Neben gepflegten Loipen und Traumlandschaften gibt es in jeder nordischen Region eine Langlaufschule und kompetente Coaches. Solche im Urlaub einmal zu besuchen, empfehlen wir hier. Weil der Lerneffekt in kurzer Zeit für fast alle Könnerstufen richtig groß ist.

Christof Domenig
Christof Domenig

Eine technisch anspruchsvolle Sportart wie Langlaufen lernt man am besten von der Pike auf mit einem guten Trainer. Aber wenn das nicht passiert ist und man sich vielleicht schon jahrelang mehr oder weniger lustvoll über die Loipen bewegt? Solche Fälle sind mehr die Regel als die Ausnahme, wissen unsere Experten, die wir für diese Story konsultiert haben – Reini Kaurzinek, Trainer aus dem Langlauf-­Mekka Ramsau, Wolfgang Wernitznig vom Weissensee und Matjaž Stare aus der slowenischen Region Bohinj in den Julischen Alpen. „Viele haben es autodidaktisch gelernt, vom Fernsehen abgeschaut. Vor allem das Skaten“, weiß Wernitznig. „Klassisch Langlaufen wie Skating sind beides hochtechnische Sportarten. Ich kaufe mir eine Ausrüstung, ein Loipenticket und fange zu tigern an – das wird nicht funktionieren“, ­formuliert es Reini Kaurzinek. ­Präziser: „Man wird bald an seine Grenzen stoßen. Ohne richtige Technikkenntnis ist ein Riesen-­Kraftaufwand notwendig und man wird sich immer schwertun.“

Und es ist auch keine Seltenheit, dass Hobbyathleten sogar Volkslangläufe bestreiten – aber sich dennoch mangels erlernter Technik deutlich mehr plagen als notwendig, weiß Wernitznig: „Oft kommen die Leute, weil sie merken, dass sie bei Marathons bergauf von anderen überholt werden, mit denen sie in der Ebene mitkommen oder die deutlich schwerer sind. Wir haben das oft bei starken Athleten in Sommersportarten wie Radfahrern, Mountainbikern, Läufern, die ihr Herz-Kreislauf-Vermögen nicht auf die Ski umsetzen können, weil die Technik fehlt. In der Ebene geht es vielleicht, weil du es mit Schieben oder einer besseren Ausdauer kompensieren kannst. Aber sobald es bergauf geht, hast du ohne richtige Technik gar keine Chance.“ 

Spätestens bergauf trennt sich technisch also die Spreu vom Weizen. Typischerweise, sagt Reini Kaurzinek, orientiert sich auch hier der Hobbysportler an den Weltcup-Fernsehbildern. „Beim Bergauf-Skaten muss ich versuchen, die Ski breitwinkeliger zu stellen und die Frequenz zu erhöhen. Der Hauptgrund, warum das manchen Hobbyläufern schwerfällt, ist, dass sie pro Schritt zu viel Raumgewinn machen, zu weit vorsteigen. Und das machen sie deshalb, weil sie es  beim Rennlauf sehen, wie die super­austrainierten Profis springend Raum gewinnen.“ Klar, dass das beim Hobbyläufer mit ganz anderer körperlicher und technischer Voraussetzung nicht funktioniert! 

Kurs oder Privatstunde?
Gute Gründe also nicht nur für die Einsteiger, sondern auch für Fortgeschrittene, einmal in eine Langlaufschule zu gehen. Am besten ist es überhaupt, wenn man schon die allerersten Schritte in der Loipe mit einer Handvoll Trainerstunden unternimmt, weil man so technisch von Anfang an in die richtige Spur kommt. Einsteigerkurse  in kleinen Gruppen werden überall angeboten. Und nach denen hat man schon das Rüstzeug, um selber sinnvoll weiterzulernen. 

Etwas schwieriger ist es, wenn man schon autodidaktisch eine falsche Technik eingelernt hat – die „Selbergeschnitzten“, wie Kaurzinek solche Läufer nennt. Aber auch das lässt sich aufbrechen. Da komme es aber auch stark auf den Trainer an, sagt der Ramsauer: „Es muss jemand sein, der das Auge dafür hat, wo der Hebel anzusetzen ist. Die zweite Seite ist, dass der Teilnehmer sagt: Ja, ich möchte wirklich daran arbeiten.“

Auf jeden Fall, sind sich unsere Experten einig, ist auf fortgeschrittenem Niveau eine private Trainerstunde die bessere Wahl als ein Fortgeschrittenenkurs, wo sich oft Teilnehmende mit sehr unterschiedlichem Niveau treffen. In zwei Doppelstunden mit Trainer sei meist schon viel weiterzubringen, weiß Kaurzinek. Wenn man dann den Rest einer Urlaubswoche das Gelernte selbstständig übt und am Ende den Coach noch einmal drüberschauen lässt, ob alles in die richtige Richtung geht, dann sei man auf einem guten Weg. Und die Kosten des Einzelcoachings halten sich, weil es eben effektiver ist, mit denen eines ganzen Kurses die Waage.
 

