Es ist „in", tagelang und über weite Strecken zu wandern. Die Sehnsüchte, die zum Aufbrechen motivieren, sind vielfältig – wie auch die Angebote, die dazu forciert werden. Und die die „alte" Weitwanderszene verändern.


Neu? Nein, neu ist das Weitwandern nicht. Tatsächlich noch jung ist aber, dass man komfortables Weitwandern auf breiter Basis buchen kann – Quartier, Gepäcktransport und Rundum-Services wie Transfers inklusive. Sicher zu wissen, in welcher Unterkunft man die Nächte zwischen den Wander­etappen schlafen wird, ist für viele neue Weitwanderer zentral.

Die Anzahl derer, die mit Zelt und Schlafsack unter freiem Himmel nächtigen, ist vergleichsweise klein. Wer vor hat, im Freien zu übernachten, muss auch wissen, dass das (in unseren Gefilden) der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf. Hat man eine solche, dann verspricht das Schlafen unterm Sternenhimmel Freiheitsgefühle reinster Form. Zumindest wird das von vielen eingefleischten Weitwanderern so empfunden. Stetig steigender Beliebtheit erfreuen sich mittlerweile die Wege, auf denen das Weitwandern als Gesamtpaket buchbar ist. „Wir haben 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent mehr Interessenten", berichtet beispielsweise Sieghard Preis, Chef des Portals www.weitwanderwege.com.

WEITWANDERN MAL DREI
Eindeutig definiert ist Weitwandern nicht. Zwischen Mehrtagestouren (3 bis 5 Etappen), Weitwanderwegen (6 bis 30 Etappen) und Fernwanderwegen (ab 31 Etappen) unterscheiden etwa die Betreiber. Für Einsteiger und Schnupperer sind vor allem einige der Mehrtagestouren ideal. Wichtig für Einsteiger ist, nicht zu ambitioniert zu sein. Oft und gerne zu wandern, ist nur eine Facette. Denn, wenn man eine geplante Etappe auch tatsächlich bewältigen „muss", dann ist es doch anders, wie wenn man einfach nur im Urlaub täglich wandert. Bei einer leichteren Mehrtagestour selbst herauszufinden, ob es einem behagt, ist empfehlenswert. „Nicht zu unterschätzen ist, dass es auf zahlreichen der Weitwanderwege hinauf bis ins hochalpine Gelände geht", rät Eckart Mandler, Gründer der Wanderhotels best alpine, „die geplanten Strecken gründlich zu prüfen".

Auf echten Weit- und Fernwanderwegen sind meist routinierte Mehrtageswanderer unterwegs. Fernwanderwege in ihrer gesamten Länge am Stück zu absolvieren, soll wirklich sehr gut Trainierten überlassen werden. Wer die verschiedenen Wege in Teilen kennenlernen will, kann in der Regel auch einzelne Etappen herausgreifen und diese als Tagestouren genießen.

WARUM DIE FERNE LOCKT
Die Motive, zu einer Weitwanderung aufzubrechen, sind sehr unterschiedlich, meinen Experten: „Unbekannte Landschaften kennenzulernen; Freude am Gehen; der Leistungswille, längere Strecken zu bewältigen, durchzuhalten und einfach aus dem Rucksack zu leben", nennt etwa der deutsche Natursoziologe Rainer Brämer, der als „Wanderpapst" gilt. „Auf Zeit auszusteigen, abzuschalten und den Kopf frei zu bekommen. Aber auch Umbrüche im persönlichen Leben, beispielsweise Krankheit, Scheidung oder Jobverlust", das sind, laut Eckart Mandler, ebenfalls häufige Auslöser, um weitzuwandern. „Einen Gegen-Alltag zu erleben. Sich selbst etwas Gutes zu tun, weil man wandert. Sportlich Großes zu leisten und echte Abenteuer zu erleben" – darin sieht Sieghard Preis zentrale Beweggründe. „Den alten Nomaden in uns zu entdecken, indem man längere Zeit in der Natur unterwegs ist", spielt seiner Meinung nach auch eine Rolle.

TREND ZUR QUALITÄT
Es gibt eine Vielzahl empfehlenswerter Weitwanderwege. Und doch wird der Begriff „Weitwanderweg" manchmal auch abseits dessen, was man sich davon erwartet, verwendet. Es erspart deshalb Enttäuschungen, wenn man vorab den jeweiligen Weg samt gewünschtem Serviceangebot hinterfragt. „In Österreich, aber auch international sehen wir, dass Komfort-Weitwanderangebote mehr werden. Statt in Hütten zu übernachten, werden Pensionen, Gasthöfe oder gleich Hotels angeboten", berichtet Eckart Mandler.

