Besser könnte der Zeitpunkt nicht sein, um euch wieder einmal mit den Grundlagen für das Grundlagen-Ausdauertraining vertraut zu machen. Schließlich legt ihr jetzt, über den Winter, den Grundstein für eine gute Form im Frühling. Man könnte es fast poetisch sagen: Nur wer in der dunklen Jahreszeit sein Grundlagentraining forciert, wird in der nächsten Saison sportlich im hellen Licht stehen.


Laut Definition ist Grundlagen­­ausdauer „die Ausdauerfähig­keit bei lang andauernden Belastungen in aerober Stoffwechsellage". „Ausdauer" definiert sich als die Fähigkeit, einer sportlichen Belastung physisch und psychisch möglichst lange widerstehen zu können. Das heißt, eine bestimmte Geschwindigkeit zu laufen oder am Rad Watt über einen möglichst langen Zeitraum realisieren zu können, und sich dann nach sportlichen Belastungen möglichst rasch erholen zu können.

Oder als Formel dargestellt: Ausdauer = Ermüdungswiderstandsfähigkeit + schnelle Erholungsfähigkeit.

„Eine gute Kondition haben" sagen viele dazu im sportlichen Volksmund – und verwechseln dabei leider „gute Kondition" mit „guter Ausdauer". Zur Klarstellung: Die konditionellen Fähigkeiten rekrutieren sich aus vier Komponenten – aus Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Beweglichkeit. Wobei für Läufer, Radfahrer, Triathleten, Langläufer, Schwimmer etc. natürlich die „Ausdauer" die entscheidende konditionelle Komponente darstellt. Was aber nichts daran ändert, dass ausgerechnet Defizite in den anderen konditionellen Fähigkeitsbereichen sehr oft für ernsthafte Probleme und Schwachstellen bei leistungsorientierten Ausdauersportlern sorgen.

DIE KRAFTWERKE STÄRKEN
Beim Grundlagentraining sprechen wir vorwiegend von aeroben Stoffwechselsituationen. Das bedeutet: Im Wesentlichen steht der arbeitenden Muskulatur bei einem aeroben Ausdauertraining genügend Sauerstoff zur Verfügung. Im Muskel wird nur wenig Laktat (Salz der Milchsäure) gebildet und kann leicht abtransportiert werden. Man läuft dabei locker bei einer Belastung von 65 bis 75 Prozent der maximalen Herzfrequenz (Hfmax), kann bei dieser aeroben Belastung locker plaudern und züchtet sich ganz gemütlich die für Ausdauersportler so wichtigen Mitochondrien.

Mitochondrien sind die sogenannten „Kraftwerke der Zellen", die mittels Adenosintriphosphat (ATP) für die Energiebereitstellung für unsere Muskelleistung verantwortlich zeichnen.

Bleiben wir gleich beim Basiswissen aus der Trainingslehre: Das Gegenstück zum „lockeren" aeroben Training sind anaerobe Trainingsformen wie beispielsweise intensive Intervalle jenseits der 90 Prozent der individuellen maximalen Herzfrequenz, also über der anaeroben Schwelle, hoch laktazid. Hier geht der Sportler durch extreme Belastung eine Sauerstoffschuld ein. Das heißt, der Muskel frisst mehr Sauerstoff, als er über die Atmung und das Herz-Kreislauf-System zuführen kann. Ein Abbruch der Leistung durch Erschöpfung ist die daraus resultierende Folge. Man wird „blau", „geht ein", „wird sauer" – es schmerzt in den Beinen, brennt in der Lunge, im Magen herrscht oft ein flaues Gefühl.

Diese anaeroben Trainingsformen werden im Herbst/Winter nur sparsam (maximal einmal pro Woche) eingesetzt. Je näher dann die Wettkampfsaison rückt, desto öfter setzt man solch harte, anaerobe Trainingsreize.

LANGSAM IM TRAINING – SCHNELL IM WETTKAMPF!
Also nochmals: Grundlagentraining ist aerobes Training! Dauerläufe, gemütliche Wanderungen, extensive Intervalle und Fahrtenspiele, Longjoggs etc. stellen klassische Trainingsmethoden dafür dar.

