Der Trend ist nicht zu leugnen. Immer mehr "Sommersportler" entdecken in der kalten Jahreszeit das Tourengehen für sich. SPORTaktiv hat mit Mountainbikerin Lisi Osl über ihr Winter-Hobby gesprochen.

Interview von Christof Domenig


Lisi, wann und wie hast du das Skitourengehen für dich entdeckt?
Im Schüleralter habe ich Lift und Piste bevorzugt. Aber als ich richtig angefangen habe, für das Biken zu trainieren, da war das Skitourengehen im Winter das Einzige, was wirklich in­frage kam. Schnee gibt es im Winter bei uns in den Kitzbüheler Alpen ja genug – eher zu viel für Biker. Nach meiner ersten Skitour war mir klar, dass es genau richtig für mich ist. Nicht nur trainingstechnisch, sondern auch das Erleben in der Natur, die Ruhe in der verschneiten Bergwelt und im Idealfall Pulverschnee bis über die Ohren.

Skitourengehen ist also Winter-Konditionstraining für dich – und Genuss zugleich?
Ich würde sagen, ich profitiere vielseitig davon. Klar: In erster Linie geht es fast immer ums Trainieren. Aber ich komme auch meist mit total vielen positiven Erlebnissen und Gefühlen nach Hause, aus denen ich dann viel Energie schöpfen kann.



Im Winter Tourenskigehen, im Sommer Mountainbiken. Sind diese beiden Sportarten für dich vergleichbar?

Irgendwie schon. Ich fühle mich in den Bergen einfach unheimlich wohl und mich mit ihnen verbunden. Sicherlich geht es im Winter etwas entspannter zu, weil ich in einer Trainingsphase und nicht im Wettkampf-­Rhythmus bin. Daher nehme ich mir im Winter auch noch mehr Zeit, um die Berge bewusst zu genießen.

Mit wem bist du bevorzugt unterwegs: allein, zu zweit, in der Gruppe?
Erwin, ein guter Bekannter von mir, hat mich von Anfang an in das Skitourengehen eingeführt. Er kennt die Berge irrsinnig gut und brachte mir bei, wie man die Natur genau beobachtet, Gefahren einschätzen kann, außerdem die richtige Technik und alles, was man brauchen kann, um sicher in den Bergen unterwegs zu sein. Auch mit meiner Schwester Maria war ich viel unterwegs. Anfangs sind wir einfach einer Aufstiegsspur gefolgt, um dann im Gipfelbuch nachzulesen, auf welchem Berg wir heute gelandet sind. Mittlerweile gehe ich meist allein los, aber irgendjemanden treffe ich in den Bergen so gut wie immer. Mir unbekannte Touren probiere ich allein natürlich nicht aus.

Weil du es gerade ansprichst: Wie hältst du es generell mit dem Thema Lawinengefahr?
Das ist natürlich auf jeden Fall ernst zu nehmen, ich gehe nicht außer Haus, ohne den Lawinenlagebericht studiert zu haben. Noch ein Vorteil von mir ist, dass ich die Berge und das Gelände bei mir zu Hause auch vom Sommer her relativ gut kenne und daher ziemlich gut einschätzen kann, wo wie viel Schnee liegt. Unnötiger Gefahr setze ich mich sicher nicht aus. Wenn ich mir unsicher bin, dann riskiere ich nicht unnötige Gipfelsiege. Ich hatte einmal in dem Zusammenhang ein schräges Erlebnis: Ein wirklich schöner Wintertag mit richtig viel Neuschnee, und ich stieg als Erste den Berg hoch. Als ich den Gipfelhang mit überhängenden Schneewechten gesehen habe, war mir klar: Hier ist Schluss. Ich zog also meine Felle ab – da kamen keuchend Touristen in meiner Spur daher und murrten, warum ich nicht weiter meine Spur ziehe und ihnen jetzt den Gipfelsieg verwehre. Da war ich ziemlich perplex, als ich das hörte.

Positive Erlebnisse überwiegen trotzdem, nehme ich an. Gibt es eines, das du bestimmt nicht vergisst?
Na ja, kein bestimmtes; ich geniesse einfach die Ruhe und ich liebe es, eine Aufstiegsspur anzulegen und ihr meinen Charakter zu geben. Bei Neuschnee bin ich einfach etwas früher als alle anderen unterwegs, um die erste Spur auf den Berg zu ziehen. Das ist schon jedesmal etwas ganz Spezielles, das es in anderen Sportarten so nicht gibt.

Spot: Mountainbiken in den Tiroler Alpen


Als welchen Materialtyp würdest du dich beschreiben? Hauptsache leicht – wie beim Mountainbiken?

Nein, es reicht mir, wenn mein Ghost-Bike ein Fliegengewicht ist. Ich bin bestimmt nicht der Leichtbautyp. Ich mache meine Touren ja zwecks des Trainings und da darf es gerne etwas schwerer sein; das erhöht den Effekt und dazu kommt dann noch der größere Spaßfaktor in den Abfahrten.

Zum Schluss: Ist für dich als Wettkampftyp die Skibergsteiger-Renn­szene irgendwann einmal ein Thema?
Ich denke, es reicht mir derzeit, im Sommer Wettkämpfe zu haben – den Winter nütze ich einfach lieber, um gut zu trainieren.

MTB-Pro Lisi Osl im Interview / Bild: privat

Lisi Osl, 30, aus Kirchberg (Tirol)

Meine Lieblingstouren:
  1. Auf den Floch: Die Tour startet in Aschau im Spertental. Mein absoluter Lieblingsberg!
  2. Übers Gerstinger Joch zum Tanzkogel – wieder von Aschau aus. Vor allem im Frühling ist diese Tour ein Geheimtipp.
  3. Aufs Kröndlhorn: Ausgangspunkt ist das Steinberghaus im Windautal. Das Kröndlhorn mit seinen 2.444 m ist einer der höchsten – und schönsten – Berge der Kitzbüheler Alpen.

Web: www.lisi-osl.com


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