Warum Sitzen das neue Rauchen ist und mit welchen Tipps und Tricks du dich in Bewegung hälst erfährst du hier.

Die Diskussion über die schädlichen Auswirkungen des Sitzens für den menschlichen Körper begann vor rund 10 Jahren. Eigentlich untersuchten australische Forscher die Konsequenzen häufigen TV-Konsums, erzählt Erwin Gollner, Professor und Studiengangsleiter an der FH Burgenland. „Dabei ist herausgekommen, dass eine Fernsehstunde die Lebenserwartung um 22 Minuten reduziert. Das Rauchen einer Zigarette im Vergleich dazu um 11 Minuten.“ Davon ausgehend fand man heraus, dass sich das Sitzen auf drei Arten negativ auswirkt und vor allem durch seine Häufigkeit gefährlich ist.

„Es heißt ja nicht umsonst ‚Bewegungsapparat‘“, sagt Gollner. „Unsere Arbeitswelt ist genauso betroffen wie unser Freizeitverhalten.“ Während in früheren Zeiten körperliche Arbeit dominierte, so sind fast alle von uns heute ständig vor dem Computer oder in Meetings anzutreffen. Die Folgen? Orthopädisch gesehen sind Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und Muskelverkürzungen zu beobachten. Auch die Knochen sind betroffen. Gollner rechnet wegen der steigenden Lebenserwartung mit einem Anstieg der Osteoporose auch bei Männern. Ein weiterer Leidtragender ist der Kreislauf, der nicht angekurbelt wird. Dazu kommen Stresshormone, die auf den Blutdruck wirken. Die schlechte Durchblutung in Kombination mit ungeeigneter Ernährung führt in weiterer Folge zu Herzproblemen. Auch die Psyche bleibt nicht verschont. „Bewegung im Freien tut uns gut, auch durch die Reize in der Natur. Vor dem PC stumpfen unsere Sinne ab. Sport hilft, Stress zu reduzieren. Wer sich zu wenig bewegt, hat damit ein größeres Risiko für psychische Erkrankungen“, fasst Arbeits- und Organisationspsychologe Gollner zusammen. Was empfiehlt der Experte den Büromenschen von heute?

EIN LOB DER PAUSE
„Es lässt sich am Arbeitsplatz einiges machen, etwa mit einer Kombination von Sitz- und Stehpult, mit Sitzbällen und Sitzkeilen. Das Zweite ist: Mehr Bewegung machen, zum Kollegen hingehen, statt ihm ein E-Mail zu schreiben. Der dritte Punkt ist die Pausengestaltung. Wir schauen uns mit der Med Uni Wien derzeit die Wirksamkeit von Pausen mit Bewegung und Entspannung an. Kleine Breaks von ein paar Minuten zwischendurch sind auf jeden Fall möglich und wichtig. Auch der Weg zur Arbeit ist interessant, etwa wenn man zu Fuß geht oder mit dem Rad fährt“, sagt Erwin Gollner. Im Übrigen sieht der Experte hier großen Nachholbedarf in den heimischen Unternehmen. Man befasse sich zwar mit ergonomischen Aspekten des Sitzens, aber das bringe noch keine Verbesserung des Bewegungsverhaltens.

Hier setzt auch Bernd Marl an. Der Sportwissenschaftler und Coach hat einige Übungen zusammengestellt, die sich am Arbeitsplatz umsetzen lassen. „Die Folgen des vielen Sitzens sieht man oft auf den ersten Blick. Leicht vorgebeugter Oberkörper oder Hohlkreuz, beides durch die verkürzten Hüftbeuger. Dazu kommt Kreuzweh. Die Brustwirbelsäule hat oft eine starke Krümmung und die Schultern sind nach vorne gezogen. Es kann ja niemand acht Stunden lang ganz aufrecht sitzen im Büro.“ Bevor man sich in die Kraftkammer stellt, rät Marl zu Mobilisierungsübungen. „Durch die bessere Beweglichkeit findet man wieder zu einer gesunden Haltung. Erst dann machen Kraftübungen Sinn“, meint der Trainer und empfiehlt mindestens drei Mobilisierungseinheiten pro Woche, die nur einige Minuten dauern. „Die Hüfte und die Wirbelsäule bilden ein wichtiges System, das man trainieren sollte, sonst wirkt es sich auf alle möglichen Teile des Körpers aus. Das trifft auch Menschen, die als Ausgleich einseitigen Hobbysport betreiben. Früher oder später kommen da Wehwehchen wie das Amen im Gebet.“

Du möchtest gerne wissen, welche Mobilisations-Übungen im Alltag helfen können?
Hier findest du 5 ganz einfache Übungen