Reicht Wasser oder ist doch ein Sportgetränk besser? Diese Frage stellen sich gerade im Sommer viele Freizeitsportler. Antwort: Je intensiver das Training, je heißer die Umgebung, je größer der Schweißverlust – desto eher schlägt die Stunde der Sportgetränke. Warum das so ist, kann Isabella Grabner-Wollek von der „Österreichischen Gesellschaft für Sporternährung" genau erklären.

Von Isabella Grabner-Wollek / ÖGSE


Rechtzeitiges Trinken ist für sportliche Leistungsfähigkeit das oberste Kriterium. Aber auch die Frage nach dem „Was" ist überaus wichtig. Dass Wasser ein optimales Getränk ist, trifft schon im Training nur bedingt zu. Konkret: Bei Belastungen bis zu einer Stunde ist Wasser tatsächlich ausreichend; bei einer Trainingsdauer von über einer Stunde empfiehlt es sich bereits, dass sowohl Freizeit- als auch Leistungssportler zu einem speziellen Sportgetränk greifen. Das gilt umso mehr, wenn es um Wettkampfbelastungen geht.

Ganz allgemein gesprochen, bieten Sportgetränke die beste Möglichkeit, Athleten mit Flüssigkeit, Energie und Elektrolyten zu versorgen. Diese Getränke werden in verschiedenen Zusammensetzungen angeboten und können den eigenen Bedürfnissen entsprechend gewählt werden. Wichtigster Energielieferant sind bekanntlich Kohlenhydrate – deren Vorteil in flüssiger Form liegt im Allgemeinen darin, dass sie schneller aufgenommen werden können als jene in fester Form (z. B. Riegel, Banane,..). Neben Kohlenhydratgetränken gibt es auch solche, die zusätzlich Proteine enthalten, was zusätzlich die Regeneration unterstützt.

Gleich ein Tipp, der generell gilt: Bevor ein Sportgetränk im Wettkampf zum Einsatz kommt, sollte es im Training mehrmals auf die individuelle Verträglichkeit getestet werden. Denn nicht jeder Sportler verträgt jedes Getränk.

AUFTANKEN SCHON VORM SPORT
Sowohl vor, während, als auch nach dem Training können Sportgetränke sinnvoll eingesetzt werden. Speziell bei Sportarten wie Laufen, bei denen der Magen-Darm-Trakt Erschütterungen ausgesetzt ist, empfiehlt es sich, bereits zwei Stunden vor dem Start mit dem Trinken zu beginnen (500-1000 ml). Um das Ausmaß der Dehydratation zu verringern, sollten dann unmittelbar vor der Belastung (5-10 Minuten) noch einmal 150-200 ml getrunken werden. Radfahrer können dagegen auch knapper vor der Belastung (20-40 Minuten vorher) größere Mengen trinken (etwa 400-600 ml).

RASCHER TRANSPORT ZUM MUSKEL
Entscheidend für ein gutes Sportgetränk ist zunächst ein möglichst rascher Transport der Flüssigkeit in die Muskelzelle. Wichtig ist dabei, dass das Getränk die richtige Teilchenkonzentration (Osmolarität) hat, die durch den Gehalt an Elektrolyten und Kohlenhydraten beeinflusst wird. Getränke, die die Magenentleerung verzögern oder durch ihre hohe Osmolarität eine verlangsamte Flüssigkeitsaufnahme verursachen, können für Sportler einen wesentlichen Nachteil darstellen. Zur Erklärung: Hat ein Getränk die gleiche Teilchenkonzentration wie unser Blut, ist es isotonisch. In diesem Fall ist die Osmolarität mit 280-300 mosmol/l gleich der des Blutes, weshalb sich diese Getränke gut für den schnellen Flüssigkeitsersatz eignen. Hypotonische Getränke haben einen geringeren osmotischen Druck als das Blutplasma, die Flüssigkeitsaufnahme erfolgt daher sehr rasch.

