenhydratversorgung in den Blick genommen. Dabei ist auch Protein von großer Bedeutung. Nicht nur, aber besonders auch in der Erholungsphase nach dem Sport.

Christof Domenig
Christof Domenig

Aus mehreren Gründen sollte die Bedeutung von Protein im Ausdauersport nicht gering geschätzt werden. Philipp Rauscher, Nutrition-Experte bei Powerbar, erklärt: „Einmal wegen des Immunsystems: Wenn ich mir zu wenig Protein zu führe, kommt es früher oder später zu Immunproblemen. Und gerade im Ausdauersport ist das Thema Immunabwehr von großer Bedeutung – insbesondere dann, wenn die Umfänge höher werden.“ Punkt zwei: „Parallel geht es darum, dass man Gewebsschäden reparieren muss. Was zum Beispiel stark beim Laufen vorkommt, aber auch wenn ich mit dem Fahrrad in höheren Wattbereichen fahre.“ Drittens: „Während des Ausdauertrainings werden auch Proteine mitverbrannt: Nicht sonderlich viel, aber es können bei intensiven Belastungen durchaus 7 bis 15 Gramm pro Stunde sein. Da kommt auf Dauer einiges zusammen.“

Gute Gründe also, nach harten Sporteinheiten über seine Proteinversorgung nachzudenken. Oberste Priorität hat zunächst jedoch, die Gesamtproteinzufuhr über den Tag im Blick zu haben, betont Rauscher, „wenn ich diese Gesamtzufuhr nicht hinbekomme, ist alles andere nicht mehr ganz so effektiv.“ Zwischen 1,2 und 1,6 g Protein pro kg Körpergewicht sollte man mit einem sportlichen Lebensstil pro Tag zu sich nehmen. Dabei gilt: „Je höher der Stresslevel, das Trainingspensum und die -intensität, desto eher sollten wir uns im Bereich von 1,6 g bewegen.“ Mit fortschreitendem Lebensalter lässt die Proteinsynthese des Körpers übrigens nach – gleichzeitig neige man im Alter dazu, eher weniger Protein zu sich zu nehmen: Zwei Gründe, warum man auch mit zunehmendem Alter, ab dem 40., spätestens 50. Lebensjahr, vermehrt auf Protein achten sollte.

Speziell zum Thema Recovery, also der Proteinversorgung unmittelbar nach einer Sporteinheit: Hier gut versorgt zu sein, habe den Vorteil, „dass die Reparatur- und Aufbauprozesse in der Muskulatur besser und schneller vonstattengehen, als wenn wir erst ein gewisses Zeitfenster verstreichen lassen. Und dass, in Kombination mit Kohlenhydraten, auch das Wiederbefüllen der Kohlenhydratspeicher besonders schnell und effizient funktioniert“, sagt Rauscher. Daher bestehen Recovery-­Produkte für eine schnelle Erholung nach dem Sport auch aus einem stimmigen Gemisch aus schnell verfügbarem Protein sowie Kohlenhydraten. Etwa 1 Gramm Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht in Kombination mit 20 g Protein könnten als grober Richtwert herangezogen werden, so der Powerbar-Experte.

Optimales Zeitfenster: 30 Minuten
Reinhard Möseneder, Geschäftsführer von Peeroton, verweist beim Thema „Protein im Ausdauersport“ darauf, dass Spitzenathleten wie Christoph Strasser, wenn möglich, sogar schon vor und während der Belastung mit geeigneter, muskelunterstützender Versorgung beginnen, um die unmittelbare Regenerationsphase danach zu unterstützen. „Innerhalb von 30 Minuten nach Beendigung der Sporteinheit ist eine Zufuhr von 0,8 g Kohlenhydraten pro kg Körpergewicht sowie 0,2 bis 0,4 g Protein pro kg Körpergewicht zu empfehlen, das sagt uns unsere langjährige Erfahrung mit Spitzen­athleten“, so der Tipp. 

Die optimale Muskelversorgung beschleunigt nicht nur die Regeneration, sondern beugt auch Muskelverletzungen vor, erklärt der Peeroton-Experte. „Bei unzureichender Nährstoffversorgung könnte der Körper dazu neigen, Aminosäuren aus den Muskeln zu ziehen, um den Energiebedarf zu decken. Das könnte zu Muskelabbau führen, anstatt Muskelmasse aufzubauen oder zu erhalten.“ In der Regeneration gehe es hauptsächlich um die Reduktion von mikrofeinen Muskeleinrissen, sowie das schnelle Auffüllen der Glykogenspeicher. „Hochwertige Proteine, wie z. B. im Recovery Shake, sind dabei entscheidend für die Reparatur und den Aufbau von Muskelgewebe“, betont Möseneder. Wichtig bei Protein sei aber auch die Dosierung – zuviel davon belaste die Leber, so der Hinweis des Peeroton-Experten.

Ein Blick auf die Zutatenliste
Für den schnellen Einsatz unmittelbar nach dem Sport halten die Sportnahrungshersteller eigene Produkte – in der Regel als Recovery-Produkte bezeichnet – bereit. Nicht nach jeder Sporteinheit ist ein solcher Shake nötig, sagt Rauscher: „Habe ich eine sehr lange Einheit über mehrere Stunden gemacht oder wirklich intensiv trainiert – etwa VO2max-Intervalle oder mit hohem Krafteinsatz: Dann würde ich zu einem Recovery-Shake greifen. Nicht jedoch nach einem lockeren, normalen Lauf.“

Abgesehen vom Kohlenhydrat-­Protein-Verhältnis zeichne ein hochwertiges Recovery-Produkt aus dem Sportnahrungsregal etwa schnelle und leichte Verdaulichkeit aus. „Goldstandard“ bei Protein, was diese Eigenschaft betrifft, ist für Powerbar-Experte Rauscher Molkeneiweiß, das sogenannte Whey-Protein. Die Kohlenhydrate sollten maßgeblich aus einem Glukose-Polymer kommen – „Glukose selber oder auch Maltodextrin;“ dazu sei ein kleiner Anteil Fruktose ideal. Mineralstoffe? Natrium ist empfehlenswert, weil Elekrolyte über den Schweiß verloren gehen, Magnesium kann die Regeneration ebenso unterstützen, müsse aber nicht unmittelbar zugeführt werden. Aber diese Gedanken über die genaue Zusammensetzung der Produkte muss man sich als Konsument eigentlich nicht machen, das erledigen die Hersteller hochwertiger Produkte. „Beim Thema Recovery gibt es die 4R-Regel: Rehydrate, refuel, repair and rest. Die ersten drei Punkte sollten von einem guten Recovery-Shake abgedeckt sein“, resümiert Philipp Rauscher.

„Lokale pflanzliche Proteine“
Beim Thema Protein-Sportnahrung könne man sich heute auch Gedanken über die Umweltfreundlichkeit machen, darauf weist Peerotons Reinhard Möseneder abschließend hin: „Unser veganes Bio-Protein aus Kürbiskern-, Leinsamen- und Sonnenblumenkernpulver stammt zu 100 % aus Österreich. Dabei verwenden wir ausschließlich Zutaten aus kontrolliert biologischem Anbau und es wird CO2-neutral hergestellt. Pflanzliche Proteine enthalten weniger gesättigte Fettsäuren und haben mehr Vitamine und Mineralien.“