Es muss nicht immer riesengroß sein. Markus Riederer zeigt, was man als Privatperson Gutes tun und wie man Leidenschaft und soziales Engagement verbinden kann.

Klaus Molidor
Klaus Molidor

Schmerz vergeht, Stolz bleibt. Das hat sich den bald 40-jährige Markus Riederer aus Tulln auf die Innenseite seines rechten Unterarms tätowieren lassen und es ist der rote Faden durch diese Geschichte über Enttäuschung und Freude, über Schmerz und Spaß und darüber, was man mit Leidenschaft bewegen kann.

Am Anfang steht die Enttäuschung. Markus Riederer trennt sich von seiner damaligen Freundin. Aus dem Kummer zieht er Energie. „Da hab ich mir gedacht: Ich muss was tun, sonst fällt mir die Decke auf den Kopf“, erinnert er sich. Er geht in ein Sportgeschäft und kauft sich Laufschuhe. „Und dann musste ich damit laufen, denn wenn ich mir was kaufe, kann ich es nicht einfach herumliegen lassen.“ Drei Kilometer sind es am Anfang, dann vier, fünf, irgendwann zehn. Tief drinnen spürt er – laufen, das passt. „Aber das alleine war mir zu wenig. Ich brauch noch etwas, einen Hintergrund.“

Er googelt Läufe in der Umgebung und kommt – auf den Wings for Life World Run in Bratislava. Der gute Zweck – 100 Prozent der Einnahmen fließen in die Rückenmarksforschung – gefällt ihm. Der Samen ist gesät. „Ich wusste damals von der Anna, einem kranken Mädchen aus Tulln und hab mir vorgenommen: Für jeden Kilometer, den ich in Bratislava laufe, spende ich einen Euro.“ Geschafft hat er 31 Kilometer, und das, obwohl er erst knapp zwei Monate davor mit dem Laufen begonnen hatte. Zur Einordnung: Das bedeutet einen Kilometerschnitt von 4:50 Minuten. Damit wäre er einen Marathon in 3:24 gelaufen. Davor hatte er auch Freunde von der Idee begeistert, die Sache auf Facebook gepostet und so binnen eineinhalb Wochen 400 Euro gesammelt. „Die letzten beiden Kilometer waren die Hölle, und ich konnte danach vier Tage nicht mehr gehen“, erzählt er, aber es hat ihm Freude bereitet, jemandem mit seinem Einsatz zu helfen.

Feuerwehr-Eskorte
Der Grundstein zu seinem Verein „Laufend helfen“ ist gelegt. Immer mehr Leute interessieren sich für seine Projekte, schwerkranke Kinder zu unterstützen. 2016 unterstützt er Jakob, einen Buben aus Maria Rain in Kärnten. Diesmal läuft er nicht beim World Run, sondern von daheim zum Haus des Buben. Drei Tage, gemeinsam mit einem Freund, aber völlig ohne Geld, Essen und Trinken. „120 reine Laufkilometer, denn ein Stück haben wir uns mit dem Auto führen lassen.“ Insgesamt sammelt er damit knapp 20.000 Euro.

Unterwegs erzählen sie von dem Projekt, sammeln Spenden. „Ich wollte damit Leute aus ihren schwarzen Löchern rausholen und zeigen, dass es nicht so schwer ist, einen kleinen Beitrag zu einer guten Sache zu leisten.“ Wirte lassen sie gratis übernachten, Frühstück und Abendessen sind auch dabei. Als sie nach drei Tagen ankommen, ist der ganze Ort auf den Beinen, die letzten Kilometer werden sie von der Feuerwehr mit Blaulicht und Sirene begleitet. „Da gab es kein Halten mehr und mir sind die Tränen runtergeronnen.“

Laufen, der Sport, den er eigentlich nie mochte, ist seine Leidenschaft geworden ist. Nach Halbmarathons und Marathons zieht es ihn von den großen Straßen-Events immer mehr hinaus in die Natur, zu den Trail-Runs. „Da gibt es keinen Druck, kein Rempeln, kein ständiges auf die Uhr schauen und du bist oft stundenlang alleine unterwegs.“ Da lädt er seine Batterien auf, für seine Projekte, vor allem aber für seine Familie: Lebensgefährtin Sandra und der kleine Elias. „Der Bub schaut zu mir auf, obwohl ich nicht sein leiblicher Vater bin. Er denkt ich bin der Coole, Harte, dabei bin ich sehr sensibel.“ Er kann auch Gefühle zulassen. 

Eigener Lauf
Das ist nicht einfach dahinerzählt. Als er von der kleinen Lara erzählt, hat er sofort einen Knödel im Hals. Sie war das erste Kind, das er nicht mehr als Privatperson unterstützt hat, sondern mit seinem Verein. Über die Elterninitiative des St. Anna Kinderspitals in Wien hat er sie kennengelernt. „Es war ein katastrophaler Tag in der Arbeit. Alles ist schiefgegangen, ich war furchtbar schlecht drauf. Und ihre Familie war die erste, die ich für meine Projekte getroffen hab“, erinnert er sich. Denn das ist seine Regel: Er will die Leute, denen er mit seinen Spenden Rechnungen zahlt immer kennenlernen und ihre Geschichte erzählen. Laras Familie war die erste überhaupt. „Da bin ich rein zu den Eltern eines zehnjährigen, schwerkranken Mädchens und wusste nicht, was mich erwartet. Dann machen sie die Tür zum Wohnzimmer auf und im Schaukelstuhl sitzt sie und grinst mich an wie ein Schaukelpferd.“ Der Ärger des Alltags – verflogen mit einem Kinderlachen. Sofort spüren beide eine besondere Chemie, eine Verbindung auf den ersten Blick. „Das war einer der schönsten Tage in meinem Leben.“ Markus läuft, Lara kämpft. Am Ende verliert sie den Kampf gegen den Tumor in ihrem Kopf. Stille.