„Die Wege, die auf das größte Gästeinteresse stoßen, sind solche, die verschiedenste Packages ab drei Nächten anbieten, wobei jede Nacht woanders geschlafen wird", meint Sieghard Preis. Was auch auffällt: „Der Wunsch nach Gepäcktransfers ist groß. Das zeigt etwa der Erfolg des KAT Walk in den Kitzbüheler Alpen, wo unter anderem auch dieses Service sehr gut funktioniert", weiß der Wanderexperte. Als Faustregel beim Gepäck gilt: Bei sanfteren, gemütlicheren Touren mit Übernachtungsstationen im Tal wird Gepäcktransport fast immer geboten – auch, um die Einstiegsschwelle noch weiter zu senken. Je mehr es in Richtung echtes Höhen-Trekking und Übernachten oben am Berg geht, desto eher ist man gefordert, selbst mitzutragen, was man benötigt. „Beim Ötztal-Trek fragt niemand nach Gepäcktransport, denn klassische Weitwanderer haben am liebsten alles selbst mit dabei", zeigt laut Preis die Erfahrung. Zusätzlich zu Unterkunft und Gepäcktransport gibt es weitere Qualitätsaspekte, die in guten Angeboten professionell gelöst sind.

Die Pflege der Wege und zu kontrollieren, dass die Markierungen durchgängig vorhanden sind, ist ein Faktor. Noch wichtiger ist eine sehr kompetente Informations-Anlaufstelle. „Wie kann ich Etappen variieren? Wo kann ich dann übernachten? Wer führt mich zum Ausgangspunkt und wer macht den Gepäcktransport? An wen kann ich mich wenden, wenn mir etwas passiert oder ich abbrechen muss?" Das sind laut Eckart Mandler Fragen, die professionelle Weitwander-Infostellen beantworten können.

WEGE WEIT VERBREITET
Man muss nicht automatisch in die Alpen, um in Österreich und den umgebenden Ländern eine Weitwanderung zu absolvieren. Es gibt sie fast überall im Land, die Weitwanderwege. Der Thayatalweg in Niederösterreich ist ein Beispiel dafür. Besonders bekannt sind die teils schon historischen Wege entlang alpiner Gebirgskämme, etwa der Karnische Höhenweg (Osttirol & Kärnten), der Berliner Höhenweg im Tiroler Zillertal oder 3-Länder-Alpenüberquerungen, etwa von München nach Venedig oder von Oberstdorf nach Triest. Noch mehr Wege haben wir – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – in den Kästen aufgelistet. Da findet jeder seinen Favoriten. Egal, warum und wie man am liebsten in die Ferne wandert.

MEHRTAGESTOUREN
(2 bis 5 Etappen)
  • Schladminger Höhenweg: 5 Etappen, 45,7 km; in den Schladminger Tauern (St)
  • Rund um die Bischofsmütze: (3 Etappen, 36,8 km) im Grenzgebiet Salzburg und Steiermark
  • Ötztal-Trek: 5 Etappen, 32 km im alpinen Gelände
WEITWANDERWEGE
(6 bis 30 Etappen)
  • Donausteig: 23 Etappen, 450 km; von Passau (D) bis nach Grein in Oberösterreich und wieder retour
  • Salzalpensteig: 18 Etappen, 230 km; vom Chiemsee (D) an den Hallstätter See (OÖ)
  • Via Natura: 10 Etappen, 130 km; in der Steiermark mit Ausgangs- und Endpunkt Neumarkt
  • KAT Walk: 6 Etappen, 106 km; durch die Kitzbüheler Alpen (T)
  • Herz-Ass-Weg: 6 Etappen, 99 km; im Villgratental in Osttirol
  • Lechweg: 7 Etappen, 125 km; von der Quelle des Lech nahe St. Anton am Arlberg (T) bis zum Lechfall in Füssen im Allgäu (D)
  • Kalkalpenweg: 11 Etappen, 150 km; aus dem Ennstal (St) durch den Nationalpark Kalkalpen bis ins Tote Gebirge bei Hinterstoder (OÖ)
FERNWANDERWEGE
(ab 31 Etappen)
  • Salzburger Almenweg: 31 Etappen, 350 km; durch die Pongauer Bergwelt über 120 Almen
  • Tiroler Adlerweg: 33 Etappen, 413 km; der Klassiker führt vielfach hochalpin durch ganz Tirol
  • Alpe-Adria-Trail: 43 Etappen, 750 km; vom Großglockner bis zur Adria durch Kärnten, Slowenien und Italien



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