Christof Domenig
Christof Domenig


Intervallfasten wird immer beliebter, und das mit gutem Grund, wurde doch mittlerweile nachgewiesen, dass das Fasten in Intervallen mit hoher Wahrscheinlichkeit positive Effekte auf die Gesundheit hat, wenn es richtig und dauerhaft durchgeführt wird. Forscher der Medizinischen Universität Graz rund um Prof. Frank Madeo sind auf diesem Gebiet weltweit führend.

Wie funktioniert Intervallfasten? Bei der 5:2-Methode wird an fünf Tagen in der Woche normal gegessen, an zwei wird im Idealfall nur Wasser oder schwarzer Kaffee getrunken (so empfehlen es die Grazer Forscher). In der Praxis reduzieren viele die Kalorienaufnahme stattdessen auf rund 500 Kilokalorien pro Fastentag. Bei der 16:8-Methode isst man nur während acht Stunden pro Tag, sodass tägliche 16-stündige Fastenphasen erreicht werden. Frühstück oder Abendessen lässt man dafür weg. Bei „10 in 2“, auch „Alternate Day-Fasting“ genannt, wird immer abwechselnd einen Tag lang uneingeschränkt gegessen und einen Tag lang gefastet.

Nun hört nun man immer öfter, dass sogar Spitzensportler auf diese Ernährungsmethode vertrauen. Freizeitsportler sowieso. Doch verträgt sich das? Vorauszuschicken ist noch, dass es beim Intervallfasten vordergründig weder um sportliche Leistungsfähigkeit geht, noch darum, Gewicht zu verlieren. Beides ist allenfalls ein Nebeneffekt. Im Mittelpunkt steht die Gesundheit: In den Körperzellen soll durch die Fastenphasen „Autophagie“ in Gang gesetzt werden – eine Art Selbstreinigungsprozess der Zellen, der Krankheiten vorbeugen und auf lange Sicht nicht weniger als das Leben verlängern soll. Das klappt eben nur, wenn die Zellen nicht andauernd mit Energie „gefüttert“ werden.

In der Praxis verwenden dennoch viele diesen Ernährungs- und Lebensstil, um entweder überschüssige Kilos loszuwerden oder aber weil sie sich im Sport davon eine verbesserte Leistung erhoffen. Wie sich ein sportliches Leben und das populäre Ernährungskonzept vereinbaren lassen, wurde bislang jedoch kaum untersucht. Diese Frage haben sich jetzt Manuela Konrad sowie Clemens Egger von der Österreichischen Gesellschaft für Sporternährung gestellt und die Datenlage aufgearbeitet.

Intervallfasten und Ausdauerleistung
„Im Sport steht nicht Lebensverlängerung im Mittelpunkt, sondern die Performance. Wer hart trainiert, möchte Erfolge sehen – und damit drängt sich als Erstes die Frage auf, ob und wie Intervallfasten einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit hat“, hält die Diätologin und ÖGSE-Präsidentin Manuela Konrad zunächst fest. Relevante Studien zu Intervallfasten und Sport gebe es bislang jedenfalls nicht – aber solche mit Athleten, die den Ramadan vollziehen. Das Ernährungsverhalten des Ramadan, bei dem zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang nicht gegessen wird, lasse sich jedenfalls recht gut mit der 16:8-Fastenmethode vergleichen – mit der Unschärfe, dass beim Ramadan tagsüber auch nicht getrunken wird.

Was zeigen solche Studien? Zunächst, dass für Sportler im Ramadan dann keine wesentliche Leistungsverschlechterung feststellbar ist, wenn die Gesamt- energie- sowie die Makronährstoffversorgung insgesamt stimmt. Je höher das Sportpensum, desto schwieriger sei aber beides zu bewerkstelligen, meint Konrad: „Binnen acht Stunden mehrere Tausend Kilokalorien zu konsumieren, wie sie hart Trainierende brauchen, ist nicht realistisch und praktikabel.“ Ein Energiedefizit über längere Zeit wiederum habe sehr wohl negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit – auf Trainingsadaption, Regeneration, Kraft, Ausdauer oder auch die Koordination.

Aber es gibt auch die andere Seite: „Es werden auch etliche positive Effekte beschrieben: Ein dauerhaftes Training im nüchternen Zustand verbessert die Insulinsensitivität, die Aufnahme von Fett in den Muskel und die Fettoxidation. Bei einem Training in der Früh ohne Frühstück mit der 16/8-Methode oder an Fastentagen mit der 5:2-Methode sind diese positiven Effekte durchaus erzielbar“, sagt die Expertin.

