Back to the roots! Immer mehr Menschen nutzen den ­Campingplatz für einen im wahrsten Sinn des Wortes ­bodenständigen Urlaub. Und zwar nicht als gemütlichen mobilen „Schrebergarten“, sondern als naturnahen ­Ausgangspunkt für sportliche Aktivitäten. Ein Trend, auf den nun immer mehr Campingplatzbetreiber als Anbieter von verschiedensten Outdoor-Aktivitäten aufspringen.  

Thomas Polzer
Thomas Polzer

Morgens um 7.30 Uhr steht Norbert Schluga jun. schon in voller MTB-Montur vor der Campingplatz-Rezeption, begrüßt munter ein Dutzend Campinggäste, die sich für die MTB-Einsteiger-Tour angemeldet haben. Familien mit Kindern, aber auch Pärchen und Singles wollen mit dem ortskundigen Biker die umliegende Gegend entdecken, zugleich aber auch einiges über die richtige MTB-Technik von einem lernen, der den Sport liebt und beherrscht. Rund drei Stunden dauert die Familientour über 18 km und 400 Höhenmeter, „da läuft dann nicht nur ordentlich der Schmäh“, sagt Norbert Schluga, „es entsteht auch eine Nähe mit den Gästen, manchmal auch Freundschaften. Die Leute kommen zufrieden zum Campingplatz zurück, haben was gelernt fürs Mountainbiken und die Natur genossen“.

Norbert Schluga jun. führt die beiden Kärntner Campingplätze „Schluga-­Camping“ in Hermagor und am Pressegger See mit ca. 3500 Personen am Platz bereits in dritter Generation. Zwei Plätze, die immer schon für sportliche Camper ausgerichtet waren, bereits der Großvater hatte ab den Sechzigern mit Gästen hochalpine Wandertouren gemacht und in den Achtzigern die ersten MTB-Touren angeboten. „Damit war er sicher ganz früh Vorreiter für einen Trend, der sich in den letzten Jahren extrem verstärkt hat: Immer mehr Camper wollen sportlich aktiv ihren Urlaub verbringen. Ein Großteil unserer Gäste ist unternehmungslustig, sucht die Bewegung und zugleich die Erholung in der Natur“, sagt Norbert Schluga, der bei den angebotenen Aktivitäten wie Wandern, Bersteigen, Radfahren, ­E-Bike-Fahren, MTB-Touren in verschiedensten Leistungslevels immer mehr Teilnehmer zählt.

Aber auch am Campingplatz selbst kann sich das wöchentliche Sportprogramm – mit Badminton-, Tischtennis- und Fußballturnieren, Beachvolleyball, Bogenschießen, Aquafitness, SUP etc. mit jedem 4-Sterne-Sporthotel messen und über die Infrastruktur mit Hallenbad, Naturschwimmteich, vier Saunen, Massage, Dampfbad wird alles geboten was das sportliche Herz zur Regeneration und Erholung braucht. Samt Kinderbetreuung, damit die Eltern auch mal allein eine Bergtour genießen können. Neben solchen aktiv von den Betreibern „bespielten“ Campingplätzen dominiert eine zweite klare Philosophie die Branche, wie sie etwa „Camping Sölden“ praktiziert: Den Sportplatz gestalten die Natur und die örtlichen Bergbahnen – der Campingplatz liefert dazu die perfekte Infrastruktur. „Wir sind ein kleiner Campingplatz“, sagt Geschäftsführer Lukas Kneisl, „wir wollen und können keine eigenen Guides anbieten. Aber wir sind seit über 30 Jahren für Aktivcamper ein ideales Basislager, mit einer 85 m² großen Indoor-Kletterwand, einem videoüberwachten Bike- raum samt Werkstatt, einer Trailmap mit allen Biketrails und Forstwegen. Sogar ein Tierpflegeraum mit Hundedusche und eine Bikewaschstation, die bei den Bikern großen Anklang findet, fehlen nicht im Angebot, ebenso wie Fitnessraum und Wellnessbereich.“

Vor allem die Bike-Community schätzt dieses exklusive und dennoch naturbelassene Rundum-Paket am Campingplatz immer mehr, „die Mountainbiker bevölkern mittlerweile auch immer stärker die Vor- und Nachsaison“, sagt Lukas Kneisl, der natürlich wie viele Campingplatzbetreiber in Sachen Verleih mit dem Sporthandel vor Ort zusammenarbeitet.

