Was macht einen schönen Trail aus – und worauf kommt es beim Traillaufen an? Vier Profis verraten, was gute Strecken auszeichnet, wo sich das Laufen lohnt und wie Einsteiger gut starten.
Wenn man mit passionierten Trailrunnern spricht, wird schnell klar: Es geht um mehr als ums Laufen. Es geht um Freiheit, Natur, Entdeckungslust und vor allem: um den Trail, nicht das Ziel. Vier trailerprobte Männer und Frauen aus vier Regionen haben uns erzählt, was aus ihrer Sicht den Reiz der Sportart ausmacht, was einen Top-Trail von einem normalen Wanderweg unterscheidet – und wie der Einstieg in die Sportart am besten gelingt.
1. Trailrunning – warum eigentlich?
Was macht das Laufen in den Bergen so besonders? Für Christian Reimers aus Villach ist es die Reduktion aufs Wesentliche: „Du bist nur du selbst in der Natur.“ Für ihn ist Trailrunning der perfekte Mittelweg zwischen schnellem Fortbewegen und echtem Naturerleben – ganz ohne Umweg über Forststraßen oder Mountainbike-Tragen. Auch Christian Stern aus dem Stubaital schätzt diese Direktheit: „In kurzer Zeit bist du in einer anderen Welt.“ Ob zehn kupierte Kilometer im Wald oder ein langer Höhenlauf – „die Abwechslung macht es aus“. Hermann Schwaiger aus Maria Alm am Steinernen Meer wiederum fand vom Klettern (bis zum 11. Schwierigkeitsgrad!) über den Ironman schließlich die ideale Symbiose im Trailrunning. Bei seinem zweiten Lauf, dem Zugspitzlauf über 70 km, wurde er gleich Fünfter und hat gemerkt: „Woah, das ist lässig.“
2. Was unterscheidet einen guten Lauftrail vom beliebigen Wanderweg?
Ein Teil der Antwort ist bei allen Gesprächspartner:innen gleich: Die Mischung macht’s. Ein guter Trail ist nicht nur schmal und naturbelassen, nicht nur technisch oder laufbar – sondern bietet ein stimmiges Gesamtpaket.„Ein schöner Trail ist abwechslungsreich“, sagt Christian Reimers. „Nicht nur Wald, nicht nur Stein, nicht nur Forststraße. Mal steinig, mal wurzelig, mal flach, mal Gegenanstieg. Und am besten: Nord- und Südseite – das ist immer ganz unterschiedlich.“
Auch Hermann Schwaiger beschreibt seinen idealen Trail mit Vielfalt: „Ein bisschen Wurzelweg, ein bisschen Downhill, einmal Forststraße, um Strecke zu machen – das alles sollte in einer Runde drin sein.“ Und er hat auch den ambitionierten Durchschnittsläufer im Blick: „Nicht zu viel Höhenmeter sollten es sein – 500 auf 10 Kilometer ist schon viel. Sonst wird mehr gewandert als gelaufen.“
3. „Laufbar“ oder „technisch“ – was macht mehr Spaß?
Trailrunner sprechen von laufbaren Trails, wenn „es nicht brutal steil ist. Kupiert, ein paar Meter rauf, runter, dann wieder geradeaus“, erklärt Johanna Hiemer. „Im Gegensatz zu extrem steilen Passagen, wo ich zum Beispiel zu den Stöcken greife.“ Hermann Schwaiger definiert es so: „Technisch ist, wenn man nicht mehr flott laufen kann, sondern überlegen muss, wo setze ich den Fuß hin.“ Beides hat für starke Trailrunner seinen Reiz, Schwaiger zum Beispiel liebt gerade das technische Gelände. Wer in die Sportart erst einsteigt, findet wohl dennoch in laufbaren Trails die Erfüllung.