Als Faustregel gilt: Nur wer langsam trainiert, wird schnell im Wettkampf sein! Ausdauerbelastungen sollen mit maximal 70 Prozent der Hfmax, also unter der aeroben Schwelle, durchgeführt werden. Bei diesem sogenannten „Fettstoffwechseltraining", der Basis im Grundlagentraining, lernt der Körper, seine Energie vorwiegend aus den in rauen Mengen vorhandenen Fettreserven unseres Körpers zu ge­winnen.

Viel leichter ist es ja für den Körper, Energie aus den nur beschränkt vorhandenen Kohlenhydratspeichern zu schöpfen. Ziel eines Ausdauersportlers ist es aber, die Fettverbrennung zu optimieren, um die Grundlagenausdauerleistungsfähigkeit an der wichtigen aeroben Schwelle zu verbessern.

Es gilt: Ist die Leistung an der aeroben Schwelle hoch, steigert man auch die Pace an der anaeroben Schwelle (ANS)! Was nichts anderes bedeutet, als dass dein läuferischer Erfolg – egal, ob über 5 km oder im Marathon – im direkten Zusammenhang mit einer gut ausgebildeten Grundlage steht.

VERSUCH'S MIT CROSSTRAINING
Um als Läufer nicht ins „Übertraining" zu schlittern bzw. um sich nicht zu verletzen, wird gern alternatives Training am Sportartentablett serviert. Zusätzlich zu Longjoggs und extensiven Dauerläufen ist es also sinnvoll, „fremdzugehen". In unspezifischen Sportarten wie Mountainbiken, Spinning, Langlaufen, Rudern, Skitourengehen, Schwimmen etc. kann man das HerzKreislauf-System auf Touren bringen.

ERST SCHWIMMEN, DANN LAUFEN
Triathleten sollten die stille Zeit im Jahr auch für Grundlagentraining nutzen. Allerdings nicht nur fürs Stoffwechsel-Grundlagentraining – mit einem „Schwimmblock" von bis zu zehn Wochen wird auch an der technischen Grundlage in der Disziplin Schwimmen gearbeitet. Drei- bis fünfmal die Woche sollte das Hallenbad schon aufgesucht werden, um nachhaltige positive Effekte zu erzielen. Wichtig: Mindestens einmal pro Woche sollte ein geschulter Trainer auf die Technik achten und korrigierend eingreifen. Erst im Jänner, Anfang Februar kann man das Training im oft unbeliebten Nass reduzieren. Ein Laufschwerpunkt wäre in der Faschingszeit angebracht, um dann, wenn die Tage länger werden, Grundlagenkilometer am Rad zu schrubben.

BIKER GEHEN FREMD
Wer seinen Ausdauersport hauptsächlich auf dem Rad auslebt, dem ist in den Wintermonaten „Fremdgehen" anzuraten. Wer will schon fürs „artgerechte" Ausdauertraining stundenlange Einheiten am Ergometer abschwitzen? Die Ausdauergrundlage könnt ihr euch problemlos bei Bewegung aller Art holen: Langlaufen, Skibergsteigen, Schwimmen, Laufen, zwischendurch Spinning in der Gruppe, alles im aeroben Bereich gehalten – das bringt nicht nur die gewünschten Trainingsreize mit sich, sondern sorgt auch für Spaß und neue Motivation.

Ein Kraftschwerpunkt bietet sich ebenfalls an. Dabei sollen wirklich hohe Lasten bewegt werden – Kraftausdauertraining bringt hier wenig. Dagegen lässt unspezifisches Maximalkrafttraining an Langhanteln, Beinpresse und Co. die Wattwerte nach oben hin ausschlagen.

Ein Tipp: Baue nach dem Krafttraining sogenannte Transferübungen ein! Beispiel: Nach drei Sätzen tiefe Kniebeugen zu zehn Wiederholungen ist es ideal, wenn man sich für fünf Minuten auf den Ergometer schwingt und mit über 100 Umdrehungen pro Minute pedaliert. Dabei lernt der Körper, wozu er direkt zuvor die Kraftübung gemacht hat. Zum schnelleren Radfahren ...

