Das Buch heißt ­„Halbiert“ – und ist trotzdem keine halbe Sache: Die 64-jährige Andrea Korschelt schaffte es mit­hilfe von Sportwissenschafter Tom ­Gmoser, nachhaltig von 155 auf 68 Kilo Gewicht abzunehmen.

Thomas Polzer
Thomas Polzer


Über die Misserfolge von plakativ beworbenen Schlankmacher-­Programmen könnten Millionen Bücher geschrieben werden. Die Grazerin Andrea Korschelt und der Sportwissenschafter Tom Gmoser haben auch ein Buch geschrieben. Es heißt „Halbiert“ und schildert ihren gemeinsamen Weg, auf dem Andrea in eineinhalb Jahren von 155 Kilo auf 72 Kilo abschlankte und dieses Gewicht auch heute, sieben Jahre danach, noch immer hält. Im SPORTaktiv-Interview wollen die beiden auch andere Menschen ermutigen – und zeigen, wie sie mithilfe eines Personal Coaches die Freude am Sport (wieder)entdecken können. Und auch, wie dadurch letztendlich körperlich und psychisch eine völlig neue Lebensqualität entsteht.

Andrea, wie hat für dich diese Erfolgsgeschichte eigentlich begonnen? 
ANDREA: Begonnen hat alles damit, dass mein Mann mir das Versprechen abrang, endlich wieder einmal einen Internisten aufzusuchen. Toms Studio war damals im gleichen Haus und nach dem eindringlichen Appell des Arztes habe ich mich spontan beim Sportwissenschafter nebenan angemeldet, um endlich wieder unter 100 kg zu kommen.

Wie groß war die Zuversicht, dass dieses „Halbierungsprojekt“ tatsächlich funktioniert?
ANDREA: Ich hatte ja bereits viele Abnehm-Versuche hinter mir, aber nie mit Bewegung und Sport kombiniert. Was Toms Plan war, wusste ich eigentlich nicht, ich wollte einfach nur einmal einem Experten vertrauen.

TOM: Dass es ein Halbierungsprojekt wird, war ja nicht von Anfang an klar. Aber grundsätzlich hatte ich ja bereits einige „Projekte“ realisiert, bei denen auch Gewichtsreduktionen von 40, 50 Kilo erreicht wurden.

Könnt ihr den Weg kurz skizzieren, den ihr dabei gemeinsam gegangen seid? 
TOM: Zunächst: Den EINEN gültigen Weg gibt es nicht, sondern es gilt, den richtigen individuellen Weg zu finden. Man bekommt ja als Trainer bald ein Gefühl dafür, mit wem man es zu tun hat, welche Trainingsformen funktionieren werden und wie es mit dem Thema Ernährung ausschaut. Auf dieser Basis steckt man einmal die Ziele ab und entwirft einen Trainingsplan.

ANDREA: Zu der wöchentlichen gemeinsam Einheit mit Tom erhielt ich jeweils einen Ausdauerplan für anfangs drei Geh- und später drei Laufeinheiten pro Woche, plus zwei Einheiten Krafttraining. Ich habe einfach immer das gemacht, was mir aufgetragen wurde. Mit zunehmender Fitness wurde es immer leichter, obwohl Tom ständig für neue Herausforderungen sorgte. Neben dem Laufen und Krafttraining begann ich auch zu schwimmen und ging bald ins Fitnessstudio. Ich begann wieder mit Tennis und Skifahren, probierte Langlaufen und schließlich entdeckte ich das Stand-up-Paddeln.

Das klingt ja nach einem echten Monsterprogramm.
ANDREA: Ich habe es in meiner Begeisterung tatsächlich zwischendurch übertrieben, weil ich immer weniger aß und immer mehr sportelte. Was auch zu heftigen Diskussionen führte, wenn Tom mein Ernährungsprotokoll kontrollierte. Und auch beim Sport musste er mich einbremsen, ich habe anfangs nicht begriffen, wie wichtig für ein effektives Training auch die Regeneration ist.

Hattet ihr überhaupt beide das gleiche Ziel vor Augen?
ANDREA: Meine Ziele haben sich eigentlich laufend verändert. Erstes Ziel war es, unter 100 kg zu kommen. Und erst, als ich bei 90 kg war, kristallisierte sich dieses Halbierungsziel heraus. Tom hat immer darauf bestanden, dass ich mir auch sportliche Ziele setze, denn wenn die funktionieren, ist es ein größeres Erfolgserlebnis, als wenn es nur um verlorene Kilos geht.

TOM: Meine Zielsetzung als Sportwissenschafter liegt hauptsächlich darin, dass der Mensch, mit dem ich trainiere, die zuvor gemeinsam beschlossenen Maßnahmen auch tatsächlich konsequent umsetzt. Und das war ja bei Andrea zu keinem Zeitpunkt unserer gemeinsamen Arbeit das Problem.

