Im Internet sind Trainingsläufe von dir und dem norwegischen Athleten Aksel Lund Svindal auf der gleichen Strecke zu sehen. Die sind beinahe identisch. Hast du so viel Power, dass du mit den Männern mithalten kannst?

Ich habe das Training mit den Jungs genossen. Es ist super zu sehen, wie schnell sie sind. Ich versuche einfach, mich mit ihnen zu messen und mich dabei selbst zu verbessern. Ich weiß nicht, ob ich mit den Männern mithalten kann, aber ich hab’s auf jeden Fall versucht. Schließlich fährst du in den Speed-Disziplinen auch auf dem gleichen Material … Vor zwei Jahren habe ich die Männerski einfach mal ausprobiert und mich sofort wohl darauf gefühlt. Die haben einfach mehr Power, und wenn du in der Lage bist, diese Kraft zu kontrollieren, dann bist du schneller unterwegs.

Warum kannst du als einzige Frau im Weltcup den schwereren­ und aggressiveren Männerski fahren?

Das muss wohl an meiner Technik liegen. Außerdem arbeite ich wirklich sehr viel an meiner Physis. Den Sommer über verbringe ich viele Stunden im Kraftraum. Ich habe zwei Trainer, die nur dafür verantwortlich sind, mich kontinuierlich stärker zu machen. Und das mag dazu führen, dass ich in der Lage bin, diese Ski zu kontrollieren.

Ich habe ein Bild gesehen, auf dem du in der Abfahrtshocke auf zwei Gummiseilen balancierst. Ist das auch ein Geheimnis deines Erfolges – neue Methoden ins Training zu integrieren?

Ich bin ständig auf der Suche nach neuen Wegen, um noch stärker zu werden, um meine Balance und meine Koordination zu verbessern. Dabei möchte ich von anderen Sportlern lernen. Deshalb trainiere ich im Sommer auch mit Sprintern aus der Leichtathletik. In San Diego gehe ich auf die Tartanbahn und versuche dort, meine Schnellkraft und meine Explosivität zu optimieren.

Vergangenes Jahr bist du die 400 Meter in 52 Sekunden gelaufen. Die Zeit hätte im Jahr 1968 für die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen gereicht …

Na ja, das war handgestoppt und vielleicht ging auch die Uhr nicht richtig. Aber ich war schon recht schnell unterwegs. Mir macht es einfach Spaß, alles zu geben, egal ob beim Skifahren oder in einer anderen Sportart.

Dann liebst du es wahrscheinlich auch, vollkommen ausgepowert zu sein.

Und wie! Das ist das Schöne daran, wenn man hart trainiert. Du kommst nach einem langen Tag nach Hause, bist total erschöpft und kannst einfach nichts mehr machen, als auf die Couch oder ins Bett zu fallen und wundervoll tief zu schlafen.

Träumst du dann von Erfolgen im Winter? Oder ist die Saison in den Sommermonaten viel zu weit weg, um daran zu denken?

Überhaupt nicht. Wenn ich stundenlang auf dem Rad sitze und vor mich hin trete, stelle ich mir vor, dass ich im Winter in Topform sein werde. Das ist meine Motivation. Gleichzeitig gibt mir das Wissen, hart gearbeitet zu haben, eine Menge Selbstvertrauen. Und um schnell Ski zu fahren, brauche ich absolutes Vertrauen in meine Leistungsfähigkeit.

Schließlich rast du im Winter mit bis zu 135 km/h über die Weltcuppisten. Es heißt, dir würde das Spaß machen …

Ja, ich liebe es! Und ich liebe es, dabei an die Grenzen zu gehen. Du brauchst die Fähigkeit, dich bis ans Limit und noch darüber hinaus zu pushen. Auf Skiern ist das eine Extremsituation. Es gibt nur noch dich und den Berg. Niemand bremst dich – außer du selbst. Das ist wahnsinnig aufregend. Du bist auf Adrenalin und es geht nur noch darum, die Geschwindigkeit mit deiner eigenen Power zu kontrollieren. Das ist eindeutig der schönste Teil meines Jobs.