Sonja Burger

Outdoor-Fitness ist ­extrem vielfältig – und liegt noch dazu voll im Trend. Wer auf Abwechslung, Spaß und Effizienz steht, findet in der Stadt wie am Land an vielen Orten österreichweit Gleichgesinnte, die gerne das Fitnessstudio ­gegen Training im Freien tauschen.


Trizeps-Übung auf Betoneinfassungen mit Blick auf das Kaiserin-Elisabeth-Denkmal. Crunches auf einer Grünfläche am Heldenplatz. Und Hampelmänner beim Denkmal der Exekutive: Man weiß nie, wo und was einen als nächstes erwartet. Das hält die Spannung aufrecht, und ohne Trainer käme man sowieso nicht auf die Idee, das Theraband bei den Zaunelementen aus Gusseisen einzuhängen und so etwas für die Armmuskulatur zu tun.

Die vielen coolen, überraschenden Trainingsimpulse beim „Vienna City Bootcamp" lassen sich mitten in der Stadt, wie im Volksgarten in Wien, durchführen. Schließlich lässt es sich hier nicht nur wunderbar flanieren und in der Sonne liegen. Man kann auch etwas für Ausdauer und Muskelaufbau tun. „Boot Camp" ist aber nur eine von vielen Möglichkeiten, um im Freien ganz ohne Hantel und Co. den Körper zu kräftigen. Was nach Drill klingt, stellt sich beim Selbstversuch mit dem „Beginner Boot Camp" von „Vienna City Bootcamp" als motivierendes und lustiges Gruppenerlebnis heraus – schweißtreibend ist es sowieso. Der Trainer und Gründer Billy Franzke ist Sportwissenschafter und weiß genau, was er seiner Gruppe, je nach gewähltem Level, zumuten kann. Seine gute Laune ist ansteckend und durch die Gruppendynamik vergehen die 60 Minuten wie im Flug.

ALLES KANN FITNESSGERÄT SEIN
Trainer wie er, die die jeweilige Umgebung für das Outdoor-Fitness­training nutzen, schätzen die Gestaltungsmöglichkeiten und den Variantenreichtum beim Outdoor-Training. Mit einer gehörigen Portion Kreativität entsteht jedesmal aufs Neue eine abwechslungsreiche Trainingseinheit. Denn: Jede Parkbank, jede Bordsteinkante und jeder Baum lässt sich zum Fitnessgerät umfunktionieren. Statt auf der Bankdrückmaschine im Fitnesscenter, kann man den Trizeps schließlich auch auf einer Parkbank kräftigen.

„Boot Camps" gibt es nicht nur in Wien, sondern auch in anderen heimischen Städten und es ist längst nicht der einzige Outdoor-Fitness­trend. „Street Work-­out", „Functional Strength", „Calisthenics", „Obstacle Fit", „Freelethics" bis hin zu „Outdoor Yoga" – das sind nur einige Angebote, die aktuell kursieren.

Was jene, die diese Fitnesstrainings im Freien betreiben bzw. anbieten, verbindet, ist zweierlei: Einerseits der Wunsch, an der frischen Luft zu trainieren und andererseits die Vorteile des Trainings in der Gruppe, meist mit Trainer zu nutzen. In puncto Umgebung sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Alles – zum Beispiel Waldlichtungen, Parks, Spielplätze, betonierte Flächen oder spezielle Outdoor-Fitness-Parks – kann zum Frischluft-Fitnesscenter umgewandelt werden.

VORTEIL GRUPPENTRAINING
Draußen wie drinnen ist jedoch die richtige Übungsausführung wichtig, um Schäden vorzubeugen und langfristig Erfolge zu erzielen. Manch einer denkt vielleicht: „Das kann ich auch alleine, ohne Trainer und Gruppe. Dafür lade ich mir einfach eine Trainings-App herunter." Was in der Theorie einfach klingt, eignet sich in der Praxis nur bedingt und setzt vor allem Vorwissen sowie Trainingsroutine voraus. In Outdoor-Fitnessparks kann theoretisch ebenfalls jeder auch auf eigene Faust loslegen. „Viele sind aber damit schlicht überfordert. Die Stangen hängen oft weit oben und erlauben nur Klimmzüge. Keiner sagt einem, was, wie lange oder wie viele Wiederholungen man machen soll. Dann ist man schnell frustriert, wenn der Typ daneben einen Salto schlägt und 15 Klimmzüge macht", erklärt Fitnesstrainerin Ines Latzko von der „Sweat Zone Weinviertel".

Gemeinsam mit Martina Wegschaider bietet sie Outdoor-Fitness in mehreren Gemeinden im niederösterreichischen Weinviertel an. Ihrer Erfahrung nach trainieren Männer eher alleine oder zu zweit, während Frauen für Gruppentrainings offener sind. Das bestätigt auch Billy Franzke, dessen Boot Camp zu zwei Dritteln aus Frauen besteht.