In der Praxis empfiehlt Manuela Konrad, im nüchternen Zustand lieber keine harten Trainingseinheiten sowie keine koordinativ sehr anspruchsvollen Sportarten auszuüben. Doch für ein Ausdauertraining im moderaten Pulsbereich sei der Fastenzustand durchaus gut geeignet. „Ein Nüchterntraining, also mit gering gefüllten Kohlenhydratspeichern kann zu günstigen Anpassungen führen, die dann letztlich im Wettkampf von Vorteil sein können.“ Konrad erinnert an die ebenfalls im Trend liegende Methode „train low – compete high“. Heißt: oft mit leeren Kohlenhydratspeichern trainieren, mit vollen im Wettkampf antreten.

Intervallfasten und Muskelaufbau
Wie schaut es für Kraftsportler aus, die das Ziel eines Muskelzuwachses verfolgen? „Für einen optimalen Muskelaufbau werden an sich regelmäßige eiweißreiche Mahlzeiten alle drei bis vier Stunden empfohlen. Schnell gedacht müsste das Intervallfasten den Muskelaufbau also negativ beeinträchtigen“, stellt Manuela Konrad als Ausgangsthese in den Raum. Wieder kann man Studien über muslimische Sportler im Ramadan als Vergleichswert heranziehen. In einer Studie führten beide Gruppen täglich ausreichend Eiweiß sowie rund 3500 Kilokalorien zu sich – nur eben eine Gruppe nur in der Nacht, die andere über den Tag verteilt. Trainiert wurde jeweils am späten Nachmittag, von Gruppe eins im nüchternen Zustand, von der zweiten mit gefüllten Speichern. „Zwischen beiden Gruppen war kein signifikanter Unterschied ersichtlich“, weiß die Diätologin. Der Zeitpunkt der Kalorien- sowie Eiweißaufnahme scheint also nicht entscheidend zu sein. Trotzdem: „In einem Zeitfenster von 8 Stunden die Menge an Proteinen zu konsumieren, die für einen Muskelaufbau notwendig ist, wird dauerhaft nicht realistisch sein“.

Ein dauerhaftes Training im nüchternen Zustand verbessert die Insulinsensitivität, die Aufnahme von Fett in den Muskel und die Fettoxidation.

Mag. Dr. Manuela Konrad, Diätologin

Intervallfasten zur Gewichtsreduktion
Und wie schaut es mit Intervallfasten als Mittel zum Abnehmen aus? Diese Frage ist tatsächlich bereits direkt erforscht. Auch hier zeigte sich in einer Studie kein Unterschied zwischen Intervallfastenden und täglich über den Tag verteilt essenden Versuchspersonen, wenn die zugeführte Energiemenge am Ende des Tages die gleiche war. Bloß die Gesamtenergiemenge entscheidet also über Zunehmen oder Abnehmen. Das Fazit der ÖGSE-Experten fällt daher differenziert aus: „Allgemeine klare Empfehlung für oder wider das Intervallfasten im Sport kann man keine aussprechen. Es kommt auf die Form des Fastens an, das Ziel, die Sportart und genauso, ob es sich um Breitensport oder Hochleistungssport handelt.“

Festhalten ließe sich aber: Geht es um Leistungssport, wird Intervallfasten eher kein geeignetes Mittel sein. Schließlich geht es dort um Spitzenleistungen und nicht um die Gesundheit. Freizeitsportler hingegen, die intervallfasten, weil sie ihrer Gesundheit Gutes tun wollen, könnten das guten Gewissens tun, sofern sie auf die Signale ihres Körpers achten. „Im schlimmsten Fall kann es zu Leistungseinbußen, im besten Fall auch zu günstigen Stoffwechselanpassungen führen.“ Und auch das gilt: „In Phasen, in denen leichter trainiert wird und eine Wettkampfphase noch in weiter Ferne liegt, kann das periodische Fasten auch positive Effekte mit sich bringen, die dann im Wettkampf von Vorteil sind.“

Mag. Dr. Manuela Konrad
Mag. Dr. Manuela Konrad

ist Diätologin, lehrt und forscht an der ­FH JOANNEUM in Bad Gleichenberg (St) und ist ­Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Sporternährung (ÖGSE).

Die ÖGSE ist die erste österreichische Vereinigung auf dem Sektor der Sporternährung, die sich zum Ziel gesetzt hat, sporternährungswissenschaftliche Erkenntnisse an alle Zielgruppen weiterzugeben, an Spitzensportler genauso wie Breitensportler. Die Gesellschaft hat sich im Jahr 2020 neu aufgestellt.

Alle Infos dazu: www.oegse.at