Typische Technikfehler
Um die Botschaft noch zu verdeutlichen: Was sind typische Technikfehler, die nordischen Hobbyathleten passieren? „Beim Langlaufen spielt das Gleichgewicht eine wichtige Rolle, um die Technik und Bewegungsabläufe gut umzusetzen. Bei beiden Techniken kommt es stark auf die Gewichtsverlagerung von einem Bein auf das andere an, was ein gutes Gleichgewicht erfordert, um die Gleitphase auszunutzen“, erklärt Matjaž Stare – und genau an diesen Basics fehlt es meist schon. 

Wolfgang Wernitznig erklärt es so: Typische Fehler liegen im „Körperschwerpunktwechsel, egal ob bei klassischer Technik oder im Skating, und im Finden der perfekten Gleitposition. 

90 Prozent der Läufer haben hier speziell im Skating großen Verbesserungsbedarf. Unabhängig von der Technik – ob symmetrisch oder asymmetrisch. Das ist einfach die Grundtechnik. Erst wenn ich die Position am Ski habe, kann ich mich wirklich auf die einzelnen Laufstile und die Techniken konzentrieren.“ Wernitznigs Übungstipp: „Einfach versuchen auf einem Ski zu gleiten. Ob klassisch oder beim Skaten – sich an das Gefühl, über den Schnee zu gleiten, herantasten, ein Gleichgewichtstraining am Ski zu machen.“

Reini Kaurzinek geht mit seinen Beispielen noch etwas mehr in die Tiefe. Für klassische Lang­läufer: „Die, die sich ihre Grundtechnik selber schnitzen, wissen meist nicht, wie sie in die Entlastungsphase der Bewegung kommen. Sie sind mit dem Gesäß viel zu weit hinten und führen eine Bewegung aus, die man in den Bereich Skiwandern einordnen kann.“ Stattdessen sollte es so funktionieren: „Aus dem Fußballen erfolgt der Abstoß und dann versuche ich, Becken und Oberkörper nach vor zu bringen und auf einem Bein zu gleiten. Das ist der entscheidende Schritt vom Loipenwanderer zum Langläufer – wo ich dann die Voraussetzung habe, die Entlastungsphase einzubringen: Während das vordere Bein gleitet, ist das hintere Bein in der Entlastungsphase. Wenn ich das aber nicht schaffe, bin ich ständig mit dem vorderen und hinteren Bein gleichzeitig unter Belastung. Die Bewegung kann somit nie ökonomisch sein.“

Und ein Beispiel vom Skating: „Typisch für die ‚Selbergeschnitzten‘ ist zu starkes Arbeiten mit der Armkraft – weil sie nicht zuerst die Beinarbeit gelernt haben. Die Beine sind aber immer der Hauptmotor. Es geht darum, in der Pendelbewegung die Ski zum Gleiten zu bringen.“ Überhaupt, erklärt Reini Kaurzinek auch, wird die Schwungenergie von Hobbylangläufern sehr selten wirklich genutzt. Vieles im Langlaufen sei einfach Physik – aber keine unerreichbare Wissenschaft. Wenn man die passenden Tipps vom Trainer erhält.

Ohne richtige Technikkenntnis ist ein Riesen-Kraftaufwand nötig und man wird sich immer schwertun.

Lernen mit Freude
Drei Argumente noch neben dem unbestreitbaren Nutzen, den ein Besuch in einer Langlaufschule hat. Punkt eins: Die Experten werfen auch einen Blick aufs Material und schauen, ob dort alles passt. Gerade bei den klassischen Fellskiern kann es leicht vorkommen, dass der Ski nicht ideal passt, so Kaurzinek, weil der Gewichtsbereich, der bei den Skiern angegeben ist, oft ein recht weiter ist. Sein Tipp gerade für Einsteiger: Ski erst leihen und ausprobieren. Oder beim Kauf ein Umtauschrecht vereinbaren. 

Zweiter Punkt: „Der Vorteil von Mehrtageskursen besteht darin, dass die Skivorbereitung, also das Wachsen der Ski in den Kurs einbezogen werden kann“, sagt Matjaž Stare. Und auch wenn wir vorhin die Privatcoachings empfohlen haben, gibt es gerade für Einstieger auch gute Argumente für das Lernen in der Gruppe: „Gruppenkurse sind auch deshalb interessant, weil spielerische Lernformen wie Staffel- oder Wettkampfspiele mit einbezogen werden können“, so Stare.

Und dritter Punkt: Es macht einfach Spaß – im Kurs. Vor allem, wenn man einen Langlaufcoach hat, der seinen Sport mit Emotion, Leidenschaft und Euphorie vorlebt, wie Kaurzinek es ausdrückt. Und auch danach macht es Spaß: wenn man mit dem technischen Rüstzeug ausgestattet (und entsprechender Übung) viel lockerer durch die Winterlandschaft gleitet. Quasi schweben statt quälen.  

Wolfgang Wernitznig
Wolfgang Wernitznig

ist ehemaliger Leistungs-­Langläufer und Betreiber der Sportschule „Weißensee ­Aktiv“ im Kärntner Langlauf-Eldorado der Weißensee-Region.

WEB: www.weissensee-aktiv.comwww.weissensee.com

Reini Kaurzinek

Leiter der Langlaufschule „fit & fun“ in Ramsau am Dachstein (Steiermark).

WEB: langlauf.co.at, www.schladming-dachstein.at
 

Dr. Matjaž Stare

Winter-Entwicklungskoordinator in der Region Bohinj (Slowenien) in den Julischen Alpen.

WEB: www.julian-alps.com