 

Von der Leistungsdiagnostik bis zu den richtigen Trainingsbereichen ...

DIE BESTIMMUNG DES IST-STANDES: Um sicher zu gehen, dass man im richtigen Intensitätsbereich trainiert, sollte man bei einem Sportwissenschafter und/oder Sportmediziner eine Leistungsdiagnostik durchführen. Vor allem ist ein Belastungs-EKG wichtig, um mögliche Herzschäden oder andere Krankheiten zu entdecken. Man kann es sich wie bei seinem Auto vorstellen: Regelmäßig zum „Pickerlmachen" gehen beugt Troubles vor! Und der Zeitpunkt für die Inspektion passt jetzt genau.

DIE SPIROERGOMETRIE-METHODE: Zu Zeiten eines Hermann Maier war der Parameter „Laktat" das Um und Auf. Heute weiß man längst, dass die Atemgaswerte – Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe – und deren Kurvenverlauf in Bezug auf der realisierten Leistung und der dazu parallel gemessenen Herzfrequenz wesentlich wichtiger und aussagekräftiger sind.

Das Verfahren nennt sich „Spiroergometrie": Jeder Atemzug wird über eine Atemmaske, die man während der Leistungsdiagnostik am Laufband oder am Fahrradergometer trägt, gemessen. Dadurch hat man während der Untersuchung tausende Messpunkte anstatt nur wenige, alle paar Minuten genommene Laktatwerte. Sprich: Man kann über die „Spiro" wesentlich genauer die aerobe und anaerobe Schwellen sowie die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) messen. Demzufolge gelingt es heute den Leistungsdiagnostikern, bessere, genauere, für den Athleten individuell bestimmte Trainingsherzfrequenzbereiche zu berechnen.

DIE TRAININGSBEREICHE: Nach der ausgewerteten Leistungsergometrie sollte der Läufer sechs Trainingsbereiche mit nach Hause nehmen:

  • GLA: Grundlagenausdauertraining (Fettstoffwechsel), ca. 65-73 % der Hfmax
  • GA1: extensive Ausdauer, ca. 74-82 %
  • GA2: intensive Ausdauer (Marathonpace), ca. 83-88 %
  • ST: Schwellentraining („Entwicklungsbereich", Halbmarathonpace), ca. 89-92 %
  • AT: Anaerobes Training, über 93 %
  • REKOM: Regeneration und Kompensationstraining, unter 65 %


DIE UMSETZUNG IM TRAINING

  • Im „Grundlagenblock", also im Wintertraining, sollten 90 Prozent der Gesamt- zeit des Trainingsaufwandes im GLA- und GA1-Bereich stattfinden.
  • Mit GA2-Einheiten ist generell sparsam umzugehen. Man nennt diesen Bereich auch „Misch"- oder „Hobbybereich". Hier verbrennt man vorwiegend Koh- lenhydrate, man rennt nicht hart aber auch nicht ganz locker. Nicht Fisch und nicht Fleisch – der Trainingsfortschritt ist nur von kurzfristiger Natur.
  • Die Bereiche „ST" und „AT" sind im Winter nur für Athleten geeignet, die mehr als sechs Stunden Ausdauersport betreiben. Auch ambitionierte Läufer sollten nur einmal pro Woche eine anaerobe Einheit einbauen, um keine sogenannte Frühform zu provozieren. Erst im Frühling, direkt vor dem Saisonbeginn, kann man den hochintensiven Anteil des Trainings nach oben schrauben.

Langfristig wird man im Ausdauersport nur über sehr viel Grundlagentraining und über zusätzlich gezielt eingesetzte, sehr harte Trainingsreize besser. Der Anteil des aeroben Grundlagentrainings soll (in Stunden gemessen) auch in der Wettkampfphase nicht unter 70 Prozent des Trainingspensums fallen.