Freiheit und Naturerlebnis, aber nicht ohne Regeln: Was vom Aufsteigen auf gesicherten Routen bis zu sanften Einsteigertouren im freien Gelände zu beachten ist. Plus: 20 Touren, die für Einsteiger passen.
Eine weite Winterlandschaft, unberührte Hänge, der Reiz des freien Geländes – so stellt man sich Skitourengehen gerne vor. Doch gerade beim Einstieg steht zunächst der Wunsch nach einem geschützten Umfeld oft ganz oben. Verständlich, dass viele erste Schritte auf gesicherten Aufstiegsrouten in Skigebieten stattfinden. Dort lassen sich Höhenmeter sammeln, Kondition aufbauen und Grundtechniken üben, ohne sich gleichzeitig mit Lawinengefahr oder Geländeformen auseinandersetzen zu müssen. Doch auch hier gelten Regeln. Bei Weitem nicht jede Piste ist für Skitourengeher freigegeben. Regelungen ändern sich mitunter auch von Saison zu Saison. Bevor man loszieht, steht also „Informieren“ im Pflichtenheft.
Beschilderte, vom Skibetrieb abgetrennte Aufstiegsrouten zu nutzen, macht Sinn. Wo es solche gibt, werden zumeist auch Tourengehertickets angeboten – zu vergleichsweise kleinen Tarifen, die in der Regel Parkplatzgebühr, Nutzung der Aufstiegsspur, Abfahrt auf der Skipiste oder auch das Nutzen der Toiletten inkludieren. „Wir haben gesehen, dass es dafür Bedarf gibt“, erklärt Simon Guggi, Marketingleiter des Snow Space Salzburg. „Aussperren wollten wir nie. Also haben wir gemeinsam mit unseren Partnern Lösungen gesucht.“
Das Ergebnis sind heute mehrere klar markierte Aufstiegsrouten, die am Pistenrand, aber räumlich getrennt verlaufen. „Wir haben sogar eine eigene kleine Pistenraupe angeschafft, um diese Routen täglich zu präparieren. So ist es ein sicheres Erlebnis – ohne dass man sich Gedanken über Lawinengefahr oder alpine Risiken machen muss.“ Skitourentickets gibt es als Tages- oder Saisontickets.
Ein Punkt, der laut Simon Guggi besonders wichtig ist: das Beachten der Betriebszeiten. „Es klingt verlockend, in der Früh oder am Abend noch schnell aufzusteigen. Aber sobald die Pistenraupen mit Stahlseilen im Einsatz sind, ist das lebensgefährlich. Diese Gefahr ist für den normalen Gast kaum erkennbar, deshalb müssen wir immer wieder erklären: Pistenschluss heißt, dass man um 18 Uhr im Tal ist.“ Tourengeherabende, wie sie in anderen Regionen angeboten werden, gibt es hier bewusst nicht – die Zeit wird fürs Präparieren und Aushärten der Pisten benötigt.
An Spitzentagen zählt der Snow Space rund 400 Skitourengeher – zum Vergleich: Bei bis zu 28.000 Alpinski-Gästen. „Rein wirtschaftlich würde sich das isoliert betrachtet nicht rechnen“, sagt Guggi. „Aber es geht darum, eine legale und sichere Möglichkeit zu bieten.“ Viele Gäste sind ohnehin in beiden Welten unterwegs – einmal mit den Tourenskiern, ein anderes Mal mit Alpinski.
Sanfter Umstieg ins Gelände
Wer nach einiger Zeit Lust bekommt, ins freie Gelände zu wechseln, merkt bald: Hier beginnt eine andere Dimension des Sports. Während die Aufstiegsrouten ein gutes Training sind, eröffnet das Gelände ein Naturerlebnis, das deutlich intensiver wirkt. Doch gerade dieser Schritt erfordert Aufmerksamkeit. Skitouren-Einsteiger-Events wie die „Lechtaler Skitourentage“ in Tirol sind eine gute Wahl. Einer der Experten dort ist der Berg- und Skiführer Hubertus Lindner. „Pistentouren sind für Einsteiger ein Geschenk“, sagt er. „Man braucht dort keine Expertise in Lawinenkunde und kann das Gehen und Fahren trainieren. Aber sobald man das gesicherte Terrain verlässt, ist es eine Risikosportart.“
Als Zwischenstufe empfiehlt Lindner „Wald- und Wiesen-Skitouren“ im sanften Gelände, unter 30 Grad Neigung, oft durch Wald oder über freie Wiesen. „Dort kann man Spitzkehren üben, das Gehen mit dem Rucksack und die Bewegungskoordination trainieren. Gleichzeitig erlebt man schon, wie es ist, abseits der Piste unterwegs zu sein. Eine ‚pure‘ Skitour mit steilen Hängen wäre für die meisten Anfänger eine Überforderung.“
Sobald es ins Gelände geht, gehört die Lawinenausrüstung dazu – und der Umgang damit will gelernt sein. Mit Guide unterwegs zu sein, ist gut, aber auch da gelte: „Nicht einfach nachgehen. Wer draußen unterwegs ist, muss Entscheidungen selbst treffen können.“ Sich im Gelände sicher zu bewegen – dahinter steht ein jahrelanger Lernprozess. Lindner plädiert für Geduld. Viele seien zu ehrgeizig, wollten gleich ins große Gelände einsteigen und überspringen wichtige Lernschritte.
Was braucht es also für die ersten Touren im freien Gelände? „Man sollte sich Zeit nehmen, das Material bewusst auszuwählen, und sich mit Führerliteratur vorbereiten“, rät Lindner. „Am besten ist es, einen Schnuppertag oder Kurs mit einem Bergführer zu machen. Da lernt man 80 Prozent der Grundlagen, die restlichen 20 Prozent erarbeitet man sich mit der eigenen Erfahrung.“ Wichtiger Teil sei auch die soziale Komponente: nicht allein unterwegs sein, aber dennoch die Verantwortung nicht blind an den Partner abgeben. „Ein Partner ist ein Sparring-Partner, keiner, auf den ich alles abwälzen kann. Jeder muss in der Lage sein, seine eigenen Entscheidungen zu treffen.“ Wenn es die Situation erfordert, müsse man geschlossen als Gruppe auch einmal abbrechen.
Wo findet man geeignete Wald- und Wiesen-Skitouren? Lindner verweist etwa auf die Voralpen. „Dort gibt es ideale Möglichkeiten, erste Schritte im Gelände zu machen, ohne gleich in heikle Situationen zu geraten.“ Wer unsicher ist, findet Tourenvoschläge, die auch für Einsteiger geeignet sind, bei Tourismusverbänden oder Bergführern in seiner „Zielregion“.
Am Ende, sagt Lindner, liegt die Faszination des Skitourengehens auch genau darin: sich Schritt für Schritt der Natur wiederanzunähern, sie zu verstehen und eigenständig zu handeln. „Die meisten von uns verbringen so viel Zeit im Büro oder in festen Strukturen. Am Berg sind sie gezwungen, hinzuschauen und Entscheidungen zu treffen. Das macht etwas mit einem – körperlich wie geistig. Wer es langsam angeht und die nötige Geduld mitbringt, wird dafür reich belohnt.“
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