Gedämpft und gefedert. Ob wilder Ritt über Stock und Stein oder unterwegs auf der Radwegtour: Immer mehr Biker lieben den gefederten Komfort. Aber diese Liebe ist einseitig: Meist bekommen die Federelemente am Rad nicht die Zuwendung, die sie brauchen – und quittieren ihren Dienst. Damit du nicht in die harte Realität zurückgeholt wirst: die besten Tipps, wie du deine „Weichmacher“ richtig behandelst.

Radpioniere müssen hart im Nehmen gewesen sein, denn erst 1888 sorgte der Schotte John Boyd Dunlop mit der Erfindung des Luftreifens für ersten Federungskomfort. Zuvor wurden Fahrradreifen aus Eisen, ab 1865 immerhin aus Vollgummi hergestellt.
„Hart im Nehmen“ – das ließe sich aber auch über die erste Generation Mountainbiker sagen, denn Federgabeln waren in den Anfangsjahren beim Pflügen durchs Gelände keineswegs üblich, vom gefederten Hinterbau ganz zu schweigen. Starr und steif war gefragt.
Die Schlussfolgerung, Federelemente an Fahrrädern seien ein Zeichen des technischen Fortschritts und folglich Bikes mit Federung bedingungslos besser als ohne – dieser Schluss ist allerdings auch etwas zu kurz gegriffen. Sonst würden ja auch die Rennräder der allerbesten Radprofis mit Federgabel und Dämpfer ausgestattet sein, oder? Außerdem werden die durchaus beachtlichen Federungseigenschaften dicker Reifen oft unterschätzt – das nur als kleine Hommage an Mr. Dunlop.
Aber tatsächlich kann man’s drehen und wenden wie man will – die Tendenz geht eindeutig zu den „Gefederten und Gedämpften“: Immer mehr Mountainbiker entscheiden sich beim Kauf für ein „Fully“, sprich vollgefedertes Bike, und auch die modernen Trekking- und Crosstrekkingbikes kommen nur noch selten ohne Federgabel daher.


PFLEGEN, NICHT SCHRAUBEN
Damit kommen wir zum eigentlichen Anlass dieser Geschichte – und der ist durchaus bedenklich: Zwar besitzen immer mehr Radsportler ein Bike mit Federelementen – aber viele von ihnen kümmern sich fortan kaum noch um diese Komfortgaranten. Dabei wär‘s gar nicht viel Aufwand. Ja, man soll in Wahrheit gar nicht zu viel an Federgabel und Dämpfer herumschrauben.Denn auch den umgekehrten Fall gibt es, wie Markus Wimmer, Bikeexperte bei Sport Eybl in Graz und unser Experte für diese Geschichte, berichtet: „Es kommen auch Kunden zu uns, weil sie selbst die Gabel zerlegt haben, um sich die Servicekosten zu sparen – und jetzt nicht mehr weiter wissen. Da wird dann eine Reparatur in jedem Fall aufwändig und teuer. Und was diese Heimschrauber vergessen: Durch selbstständiges Herumbasteln erlischt die Herstellergarantie!“
An solchen Basteleien sind wohl auch Fachmagazine bzw. das Internet nicht schuldlos – nur zu oft wird dort in Wort und Bild (oder Film) gezeigt, wie Gabel und/oder Dämpfer einem großen Service unterzogen werden. Dass man dafür Spezialwerkzeug benötigt, viel Wissen und Erfahrung mitbringen muss, bei falschem Vorgehen empfindliche Teile beschädigen kann – das wird dabei meist verschwiegen.

ABFEDERN UND DÄMPFEN
Zur Terminologie: Was bedeutet eigentlich Federung und was Dämpfung? Technisch gesehen sind es tatsächlich zwei Funktionen, die sowieso jedes Federelement in sich vereint. Laienhaft gesprochen: Federung meint das Ein- und Ausfedern – und die Dämpfung reguliert das Nachschwingen. In der Praxis hat sich allerdings der Wortgebrauch verändert: Als „Federgabel“ wird das vordere Federelement eines Bikes bezeichnet, als „Dämpfer“ das hintere.
Bevor wir uns der Frage der Pflege zuwenden, muss zunächst geklärt werden, von welcher Bauart die Federung ist, sagt Markus Wimmer. Denn da gibt es heute im Gabelbereich im Wesentlichen drei Technologien:

  • Mit Abstand am häufigsten kommen Luftfederelemente zum Einsatz. Diese lassen sich mittels Luftdruck an Fahrergewicht, Beladungszustand und Einsatzbereich anpassen. Außerdem kann man auch meist die Zugstufe (Rebound) regulieren. Bei neuen Bi kes wird üblicherweise eine Grundeinstellung, die an das Fahrergewicht angepasst ist, vorgenommen. Diese Einstellung sollte man als Biker von Zeit zu Zeit überprüfen und, wenn nötig, nachjustieren.
  • Die einfachste Form der Federgabel besitzt eine Art Gummiblöcke im Inneren, sogenannte Elastomere. Solche Gabeln können nicht eingestellt werden, und außer regelmäßigem Säubern sind auch Wartungsarbeiten weder nötig noch möglich. Lässt die Funktion der Federung nach, werden die Elastomere in der Fachwerkstatt getauscht.
  • Die dritte Möglichkeit, die aber heute in der Regel nur noch bei stark downhilllastigen Bikes der obersten Preiskategorie verbaut wird, sind Öldrucksysteme. Da gibt es dann auch alle Einstellmöglichkeiten von Zug- und Druckstufe. Vor ein paar Jahren noch waren diese Systeme noch häufiger zu finden, mittlerweile rücken Hersteller vermehrt von diesem aufwändigen System ab.


DIE GRUNDEINSTELLUNG
Bleiben wir also bei den am häufigsten verwendeten Luftfederelementen. Im Fachhandel nimmt beim Kauf eines neuen Bikes der Verkäufer gemeinsam mit dem Kunden die grundeinstellung der Federelemente vor. Danach sollte man von Zeit zu Zeit die Einstellung überprüfen und erneuern. Auch wenn man das Bike jemandem leiht, dessen Körpergewicht sich vom eigenen wesentlich unterscheidet, sollte man den Luftdruck darauf anpassen. Ebenso, wenn man mit schwerem Gepäck fährt oder wenn man das Ansprechverhalten des Fahrwerks ändern möchte. „90 Prozent aller Biker kommen aber mit der Grundeinstellung bestens durchs Radlerleben“, weiß Markus Wimmer. Etwas Basiswissen zu dieser Einstellungsarbeit kann jedenfalls nicht schaden:

  • Der Luftdruck reguliert die Federhärte von Gabel und Dämpfer. Logisch: Je größere Kräfte auftreten, desto tiefer federn Gabel und Dämpfer ein. Das hängt vom Fahrergewicht ab, vom Gelände und von der Geschwindigkeit, mit dem man Unebenheiten überfährt. Die Federelemente sollten jedenfalls möglichst nicht bis zum Anschlag einfedern.
  • Mit dem Rebound (Zugstufe) reguliert man die Geschwindigkeit, mit der das Federelement nach dem Komprimieren wieder ausfedert. Das ist zum Beispiel von Bedeutung, wenn mehrere Hindernisse hintereinander überfahren werden, und trotzdem jedesmal ein sensibles Ansprechverhalten gewährleistet sein muss. Wer will, kann mit dieser Einstellung durchaus etwas experimentieren – aber auch hier gilt: im Regelfall kommen Biker mit einer „mittleren“ Einstellung (wie auf der nächsten Seite beschrieben) durch.


REINIGUNG UND PFLEGE
Federelemente freuen sich aber nicht nur über das richtige Einstellen, sondern auch über Pflege: Verschmutzungen sollten möglichst bald entfernt werden, weil sie nicht nur das Ansprechverhalten beeinträchtigen, sondern auch Dichtungen beschädigen können. Der Hochdruckreiniger ist für die Federelemente (und auch für andere Teile des Bikes) sowieso tabu – also: Handwäsche. Und noch ein Pflegetipp: Trockenen Tauchrohren der Federgabel spendiert man ein, zwei Tropfen Teflonöl, die man mit einem Tuch verreibt.
Bei durchschnittlichem Einsatz sollte man seinem Bike zusätzlich zur einfachen Pflege ein jährliches Gabelund Dämpferservice in einer Fachwerkstatt gönnen. Hersteller Scott gibt zum Beispiel 100 Betriebsstunden als Richtwert fürs Serviceintervall an. Kostenpunkt: Jeweils rund 80 Euro vorn und hinten. Weil aber erfahrungsgemäß viele ganz aufs Servicieren verzichten, appelliert der Experte: „Auch alle zwei Jahre ist besser als gar nicht!“
Das war’s dann auch schon – mehr braucht es nicht, um sicherzustellen, was praktisch alle Biker wünschen: Dass Federelemente zuverlässig arbeiten und lange leben.


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