Sonntag ist der Tag des Herrn, was bedeutet, dass die Arbeit ruht, was wiederum bedeutet, dass der große Parkplatz vor dem Fischertreff frei ist und ich mit meiner kleinen Enkelin dort Radfahren üben kann. 

Egyd Gstättner
Egyd Gstättner

Manche bezweifeln ja, ob Fischen wirklich als regulärer Sport zu betrachten ist: Besonderen Bewegungsreichtum bietet es nicht gerade. Umgekehrt führt die Sache kaum zu Abnützungserscheinungen oder Überlastungssyndromen körperlicher Art und man kann diese Sportart dauerhaft ohne orthopädische Silikonfersenkissen betreiben. Auch die Verletzungsgefahr ist gering, wenn man sich nicht gerade mit der Angelschnur erdrosselt. Andere wiederum halten gerade in der Fischerei am sinnfälligsten den Satz bewiesen: Sport ist Mord. In dem Fall sogar Lustmord: Der Fischer Franz Nabl erzählt von jenem „merkwürdigen, den Angler jedes Mal aufs neue erregenden lebendigen Ziehen und Zucken“, wenn der Haken im Gaumen sitzt. Grauenhaft!

Man könnte freilich daran denken, dass der Fisch im Zeitalter der Christenverfolgung das Geheimsymbol der jungen Glaubensgemeinschaft war, und der charismatische Sektengründer hat seine Kirche nach eigener Aussage ausgerechnet auf einem Fischer gebaut, auch wenn sich dieser Petrus wohl nie am Maden- und Würmerautomaten bedient hat. 

Fisch wird dringend empfohlen, aber das Fischen ist für die Fische.

Egyd Gstättner

Freilich kann man es auch so sehen: Der Sportler beim Fischen ist der Fisch, der eine Art Parcours oder Orientierungslauf durch die Maden und Würmer zu absolvieren hat, den man vielleicht mit dem Bummel eines Menschen durch eine Flaniermeile vergleichen kann, die mit Delikatessenläden, Spezialitätenrestaurants, Konditoreien und anderen gastronomischen Ködern gespickt ist, und am anderen Ende der Angel lauern Triglyceride, Cholesterin, Übergewicht, Bluthochdruck, ­Arthritis, Herzverfettung und Tod. Nicht nur die Fische erleiden beim Fischen mitunter Niederlagen, auch manch ein Fresssportler schlittert ins Debakel. Ein Aktionsplan von WHO-Experten sieht gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung vor: Fisch wird dringend empfohlen (Fisch ist gesund, vor allem solang er im Wasser und nicht im Fett schwimmt), aber das Fischen ist für die Fische. Besser joggen oder Rad fahren. 

Vielleicht könnte man neben den Maden- und Würmerautomaten noch einen Forellenautomaten, einen Dorschautomaten oder einen Fischstäbchenautomaten aufstellen und die Automaten miteinander kurzschließen.