Camping Sölden oder Schluga Camping sind nur zwei bezeichnende Beispiele von vielen, wie sich die Campingplatzbetreiber in den letzten Jahren speziell auf die immer größer werdende Klientel der Aktivurlauber eingerichtet haben – und die Angebote auch immer stärker frequentiert werden. „Das Camping, einst als Arme-Leute-Urlaub angesehen, ist in den letzten Jahren salonfähig geworden und wird jetzt als echte Alternative ­zum üblichen Urlaub angesehen“, weiß man etwa bei Sport Camping Woferlgut in Zell am See „Dementsprechend haben sich auch die Campingplätze weiterentwickelt, manche ­Betriebe stehen den 4- und 5-Sterne-­Hotels in nichts mehr nach.“ Trotzdem weiß etwa Norbert Schluga, „dass Camping nach wie vor etwa in der Hotelbranche nicht ganz ernst genommen wird, und das, obwohl wir mit Abstand die meisten Übernachtungen in unserer Region haben!“

Für den Tourismus jedenfalls ist der Campinggast längst ein wichtiger Faktor und zwar in all seinen Facetten: Vom eigenen Van über das gemietete Wohnmobil bis zum einfachen Zelt sucht sich der Campingurlauber je nach Budget und Vorliebe seine individuelle Unterkunft aus. „Damit werden verschiedenste Zielgruppen erreicht“, sagt Thomas Mehlmauer, Präsident des Camping Clubs Österreich, „aber eines gilt aus meiner Sicht für alle Camper: Sie sind freiheitsliebend, naturverbunden – und sie sind gesellige Menschen.“

Claudia Riebler von der Österreich Werbung kann den Campingtrend auch mit Zahlen belegen: „In diesem Jahr merken wir ja einen klaren Anstieg von Camping-Neueinsteigern. Aber schon in ,normalen‘ Jahren nächtigen fünf Prozent unserer Gäste im Sommer am Campingplatz. Mit Tagesausgaben von 117 Euro liegt der durchschnittliche Campinggast deutlich unter dem Durchschnitt aller Urlauber mit 163 Euro. Das liegt primär an den geringeren Kosten für die Unterkunft.“ Zugleich zeigt eine Gästebefragung, dass Campingurlauber generell sportlich aktiver sind als die Durchschnittsurlauber. „Besonders deutlich wird das beim Thema Rad: 34 Prozent aller Campinggäste fahren im Urlaub Rad, 14 Prozent Mountainbike. Und auch bei anderen sportlichen Aktivitäten wie Wandern, Klettern, Wassersport etc. sind die Campingurlauber deutlich überrepräsentiert.“

„Camping war noch nie so beliebt wie heute, es wird auch immer mehr als hochwertiger Urlaub angesehen. Zugleich sucht der  Campinggast immer stärker die sportlichen Aktivitäten in der Natur!“ So kann man in aller Kürze unsere Umfrage unter allen Landestouristikern zusammenfassen.  Was sicher auch der Coronakrise geschuldet ist: Camping ist eine autonome Urlaubsmöglichkeit mit genügend Abstand, „Social Distancing“ ist bei Stellplätzen mit 100 m² und mehr kein Problem. Wahrnehmung der und Bewegung in der Natur wurden durch Covid-19 für viele Menschen plötzlich sehr wichtig und haben dem Trend zum Campingurlaub einen zusätzlichen Turbo verliehen. 

Nicht zuletzt aber deckt sich das Campieren mit dem neuen Lebensstil, der sich in diesen Zeiten bei immer mehr Menschen durchsetzt: Sie wollen bedachter und achtsamer umgehen mit der Natur ihrer Heimat und ausgerichtet sein auf Nachhaltigkeit und Gelassenheit. Der Aktiv-Campingurlaub ist eine  perfekte Gelegenheit, um damit zu beginnen!