In welcher Reihenfolge machst du deine Schnallen zu? Und hast du die Skischuhe im Kofferraum oder in der Dachbox? Egal, beides falsch. Unsere Expertentipps zum Skischuh, dem zentralen Element zum Steuern deiner Bretter.
 

Christoph Heigl
Christoph Heigl

Fragen über Fragen. In welcher Reihenfolge schließt man tatsächlich die Schnallen richtig? Das fragen wir Günter Messner, gern gefragter Experte in allen Skibelangen und Filialleiter von Gigasport Villach. Er überrascht schon mit der ersten Antwort. „Kommt darauf an.“ Während Rennfahrer mit der dritten Schnalle (von unten) beginnen und damit den Fuß in den Schuh drücken, gilt für normalsterbliche Skifahrer die Faustregel 1-2-3-4, oder mit anderen Worten: von unten nach oben. „Der größte Fehler ist, mit der vierten, der obersten Schnalle zu beginnen. Da wird der Fuß nie richtig im Schuh sitzen.“ Immer erst zum Schluss sollte übrigens das Manschettenband mit Klettverschluss zugezogen werden, das quasi wie eine fünfte Schnalle den oberen Schuhrand fixiert. Grundsätzlich gilt: „Der Fuß sollte schon im offenen Schuh gut, eng und präzise sitzen. Dann muss man die Schnallen nicht extrem zuknallen.“ Denn das wäre erstens schon ein Zeichen dafür, dass der Schuh grundsätzlich nicht gut passt und zweitens ein Indikator dafür, dass er auch nicht gut funktionieren wird. Denn ein zu hart zugeknallter Schuh schränkt die nötigen Bewegungsfreiheit ein. Ein perfekt sitzender Schuh erhöht nicht nur Fahrqualität und Fahrspaß, sondern mindert auch die Verletzungsgefahr bzw. -schwere, weil sich der Fuß bei einem Sturz nicht noch zusätzlich verdrehen kann. 

Und damit tauchen wir ein in die große Welt der Skischuhberatung, die wir hier nur ansatzweise schildern können. Am besten nimmst du deinen Fuß bzw. beide und machst das selbst beim Fachhändler durch. Nach der exakten Vermessung und Bestimmung von Größe und Breite bzw. Analyse von Risthöhe, Fersenmaß und Fesselmaß geht es an die Auswahl des Schuhs. „Damen sollten bei der Auswahl immer mit Damenmodellen beginnen“, empfiehlt Messner. Die sind auf das in der Regel niedrigere Gewicht und auf weniger Druck optimiert „Sportlichere, große Frauen können natürlich zu Unisex- oder Herrenschuhen greifen.“ Für Damen wie Herren hat Messner einen praktischen Tipp parat: „Den Skischuh von unten anschauen. Über die Sohlenform und die Ausbuchtung der Schale erkennt man von unten oft besser, welche Form der Schuh hat und für welche Fußform er geeignet ist.“ Messner empfiehlt grundsätzlich, Schuhe mit vier Schnallen zu kaufen. „Gute Dreischnaller sind gerade noch okay, aber mit Zweischnallern ist sportliches Fahren nicht mehr möglich.“ Der simple Heckeinsteiger hat auch noch seine Anhänger und steht sogar vor einem Comeback, steht aber mehr für Komfort als Skivergnügen.

GESCHNALLT? DIE STEUER-ERKLÄRUNG

Druck, aber keine Schmerzen
Wie schon erwähnt sollen Schuhe eng und präzise sitzen, die richtige Breite haben („Leisten“, von 92 bis 104 mm) und die passende Steifigkeit („Flexindex“, ab 50 für Anfänger, 80 bis 120 für Könner und Fortgeschrittene, 130 bis 170 für Rennfahrer). „Je exakter und präziser der Schuh sitzt, umso besser kann ich den Ski steuern, auf jedem Schnee, auf jeder Piste, auch im Gelände“, so Messner. Bei der Skischuhgröße sollte man sich genau an der Größe der Straßenschuhe orientieren. Beim Thema Druckstellen und Schmerzen verweist der Gigasport-Experte darauf, dass Schmerzempfinden „sehr, sehr unterschiedlich“ sein kann, ein Druckgefühl aber kaum zu vermeiden ist. „Natürlich sollen Skischuhe keine wilden Schmerzen verursachen. Aber sportliche Fahrer, die den ganzen Tag auf der Piste sind und am Abend noch Tanzen gehen können, hatten wohl nicht den perfekten Schuh an.“ Im Idealfall finde man ihn aber zwischen den beiden Polen „Festhaltezange“ (Rennbereich) und „Gummistiefel“ (zu viel Komfort). Die Skischuhe der Branchengrößen wie Lange, Nordica, Tecnica, Atomic, Fischer, Dalbello und Co. bieten seit Jahren ein ausgezeichnetes Niveau. „Die Materialentwicklung hat auch vor Skischuhen nicht haltgemacht“, sagt Stefan Bieringer, Marketingmanager bei Dalbello. „Die Schuhe werden dank des Einsatzes neuer Kunststoffe wie Grilamid viel leichter.“