Das Erreichen des Ziels war also für keinen von euch jemals in Gefahr?
ANDREA: Nein, es war für mich eher die Frage, wie lange es bis dahin dauern würde. Ich weiß noch, dass viele in meinem Umfeld gemeint haben, beim Abnehmen komme unweigerlich der Stillstand, da geht dann nichts mehr weiter und man gibt wieder auf. Das habe ich irgendwie als Herausforderung betrachtet. Es dauerte dann übrigens 81 Wochen, bis es bei mir zum ,Stillstand‘ gekommen ist. Da hatte ich aber mein Halbierungsziel bereits erreicht ...

TOM: Die Generalrichtung hat bei diesem Projekt immer gestimmt. Wichtig ist, dass man sich, wenn es mal nicht so gut läuft, einfach vor Augen hält, wie weit man schon gekommen ist.

Ganz ehrlich, Andrea, wie konnte Tom bei dir noch eine solche Begeisterung für den Sport entfachen?
ANDREA: Ich bin ja in einer sportbegeisterten Familie aufgewachsen und Tom hat es verstanden, die Lust am Sport wieder zum Leben zu erwecken. Er hat mir nie irgendetwas aufgezwungen, das ich nicht mochte. Etwa das Radlfahren. Stattdessen hat er mich ermutigt, möglichst vieles auszuprobieren. So bin ich ja auch zu meinem absoluten Lieblingssport, dem Stand-up-Paddeln, gekommen. Heute kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, in meinem Alltag ohne Sport auszukommen.

Wie wichtig ist eine professionelle Begleitung, um solche hochgesteckten Ziele erreichen zu können?
ANDREA: Erst jetzt, nach mehr als sieben Jahren Training, kann ich einschätzen, wie gut und goldrichtig der Aufbau dieses Trainingsplans war. Der Profi kontrolliert und überwacht die korrekte Ausführung der Übungen, sodass man nicht langfristig einen Schaden davonträgt. Aber klar ist auch, dass die beste professionelle Betreuung nicht ausreicht, um das Ziel zu schaffen. Da muss man schon selbst viel investieren – und auch lernen, durchzubeißen.

TOM: Ich denke, dass es zu Beginn eines derart mächtigen Projektes einfach wichtig ist, jemanden an seiner Seite zu haben, der die Richtung vorgibt. Die Energie darf nicht beim Suchen des Weges verloren gehen, sondern muss ins Training investiert werden. Dadurch kann man sich auf das Wesentliche konzentrieren. Abgesehen davon spielt sich ja die Betreuung nicht nur auf der fachlichen, körperlichen Ebene ab, sondern auch auf der mentalen Seite.

Andrea, wie sehr hat dieses Projekt und letztlich der positive Ausgang dein Leben verändert? 
ANDREA: Mein Leben hat sich tatsächlich enorm verändert. Wenn ich früher vieles, das nicht mehr ging, meinem fortgeschrittenen Alter zuschrieb, weiß ich heute, dass mit einer entsprechenden Fitness noch sehr viel möglich ist. Mein Leben ist spannender und abwechslungsreicher geworden. Ich habe ständig etwas vor, plane Unternehmungen und es freut mich auch, dass ich durch den Sport so viele neue Menschen kennenlernen durfte, die mein Leben enorm bereichern. Durch den Sport bin ich aber irgendwie auch mutiger geworden. Ich musste mich so oft bei neuen Versuchen überwinden und an meine Grenzen gehen, dass ich heute schon auch bereit bin, manches zu riskieren.

Stichwort „gefürchteter Jojo-­Effekt“: Warum sind die 68 Kilo, die Andrea heute wiegt, kein kurzfristiger Erfolg, der wieder verpufft, wie es bei so vielen dieser „Schlankmacher-Wunderprogramme“ passiert?
TOM: Der Erfolgsgarant ist, dass ein derartiges Projekt eine Veränderung des ganzen Lebensstils bewirkt. Sport wird nicht mehr als Mittel zum Zweck gesehen, sondern als Teil des Lebens, der Spaß macht, positive Energie bringt und Ausgleich zum Alltag schafft. Bei Andrea liegt diese „Halbierung“ jetzt schon sechs Jahre zurück – für sie ist ihr Leben ohne Sport undenkbar geworden. Und mir ganz persönlich gibt ein derartig massiver Erfolg natürlich auch sehr viel positive Energie und eine tolle Bestätigung als Sportwissenschafter.

Können andere Menschen auch etwas aus eurer ganz persönlichen Erfolgsgeschichte mitnehmen?
ANDREA: Genau deshalb haben wir unser Buch geschrieben. Wir wollten andere dazu ermutigen, dass man auch anfangs hoffnungslos erscheinende Situationen verändern kann. Aber das Wichtigste ist, sich unterstützen zu lassen, wenn es um die eigene Gesundheit und Fitness geht.

TOM: Es ist erstaunlich, wie sich der menschliche Körper in fast allen Lebens­phasen an neue Anforderungen anpassen kann. Es gilt auch: Es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen!

Andrea Korschelt & Tom Gmoser

Andrea Korschelt & Tom Gmoser

Buch „HALBIERT – Gemeinsam zum Erfolg“


Buch „HALBIERT – Gemeinsam zum Erfolg“ ist im Vehling Verlag erschienen. 
ISBN 978-3-85333-339-6 

Tom Gmoser – „tOm“ – Sportwissenschaften in Graz. 
www.tom-gmoser.com