Hypertonische Getränke dagegen (darunter fallen zum Beispiel Limonaden, 100-prozentige Fruchtsäfte, zu gering verdünnte Sportgetränke oder Energy Drinks) haben einen höheren osmotischen Druck als das Blut. Sie entziehen dem Körper somit Wasser, was zu Bauchschmerzen und Durchfall führen kann, weshalb sie während der Belastung nicht geeignet sind.

TREIBSTOFF KOHLENHYDRATE
Ein wichtiger Schritt zum Finden des individuell optimalen Sportgetränks ist das Studium der Zutatenliste. Werfen wir zuerst einen Blick auf die Kohlenhydrate: Je nach Zielsetzung und Intensität des Trainings sollten bei einer Belastung von einer bis zweieinhalb Stunden 30-60 g Kohlenhydrate pro Liter enthalten sein, wobei die Kohlenhydratart bei dieser Belastungsdauer noch eine untergeordnete Rolle spielt. Vorsicht ist lediglich bei einer größeren Menge Fruktose geboten, da diese bei mehr als 35 g/Liter zu Verdauungsproblemen führen kann.

Ab einer Belastungsdauer von mehr als 2,5 Stunden empfiehlt sich eine Konzentration von 60-90 g/l. Außerdem sollte in dem Getränk zusätzlich Fruktose enthalten sein, da für den Transport von Fruktose vom Darm ins Blut ein anderer Transporter zur Verfügung steht und somit insgesamt mehr Energie aufgenommen werden kann. Dies kann bei längeren Einheiten durchaus von Vorteil sein. Achtung: Diese Empfehlung gilt freilich nicht, wenn Sportler an einer Fruktose-Unverträglichkeit leiden. In jedem Fall empfiehlt sich ein Blick aufs Etikett: In der Zutatenliste lassen sich nicht nur die Menge, sondern auch die Kohlenhydratarten, die im jeweiligen Sportgetränk enthalten sind, erkennen.


WEITERE WICHTIGE INHALTSSTOFFE
Neben Kohlenhydraten spielen auch Mikronährstoffe wie Natrium, Kalium oder Magnesium eine wichtige Rolle bei Sportgetränken:

  • Natrium dient dazu, dass zugeführtes Wasser im Körper gebunden und nicht sofort wieder ausgeschieden wird. Dies hat während des Sports den zusätzlichem Vorteil, dass man durch eine größere Natriummenge Harndrang entgegenwirken kann. Da Natrium die Flüssigkeits- und Kohlenhydrataufnahme im Darm beschleunigt, sind Wasser und natriumarme Getränke mit einem Gehalt von weniger als 200 mg/l nicht für den Sport geeignet. Die optimale Konzentration liegt bei 230-1380 mg/l. Ist ein Athlet ein sogenannter „salty sweater", weist er also erhöhte Salzverluste auf, sollte sogar ein Getränk gewählt werden, dessen Natriumgehalt im oberen Bereich liegt, da es bei einem Mangel an Natrium zu Muskelkrämpfen oder im Extremfall sogar zu einer Wasservergiftung kommen kann.
  • Kalium ist am Flüssigkeitshaushalt, an energetischen Prozessen innerhalb des Muskels, am Transport von Glukose in die Muskelzelle und an der Glykogenspeicherung beteiligt. Der Kaliumgehalt eines Sportgetränks sollte jedoch unter 225 mg/l betragen, da während der Belastung das gebundene Kalium aus der Muskulatur freigesetzt wird.
  • Bei Magnesium ist darauf zu achten, dass diese während der Belastung nicht über 100 mg/l liegt, da es sonst zu Verdauungsproblemen (Durchfall, Magenkrämpfe, ...) kommen kann.
  • Koffein ist ebenfalls ein durchaus üblicher Zusatz in Sportgetränken, der gezielt im Wettkampf eingesetzt werden kann. Da es stimulierend auf das Zentralnervensystem wirkt, kann es die Leistung positiv beeinflussen. Außerdem kann Koffein zu einer verminderten Schmerzwahrnehmung und einer Verbesserung der Aufmerksamkeit führen. Die empfohlene Koffein-Zufuhrmenge liegt während der Belastung bei 0,75-3 mg/kg Körpergewicht. Eine zu hohe Zufuhr kann allerdings für Sportler auch nachteilige Wirkungen, wie Nervosität, Zittern, Schweißausbrüche oder erhöhte Reizbarkeit des Nervensystems, haben. Es gilt daher: Bevor es im Wettkampf zum Einsatz kommt, sollte es unbedingt mehrmals im Training getestet werden.
  • Aminosäuren sind erst ab einer Trainings- oder Wettkampfdauer von mehr als vier Stunden relevant und sollten während der Belastung mit dem Sportgetränk zugeführt werden.