In der Produktion  braucht es bei komplexen Modellen biszu zwei Jahren, bis ein Modell marktreif ist. „Unsere Schuhproduktion, übrigens alles made in Italy, ist brutal viel Handarbeit.“ Mit Marker hat Dalbello auch die Entwicklung der Gripwalk-Sohle für mehr Gehkomfort vorangetrieben. „Mittlerweile haben wir alle Hersteller im Boot“, freut sich Bieringer (Kompatibilitätscheck auf www.grip-walk.com/de). Innovative Entwicklungen werden in der Branche großgeschrieben, die Italiener setzen u.a. auch auf Techniken wie die bewährte dreiteilige Cabrio-Konstruktion, 3D-Grip-Textur, Powercage und My-Fit-Wärmeanpassung. Was laut Gigasport-Experte Messner in den letzten Jahren diesbezüglich mehr Fokus bekommen hat, ist die Ausführung des Innenschuhs. Skifahrer auf der Suche nach Perfektion blättern mittlerweile allein für Innenschuhe 200 bis 500 Euro hin. Mit Karbonfasern, Kork oder Primaloft sowie mit Schaum ausgefüllten und angepassten Produkten bekommt jeder Fuß individuell seinen Schuh. „Mittlerweile kann man sogar das Material von Innenschuhen fräsen und um ein paar Milimeter hier und dort verändern“, erzählt Messner aus der Praxis. Natürlich brauchen auch alle Innenschuhe Pflege, sollten zum Trocknen öfters herausgenommen werden und – wichtig – vorsichtig wieder in die Schale geschoben werden.  Ja, erstklassige Skischuhe sind mitunter kostspielig und können mehrere Hundert Euro kosten. Aber erstens profitieren Könner von dieser Technik direkt auf der Piste und zweitens sind auch die günstigen Einsteigermodelle in der Folge heute technisch viel besser als noch vor ein paar Jahren. 

Praxistipps von Günter Messner 

1. Offen? Geschlossen? Kalt/warm? Wie transportiert man Schuhe?
„Skischuhe sollen immer geschlossen transportiert und gelagert werden, zudem trocken und warm. Skischuhe haben in der Dachbox und im Kofferraum nichts verloren. Am besten transportiert man sie in einer beheizbaren Skischuhtasche.“ 

2. Wann sind Schuhe alt und unbedingt zu tauschen? 
„Wer viel fährt, sollte alle sechs, sieben Jahre wechseln, spätestens nach zehn, weil das Material altert. Jeder Schuh hat ein Ablaufdatum.“ Nachsatz: „Ein guter Indikator ist auch, wenn der Schuh zu stinken beginnt ...“  

3. Braucht es bei all der Diversifizierung eigene Schuhe für Piste, All-Mountain und Freeride?
„Ein guter Skischuh deckt alles in einem gewissen Normbereich ab. Nur wenn es darüber hinaus in den Rennbereich oder auf der anderen Seite ins echte Freeriden geht, sollte man einen noch spezielleren Schuh wählen.“

GESCHNALLT? DIE STEUER-ERKLÄRUNG

Dalbello-Facts 

Wusstest du, dass....?
… ein normaler Skischuh aus bis zu 150 Einzelteilen besteht, die zu einem Großteil noch per Hand zusammengefügt werden müssen?

… an die 1000 Prototypen benötigt werden, um eine komplette Skischuhkollektion fertigzustellen?
… eine Form für einen neuen Skischuh für eine neue Skischuhlinie ungefähr 80.000 € für jede einzelne Größe kostet? Das bedeutet, dass  eine neue Skischuhlinie mit einem regulären Größensplit einem Investment von ca. 1.000.000 € entspricht.

… Dalbello der einzige Skischuhhersteller ist, der noch in Italien – im Örtchen Asolo – produziert? 
… dank der Produktion in Italien Dalbello sämtliche strikten Regeln der EU erfüllt, speziell in puncto Recyling, Abfallverwertung sowie Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit?

… Dalbello 2000 Paar Skischuhe pro Tag produziert und in 45 Ländern vertreibt?
… Dalbello Mitglied des sogenannten „Repair 3D-Project“ ist, das nach innovativen 3D-Hersteller-Technologien forscht, um recycletes Material verwenden zu können?

… Dalbello zur MDV-Gruppe gehört, zu der auch Marker- Bindungen, -Helme, -Brillen und -Protektoren sowie Völkl-Ski und -Accessories zählen?