4. Was macht eine Trailrunning-Region attraktiv?
Orientierung, Vielfalt und Infrastruktur sind zentrale Punkte. Christian Reimers betont: „Beschilderte Trails, Karten und GPS-Tracks zum Download – und auch Zusatzangebote wie geführte Touren, Workshops oder sportfreundliche Unterkünfte mit Wäscheservice oder Frühstück speziell für Sportler sind fein.“
Das Stubaital, WM-Region 2023, punktet laut Local Christian Stern mit einem besonders engmaschigen und vielfältigen Netz an Trails: „Von Wiesenwegen über Zirbenwälder bis zu hochalpinen Abschnitten – in kurzer Zeit kannst du alles erleben. Und dazu hast du ein traumhaftes Panorama.“ Auch Hermann Schwaiger und Johanna Hiemer loben Beschilderungen und die digitalen Möglichkeiten, sich vorab zu informieren – oder auch spontan loszulaufen. Was gleich zum nächsten Punkt überleitet.
5. Wie finde ich die besten Trails einer Region?
Von Komoot bis zu den Strava-Heatmaps, von Tourismusbüros bis zur eigenen Intuition – Quellen sind vielfältig. Fast alle Trailrunner greifen auf Apps zurück und laden Tracks auf die Uhr. „Aber manchmal ist der beste Trail der, den du einfach selbst entdeckst“, sagt Christian Stern. Sein Tipp: „Starte zur nächsten Alm, pack den Rucksack, lauf los. Man muss nicht immer einen fertigen Track vor sich haben.“ Wer sich auf das Abenteuer einlässt, wird oft belohnt. „Der Nase nach“ ist auch eine Taktik, die Johanna Hiemer gern verfolgt. Gewisse Ortskenntnis ist dafür freilich vorausgesetzt.
6. Tipps für den Einstieg
Alle vier Profis betonen: Langsam anfangen, Technik lernen, Natur genießen. Trailrunning ist mehr als nur Laufen in den Bergen – es ist anspruchsvoll, fordert Koordination, Trittsicherheit und vor allem bergab auch muskulär. Tipps unseres Quartetts:
- Nicht alles laufen wollen: „Auch Profis gehen steile Stücke“, sagt Christian Reimers.
- Muskelkater kommt meist vom Bergablaufen, sagt Christian Stern – also vorsichtig steigern.
- Stabilität ist gefragt: Johanna Hiemer rät zu Krafttraining für Beinachsen, Knie und Sprunggelenke.
- Kleine Distanzen mit Vielfalt: Hermann Schwaiger empfiehlt 10- bis 15-km-Runden mit moderaten Höhenmetern für den Start.
- Nie ohne Verpflegung: Alle betonen die Bedeutung von Kohlenhydraten und Flüssigkeit: „Aus einer Stunde werden leicht zwei.“
- Für den Notfall: Rettungsdecke und kleines Erste-Hilfe-Set sowie Handy mitnehmen.
7. Lieblingsstrecken der Profis – für Einsteiger und Experten
- Villach
- Einsteiger: Die „Schütt“ ab Oberschütt am Dobratsch – sanft bergauf/bergab, abwechslungsreich, naturnah.
- Experten: Karnischer Höhenweg – anspruchsvoll, hochalpin, spektakuläre Gratwanderungen.
- Stubaital
- Einsteiger: Sunnseit’n-Trail ab Neustift/Milders – sonnig, aussichtsreich und über die neue, 105 m lange Hängebrücke.
- Experten: ein Teil der WM-Strecke mit Naturschauplätzen wie dem Hühnerspiel – 16 km, 1400 hm, technisch.
- Hochkönig
- Einsteiger: die Runde von Maria Alm zur Schwalbenwand – laufbar, mit Aussicht, abwechslungsreich.
- Experten: Zirbenmarterl-Runde – alpin, lang, technisch, landschaftlich beeindruckend.
- Schladming-Dachstein
- Einsteiger: Talbachrunde – kupierte Feldwege, ideal zum Reinkommen.
- Experten: von Untertal zum Riesachsee und weiter in die Schladminger Tauern – fordernd und wild.
8. Das Resümee – einfach mal ausprobieren
Ob im Urlaub oder daheim – probiert es doch einfach mal aus! Schöne Trails zum Laufen findet man fast überall – und ganz sicher in den Regionen in unserer „Top 20“-Liste im Anschluss. Wer ins Trailrunning einsteigen will, braucht keine Megakondition – nur Neugier, Lust auf Natur und ein bisschen Demut vor dem Berg. Den Rest bringt der Trail.