Skitouren im Frühjahr? Unbedingt! Und mit der richtigen Ausrüstung machen die schönsten Firntouren gleich doppelt Spaß.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Der Schlüssel zur genussvollen Frühlings- und Firn-Tour? Insbesondere im Frühling ist es großteils das Timing, das über Erfolg oder Niederlage entscheidet. Zu früh, und der Schnee zeigt sich bretthart – zu spät, und die Lawinengefahr steigt mitunter drastisch an. Neben einer durchdachten Planung sind es um diese Zeit im Jahr auch einige Material-Feinheiten und -Must haves, die uns das Leben auf Tour nicht nur angenehmer gestalten, sondern mitunter sogar retten können. Rein rechnerisch, so gibt es eine Studie des deutschen Bergführerverbandes wieder, kann ein Mensch, der auf einem 30° steilen, hart gefrorenen Hang abrutscht, bis zu 97 % der Geschwindigkeit im freien Fall erreichen. Harscheisen gehören daher im Frühling zur Pflichtausrüstung, plant man steile Anstiege, sind mitunter auch Steigeisen nötig. Zu breite Ski machen es in hart gefrorenen Querungen oft schwer, Druck auf die Kanten zu bringen, zu schmale Ski machen in Sulz und Faulschnee wenig Spaß, da sie zu tief einsinken … 

Auch für Stefan Bieringer, Marketing Manager bei Marker, Dalbello und Völkl, sowie Thorsten Steiner, Marketing Manager Blizzard Tecnica Austria, haben Frühjahrstouren ihren ganz eigenen Zauber. Bei Thorsten Steiner ist es die Gipfel-Jause bei frühlingshaften Temperaturen in der Bergsonne, Stefan Bieringer liebt den frühen Aufbruch, freut sich auf die meist sichereren Verhältnisse als im Hochwinter – und bei perfektem Timing den lässigen Firn in der Abfahrt. Wir haben uns bei den beiden erfahrenen Industrie-Insidern Tipps fürs Grande Finale der Skitourensaison geholt.

Wozu greifen?
Mitunter längere Tragepassagen, lange, hart gefrorene Aufstiege und (hoffentlich) firnige Abfahrten: Stehen viele Frühjahrstouren am Programm, lohnt es sich durchaus auch bei der Ausrüstung nachzuschärfen. „Anderes und leichteres Material als im winterlichen Pulverschnee macht auf jeden Fall Sinn“, weiß auch Stefan Bieringer. „Schmälere und kürzere Ski erlauben es, die noch so kleine Rinne zu befahren oder in einer steilen Wand wendiger zu sein. Und beim Bootpacking oder bei Kletterpassagen sind kürzere Ski am Rücken ebenso von Vorteil“, so seine Einschätzung. Wie breit man beim Ski werden sollte? „Natürlich kommt die Wahl des Skis immer auf persönliche Präferenzen an, aber grundsätzlich ist bei einer Mischung aus Eis, Sulz und Firn ein vielseitiger Ski die optimale Wahl. Die Kombination aus Stabilität und Auftrieb ist bei herausfordernden Schneebedingungen das A und O. Ski mit einer Mittelbreite von 95 Millimetern bieten häufig genau diese Vielseitigkeit“, geht Thorsten Steiner weiter ins Detail.
 

Vor dem Hintergrund der längeren Aufstiege und der großen Chance auch mal per pedes unterwegs zu sein, lohnt sich vielleicht auch ein Blick aufs Schuhwerk. „Schwere“ Freeride-Stiefel sind jetzt vielleicht leichteren und gehfreundlicheren Modellen unterlegen. Auf jeden Fall sollte man aber beim Fell nachhelfen. Gerade jetzt ist eine umfassende Pflege wichtig, Tannennadeln und Gras setzen der Haftschicht stark zu – der Ort zum Auf- und Abfellen sollte folglich gut gewählt werden. Um ein Aufstollen – Schnee bleibt an der Unterseite kleben, bremst und lässt den Ski zurückrutschen – zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Felle regelmäßig nachzuwachsen respektive zu imprägnieren. Lacken und sehr nassen Schnee sollte man ohnehin ganzjährig meiden.

Die Sache mit den Harscheisen
Die Breite der Harscheisen sollte der nächstgrößeren Breite zum Ski entsprechen, erklärt Stefan Bieringer. Bei einer Mittelbreite von 88 mm wäre das bei Marker beispielsweise ein Harscheisen mit 90 mm. Wichtig ist, dass die Bindung zum Harscheisen kompatibel ist und dass eine Harscheisenaufnahme montiert ist. Dies, so der gut gemeinte Expertenrat, sollte man schon vor der Tour ausprobieren. Dann sitzen auch die Handgriffe am Berg. Er selbst trägt seine Harsch­eisen stets um das Erste-Hilfe-Paket zusammengeschoben im Rucksack mit sich. Das ergibt das geringste Packmaß. Abseits vom Tiefschnee hat er sie immer dabei. „Man unterschätzt leicht, wie schnell man sonst bei steilen, harten Bedingungen an seine Grenzen stößt“, so sein Plädoyer für Harsch­eisen. Wenn am Gletscher blankes Eis liegt oder man sich in sehr absturzgefährdetem Gelände bewegt, empfiehlt es sich ebenfalls, Steigeisen im Gepäck zu haben und rechtzeitig darauf umzusteigen.

Genießt noch eure Tage im Tiefschnee – aber freut euch auch auf den Frühling und seinen Firn! Es wäre doch zu schade die Tourensaison unnötig früh enden zu lassen.