Rucksäcke sind praktische Helfer im Alltag, sorgen aber auch am Berg und bei Wanderungen dafür, dass all unser situationsbezogen wichtigster Besitz stets in Reichweite bleibt.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer


Nach dem schweißtreibenden Anstieg ein trockenes Shirt, vor dem überraschenden Schlechtwettereinbruch die regenfeste Hardshelljacke und wärmende Daune für die Gipfelrast. Dazu dann noch Jause, Wasser, Erste-Hilfe-Set, Fernglas und Fotoapparat, vielleicht gar Schlafsack und Zelt. Rucksäcke sind schon sehr praktische Gesellen, machen es möglich all jenes, das wir am Berg oder auf Tour – gerne auch über Tage und Wochen – brauchen, stets an der Frau oder am Mann zu tragen.

Das Geheimnis hinter der gelungenen Symbiose aus Rucksack und Mensch? Nimm das Überflüssige erst gar nicht mit! Unnötiger Ballast macht uns schon den Alltag schwer – draußen in der Natur wird er gleich doppelt lästig, wiegt schwer auf den Schultern und schmälert das Gefühl unbeschwerter Freiheit. Weil die Grenze zwischen überflüssig und essenziell aber mitunter verschwimmen, ihre Grenzsteinsetzung stark von Gelände, geplanter Dauer, dem jeweiligen Vorhaben und auch von Jahreszeit und Wetter abhängig ist, gibt es bei der Wahl des idealen Rucksacks so einiges zu beachten. Grund genug, um bei Experten Rat zu suchen. Gefunden haben wir diesen bei Daniel Bürkle von Deuter und Tobias Maletz von Ortovox.

Ein Rucksack muss passen
Egal ob für alpine Hochtouren, für Tageswanderungen mit Kind und Kegel oder mehrtägige Trekking­abenteuer: Mit zunehmender Last werden Passform und Tragesystem immer wichtiger. „Ein Rucksack muss auf jeden Fall kompakt am Körper sitzen, damit die Last einerseits gut getragen, andererseits auch gut kontrolliert werden kann (Stichwort Gleichgewicht). Je nach angedachtem Einsatzbereich kommen dann verschiedene Tragesysteme zum Einsatz, je größer der Rucksack und je schwerer die Last, desto wichtiger wird hier ein steifes System“, weiß Maletz. 

Wichtig für den Tragekomfort ist auch die Polsterung sowie das Belüftungssystem. Gute Luftzirkulation zwischen Rücken und Rucksack sorgt für angenehmes Körperklima, das System muss aber auch zum Terrain passen. Bürkles Grundsatz: „Je steiler man geht, desto näher muss der Rucksack zum Rücken, je flacher und länger man wandert oder trekkt, desto besser kann der Rucksack belüftet sein.“ Ebenfalls wichtig für die perfekte Passform ist die richtige Rückenlänge. Spezielle Damenmodelle sind auf die weibliche Anatomie abgestimmt, machen sich aber durchaus auch gut an schmal gebauten Männern mit langen Beinen und kürzerem Oberkörper. Diese Modelle liegen in der Regel im Volumen etwas unter der regulären Größe und zeichnen sich durch einen kürzeren Rücken, schmalere Schulterträger und konisch geformte Hüftflossen aus.

Sechs Schritte zur perfekten Passform
Im ersten Schritt sollte man den Rucksack zur Anprobe mit realistischem Gewicht packen. Gute Shops haben dazu eigene Packsäcke mit unterschiedlichen Gewichten. Mit sämtlichen Riemen gelockert, wird der Rucksack geschultert. Als Nächstes werden die Hüftflossen auf Höhe des Hüftkamms platziert und geschlossen. Zu hoch und der Gurt schnürt den Bauch ein – zu tief und die Flossen scheuern beim Gehen an den Leisten. Anschließend werden die Schulterträger (nicht zu stramm) festgezogen. Die Hauptlast sollte dabei am Hüftgurt bleiben. Idealerweise liegt der Schulterträgeransatz zwischen den Schulterblättern (Rückenlänge beachten). 

Ist die passende Rückenlänge gefunden, sollte der höhenverstellbare Brustgurt auf Brusthöhe eingestellt werden. Wenn vorhanden, lässt sich final noch der Kontakt zwischen Rücken und Rucksack mittels Stabilisierungsriemen an Hüfte und Schultern adaptieren. Beim Packen selbst, so Maletz, gilt die Grundregel, schwere Lasten möglichst nah am Rücken zu platzieren. So kann das Gewicht leichter ausbalanciert werden und man hat in schwierigem Terrain mehr Kontrolle über seine Bewegungen.

Größenwahl
Für gemütliche Tagestouren und Almwanderungen rät Maletz zu maximal 20 Litern – das ist genug für die benötigte Ausrüstung, hilft dabei Unnötiges zu Hause zu lassen und Gewicht zu sparen. Muss auch für Kinder gepackt werden, sollte der Rucksack aber wachsen. Bei Mehrtagestouren empfiehlt Bürkle Modelle um die 40 Liter. Zwar kann man mit kompakter Kleidung und asketischer Ausrüstung auch mit 30 Litern auskommen, die spezifischen Tragesysteme sprechen aber für die größeren Modelle. Umso länger die Tour und umso anspruchsvoller das Terrain und die Witterungsbedingungen, desto mehr Volumen ist gefragt. Hier ist individuelle Beratung Trumpf. Ebenfalls um die 30 bis 40 Liter liegt die perfekte Größe für Hochtouren, der Unterschied liegt hier in den Features.

Features & Varianten
Neben Einsatzbereich und Größe finden sich auch unterschiedliche „Zugangsvarianten“ zum Hauptfach am Markt, wie Maletz erklärt. Toploader mit Rolltop eignen sich besonders für Schlechtwetter. Modelle mit Rückenzugang sind ideal für Wintersportaktivitäten, da der Rucksack geöffnet werden kann, ohne dass der Rückenteil im Schnee landet. Großzügige Reißverschlüsse am Hauptfach hingegen ermöglichen eine gute Übersicht über den Rucksackinhalt. Modelle mit Kordel und Deckeltasche lassen sich am besten „überladen“ – es passt also immer alles an den Rucksack, was mitgenommen werden soll.

Welche Features ein Rucksack neben dem Tragesystem und der „Zugangsvariante“ haben sollte, hängt stark vom Einsatzzweck ab. Vielfach sind heute Vorbereitungen für Trinksysteme Standard, lässt sich für Tagestouren eine Trinkflasche im Außennetz fixieren, ist das kein Nachteil. Auf Mehrtagestouren ist es vorteilhaft, Gepäckunterteilungen für frische und gebrauchte Wäsche oder den Schlafsack zu haben, am Klettersteig oder auf Hochtouren sind Helmhalterungen sehr praktisch, eine Seil- oder Pickelbefestigung ist auf Zweiteren ein Muss.
 
Wer sich häufig in widrigen Bedingungen wiederfindet, für den sind durchaus auch wasserdichte Modelle eine Überlegung wert. Bei der klassischen Regenhülle sollte man auf eine ordentliche Befestigungsmöglichkeit achten. Ausrüstung, die keinesfalls nass werden darf, sollte man, so Maletz, zusätzlich in einen wasserdichten Packsack stecken.