„Was machst Du heuer zu Silvester?" Diese klassische Frage beantworte ich seit Jahren mit: „Laufen natürlich". Schließlich gibt es nichts Schöneres, als sich am letzten Tag des Jahres noch einmal auf der Kurzdistanz zu beweisen. Und das Feiern danach macht gleich doppelt so viel Spaß.

Von Wolfgang Kühnelt


Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen, die ich über meine Silvesterläufe gefunden habe, datieren aus dem Jahr 2011. Damals startete ich mit meinem Sportsfreund Martin in Graz. Dazu muss man wissen: Silvesterläufe in urbanen Gebieten haben viel Tradition und noch mehr Anziehungskraft. Das heißt: Man wird ziemlich sicher Bekannte treffen, auch ohne sich zu verabreden. Das heißt aber auch: Es kann auf den ersten ein bis zwei Kilometern schon einmal zu kleineren Staus kommen.

Und: Statt Applaus vom Rand der Strecke gibt es eher skeptische Blicke von Spaziergängern, die sich vor dem Festmahl noch einmal ungestört „die Beine vertreten" wollten. Macht nichts, denn in Graz, wie auch überall anders, ist das Schönste am Silvesterlauf das Feiern nach dem Zieleinlauf. Man steht im Warmen, trinkt ein Glaserl Was-auch-immer und genießt das wohlige Prickeln in den Oberschenkeln, die gerade wieder Auftauen. Ob in den Stunden danach ein Sauschädel folgt oder ein Bockbier – an diesem Tag hat man kein schlechtes Gewissen mehr.

STADT, LAND, FLUSS
Ich mag Läufe zum Jahresende, weil sie einen auch im November und Dezember noch zum Training motivieren. Nicht ganz so lustig ist es freilich vor dem Start. Denn Silvesterläufe haben in unseren Breiten einen klaren Nachteil: Sie finden im Winter statt. Wer bei einer größeren Veranstaltung antritt, sollte sich warm anziehen, denn die Wartezeit, bevor es endlich losgeht, ist nicht ohne. Die Distanzen sind üblicherweise kurz, aber bei den Temperaturen haben sie es trotzdem in sich. Wem so ein Wettbewerb in der Stadt dennoch zu wenig Herausforderung bietet, der hat zwei Möglichkeiten: Entweder man wählt einen Lauf am Lande, wo es bergauf und bergab geht, dazu kommen wir etwas später. Oder man unternimmt ein Double und rennt bereits am 30. Dezember bei einem der weltweit eher sehr seltenen Bauernsilvesterläufe.

Warum die Landbevölkerung gerne schon den Tag vor dem 31. Dezember feierlich begeht, dazu gibt es einige Legenden, die hier nichts zur Sache tun. Den Bauernsilvesterlauf gibt es laut Google genau einmal in Österreich, nämlich in Mürzzuschlag. Auch den habe ich getestet und zwar Ende 2012. Viermal rennt man eine 1,5 Kilometer lange Schleife durch die Stadt. Das Starterfeld ist sehr übersichtlich, allerdings auch ordentlich durchtrainiert. Wer hier nicht Letzter wird, darf zufrieden sein. Die Challenge war in Mürzzuschlag aber weder die hügelige Strecke noch der eisige Untergrund, sondern der Besuch im Kaffeehaus samt Konsum von Krapfen, die ich unklugerweise VOR dem Lauf zu mir genommen hatte. Auch für das Feiern braucht man eben das richtige Timing.

In den Jahren danach wechselte ich zum Jahresende in die Provinz. Zum Beispiel nach St. Stefan ob Stainz. Ein paar Dutzend Teilnehmer, darunter regionale Spitzenläufer. Ein 2-Kilometer-Kurs mit atem(be)raubenden Steigungen, den man wahlweise zwei- oder viermal durchleidet. Aber dann: Ein grandioses Kuchenbuffet von den fleißigen Helferinnen aus der Umgebung. Glühwein, Würstel und Bier. Unvernunft kann so schön sein, solange einen jemand sicher nach Hause chauffiert.

Für den heurigen Jahresabschluss habe ich zwei Optionen, die mir sehr reizvoll erscheinen. Die Entscheidung heißt wieder: Stadt oder Land. Im oberösterreichischen Peuerbach findet einer der traditionsreichsten Bewerbe des Landes statt, heuer bereits zum 21. Mal. Hier gibt es Kinderläufe, Staffelbewerbe, einen Volkslauf mit 6800 Metern Länge und den „Lauf der Asse", bei dem Weltklasse-Athleten mit bis zu 21 km/h unterwegs sind. Oder doch Wien? Da startet man – gerne auch kostümiert! – am 31. 12. auf der Ringstraße und kommt bei der Oper, dem Burgtheater und dem Parlament vorbei. Und wo läufst du ins neue Jahr?


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