WAS SONST NOCH WICHTIG IST
Nochmals der Hinweis: Da handelsübliche Sportgetränke eben unterschiedliche Zusammensetzungen aufweisen, sollte man sich vergewissern, ob das Getränk den persönlichen Anforderungen entspricht. Dies gilt sowohl für Fertiggetränke als auch für Getränke in Pulverform zum Anmischen.

Neben dem Kauf von Getränken bietet sich auch die Möglichkeit, selbst sein individuelles Sportgetränk herzustellen. Um eine optimale Zusammensetzung zu erzielen, sollte dabei vor allem auf den Kohlenhydrat- und Natriumanteil geachtet werden. So eignen sich z. B. Mischungen aus Tee, Honig und Kochsalz oder Fruchtmolke in Verbindung mit Leitungswasser und etwa 1,2 g Salz bestens als „hausgemachte" Sportgetränke. Ein weiteres Kriterium, auf das nicht vergessen werden sollte, ist der Geschmack. Denn schmeckt das Getränk nicht, besteht die Gefahr, dass man zu wenig Flüssigkeit zu sich nimmt, oder man das Getränk zu stark verdünnt, wodurch die Kohlenhydratkonzentration nicht mehr im optimalen Bereich liegen könnte. Je nach Bedarf und Zielsetzung (etwa Gewichtsreduktion) spielt letztlich auch der Kaloriengehalt bei der Auswahl eine entscheidende Rolle. Vor allem bei lockerem Training mit kurzer Belastungsdauer kann deshalb auf kalorienarme Varianten zurückgegriffen werden.

Aber für welches Getränk man sich auch entscheidet: Wichtig ist, dass der Sportler genügend Flüssigkeit zu sich nimmt – erst recht im Sommer und bei hohen Umgebungstemperaturen. Übrigens: In jüngster Zeit werden vermehrt auch kalte Getränke (Ice Slushes) empfohlen, da in Studien gezeigt werden konnte, dass so bei Hitze die Körperkerntemperatur gesenkt werden kann.

EINFLUSS AUF DIE LEISTUNG
Kurz zusammengefasst: Sportler können durch die Auswahl des richtigen Sportgetränkes nicht nur für die notwendige Flüssigkeitszufuhr sorgen, sondern auch ihre Leistungsfähigkeit positiv beeinflussen. Es lohnt sich also durchaus, sich einmal intensiv mit der Auswahl des indiviudell passenden Getränks zu beschäftigen!

Mag. Isabella Grabner-Wollek - Ernährungswissenschafterin / Bild: KK
DIE EXPERTIN
MAG. ISABELLA GRABNER-WOLLEK ist Ernährungswissenschafterin am Institut für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung (IMSB) in Maria Enzersdorf (NÖ), lehrt u. a. an der Donauuniversität Krems, FH Wiener Neustadt und Joanneum Graz und an der Bundessportakademie Wien.

KONTAKT: www.imsb.at, www.oegse.at

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Die „Österr. Gesellschaft für Sporternährung" hat es sich zum Ziel gesetzt, wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Forschung weiterzugeben. Zielgruppen sind Ernährungs- und Sportexperten genauso wie Leistungs- und Hobbysportler. Der Wissenstransfer erfolgt über diverse Aus- und Weiterbildungen, aber auch über Medien wie SPORTaktiv.

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