Mit Gleichgesinnten in der Gruppe zu trainieren entwickelt jedenfalls eine Dynamik, die durch nichts ersetzbar ist. Spaß ist ein wichtiger Faktor, ebenso, wie der Wunsch, mitzuhalten, und der prüfende und geschulte Blick eines Trainers. Eine App ist standardisiert und erkennt weder Schmerz, noch eine falsche Durchführung oder ein Motivationstief. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Outdoor-Training in der Gruppe einfach mehr Spaß macht. Zusätzlich geht man stärker an seine Grenzen. Diese Kombi aus Spaß und Effektivität schafft Ergebnisse und man bleibt länger dabei", fasst Franzke zusammen.
 

KREATIVITÄT IST DAS A UND O
Je weniger spezifisch Outdoor-„Fitnessgeräte" offenbar sind, desto mehr Möglichkeiten bieten sie. Deshalb funktioniert die „Sweat Zone Weinviertel" beispielsweise gerne Spielplätze um. „Die Geräte sind nicht so hoch oben wie in Fitness­parks und man kann mit Elementen wie Schaukeln Gleichgewichtsübungen spielerisch einbauen. Man muss eben kreativ sein. Einer unserer Teilnehmer meinte, dass er nun immer, wenn er an einem Spielplatz vorbei fährt, zu schwitzen anfängt", schmunzeln Latzko und Wegschaider. Der Vorteil: Spielplätze gibt es (fast) überall, selbst in Mini-Gemeinden. Extra-Kosten entstehen keine. Randbemerkung: Rücksichtnahme ist dabei selbstverständlich – wollen Kinder zeitgleich spielen, haben diese natürlich Vorrang ...

Mit noch weniger Equipment kommt Florian Karasek aus Obertrum (Salzburg) aus. Der Fitnesstrainer begann mit Outdoor-Fitness schon 2004, ging mit dem Konzept später in die Breite und hat mit seinem Team von „frischluft outdoor fitness world" inzwischen rund 8.500 Kurse gehalten. Seiner Philosophie, nur das zu nutzen, was die Natur bietet, blieb er stets treu. Auf umgefallenen, vermoosten Baumstämmen wird der Trizeps trainiert, Steine werden zu Hanteln und Liegestütze lassen sich auch im Bach, gestützt auf einen Felsen, durchführen.

Gerade in diesem sehr naturnahen Umfeld ist Kreativität unverzichtbar. Und auch hier läuft es letztlich wieder darauf hinaus, auf professionelle Unterstützung zu bauen: Ohne Trainer wissen die wenigsten, wie und womit man Kraft und Kraftausdauer sinnvoll trainiert. „Unsere Trainer bereiten sich auf jeden Kurs vor und wissen, wo sie was finden. Jeder muss seine Spots gut kennen und auch wissen, wo er sich bewegen darf. Wir lassen die Trainierenden jedenfalls nicht mit Stahlhanteln durch die Natur laufen", erzählt Karasek.

WER SUCHET, DER FINDET
Wem das zu viel Natur ist, der kann den Outdoor-Fitnessparks treu bleiben. Dass sich immer mehr Outdoor-Begeisterte im burgenländischen Bezirk Neusiedl am See in Work-out-Parks austoben können, hängt auch mit dem Engagement von Trainer Bernhard Beidl zusammen: „Solche Parks bedeuten keine großen Unkosten und bieten Sicherheit, im Sinne von Fallschutz. Auf Bäume zu klettern war vielleicht in meiner Kindheit sehr cool, die junge Generation braucht oft etwas ‚Stylishes'. Unsere wichtigste Zielgruppe ist auch die Jugend und im Sommer bieten wir stets Workshops und Wettkämpfe an."

In welchem Ambiente sich der Einzelne letztlich wohlfühlt, bleibt schlicht Geschmackssache. Das Angebot ist vielseitig, erschwinglich und existiert in der Stadt genauso wie am Land. Und, wo es noch nichts gibt, kann bei genug Interesse ja etwas Neues entstehen – da ist Initiative gefragt. Wen in den Fitnessstudiowänden nur wenig hält, für den zahlt es sich jedenfalls aus, sich umzuhören, zu recherchieren und am besten gleich aktiv zu werden!

So findest du deine Fitness-Community ...

Im Internet und über social media wird man am schnellsten fündig, wenn man Anschluss an eine Outdoor-Fitnessgruppe sucht. Bei Plattformen wie „Meetup" und „Groops" trifft man auf Gleichgesinnte und kann sich einer Gruppe anschließen – oder auch eine initiieren. Unter dem Stichwort „Outdoor Yoga" findet man etwa Übersichtsseiten, in welchen Parks wann trainiert wird.

Zur Kostenfrage: Reguläres Training mit Profitrainer ab zehn Euro, Schnupperstunden um fünf bis zehn Euro pro Stunde.