Riederer macht weiter, sammelt noch mehr Geld, steckt noch mehr Leute mit seiner Idee an, gründet seinen eigenen Lauf – den Lichtblick-Lauf. Im Aubad in Tulln ist der am 26. Mai zum ersten Mal über die Bühne gegangen. Knapp 1000 Teilnehmer hatte der Event. Riederer ist aber kein Mäzen, der andere an seinem Reichtum teilhaben lässt. Er war Kellner und ist jetzt als Monteur einer Fensterfirma von Baustelle zu Baustelle unterwegs. Das Helfen macht er nebenbei und komplett unentgeltlich. Er hat auch selbst keinen Anlassfall in seinem näheren Umfeld. Riederer hat gerne mit Menschen zu tun und bereitet ihnen gerne Freude. „Das war schon in der Gastronomie so.“

Was wirklich wichtig ist 
Auch wenn der Stress der eigenen Veranstaltung mit dem Sponsorenauftreiben, Organisieren, planen, Schergitter-aufstellen und, und, und seine eigenen Laufkilometer in jüngster Zeit drastisch reduziert hat – er nimmt viel mit von seinem Ehrenamt. „Dass wir uns im Alltag oft über völlig belanglose Dinge ärgern. Denn wenn ich mir meine Schützlinge anschaue, haben wir alle überhaupt keine Probleme.“ Vielen Kindern und Eltern hat er geholfen. Immer direkt. „Die Eltern unserer Schützlinge schicken uns die Rechnung und wir überweisen das Geld dann direkt an den Therapeuten“, erklärt er sein System. So wisse man exakt, was mit der Spende genau passiert. Jedes Kind unterstützt er mit einem Projekt und immer nur einmal. „Denn ich möchte möglichst vielen Kindern helfen und möglichst viele Schicksale kennenlernen.“

Mit dem Erfolg kommen aber auch die Neider. „Das zieht mich runter“, sagt er. „Weil ich es nicht verstehe. Worauf sind die Leute neidig? Darauf, dass der kleine Riederer was weiterbringt? Ich verdiene keinen Cent dabei. Aber ich hab mir viel anhören müssen.“ Heute steckt er das weg. Ist froh, seinen Weg so gegangen zu sein und weiter zu gehen. „Ich sehe mein Leben durch meine Schützlinge komplett anders. Du lernst das Leben zu schätzen, lernst, was wirklich wichtig ist.“ Schmerz vergeht, Stolz bleibt – die blaue Tinte in seiner Haut erinnert Markus Riederer, den laufenden Helfer, immer daran. Einen Lohn bekommt er aber doch. „Stimmt: ein Kinderlachen.“ Unbezahlbar.

Charity Runs – Österreich 2018

Rote Nasen Läufe
Dutzende Termine in ganz Österreich
www.rotenasenlauf.at
Ich helfe laufend Spendenlauf
Augarten/Wien, 3. Juni
www.ichhelfelaufend.at
Herzläufe Österreich
5 x: Wien, Traun (OÖ), Thaur bei Innsbruck, Krieglach (St), Feldkirch (V)
www.herzlauf.at
Charity Night Run
Großpetersdorf (B),  9. Juni
www.laufen-grosspetersdorf.at
Österreichischer Friedenslauf
Wien, 14. April
www.friedenslauf.at/de
Round Table Benefizlauf – laufend Gutes tun
St. Pölten, 10. Juni
www.benefizlauf.at
Innsbrucker Happy Run – Tirols größter Charity Lauf,
15. April
www.happyrun.at
Run4dreams – laufend helfen
Wien/Donaupark, 15. Sep.
www.run4dreams.at
Tu was Gutes Lauf
Linz/Pleschinger See, 22. April
www.tuwasguteslauf.com
Vienna Charity Run
Wien, 16. Sep.
vienna-charityrun.at
Wings for life World Run
Wien, 9. Mai
www.wingsforlifeworldrun.com/de
Linzer GLOBAL 2000 Fairness Run
Linz, 21. Okt.
www.fairnessrun.at
Benefizlauf am Kalvarienberg
St. Peter am Ottersbach (St),10. Mai
www.hittn-team.at
Benefizlauf der Freunde des Laufsports Austria
Wien/Prater, 21. Okt.
www.benefizlauf-der-fdl-austria.at
Kirschblütenlauf Charity
Krumpendorf (K), 12. Mai
www.kirschbluetenlauf.at
Friedenslicht Marathon
Kremsmünster (OÖ), 15. Dez.
www.tus.kremsmuenster.at
Steirischer Leukämiehilfelauf
25. Mai, Graz
www.multisportaustria.at/de
 
Markus Riederer
Markus Riederer

ist Gründer des Vereins „Laufend Helfen“, der ­kranke und benachteiligte Kinder unterstützt.

Web: www.laufendhelfen.at