Man muss es nicht schönreden: In jeder Skisaison sorgen zwangsläufig auch Unfälle auf den Pisten und im Gelände für Schlagzeilen. Zwei Faktoren aber gehören schon auch zum Thema „Skisport und Gesundheit“: Fakt 1: Laut ­neuer „Sturzstudie“ gibt es ein Drittel weniger Stürze als noch vor zehn Jahren. Und noch wichtiger: Skifahren hält uns länger geistig und körperlich fit!

Die bevorstehenden Olympischen Winterspiele haben ohnehin viel Stimmung für die „Spaßfabrik“ Wintersport gemacht. Was jetzt noch bleibt? Na, auch aus der Gesundheitsecke sollte gerade der Skisport, der immer wieder in den Verletzungs- und Unfallsstatistiken für rote Zahlen sorgt, schon noch beleuchtet werden.
Und da passt es bestens dazu, dass erst Mitte November der Österreichi­sche Skiverband eine brandneue „Sturzstudie“ präsentiert hat, die vom Institut für Sportwissenschaften der Universität Innsbruck durchgeführt worden ist. Dabei wurden in der vergangenen Wintersaison in sechs Tiroler Skigebieten an die 1.500 SkifahrerInnen zu ihren Erfahrungen mit Stürzen und Verletzungen beim Skifahren befragt. Zugleich aber protokollierten die Sportwissenschafter auch die persönlichen und medizinischen Daten aller Befragten sowie deren subjektiven Meinungen, inwieweit speziell der Skisport ihre Gesundheit beeinflusse.
Bleiben wir gleich bei diesem zweiten Studien-Schwerpunkt, denn die dort ermittelten Werte werden alle anderen Wintersportler freuen – und die Kritiker sollten sie zumindest zum Nachdenken anregen. Der Schlussbericht der Studie jedenfalls liest sich, kurz zusammengefasst, so: „Die Studie lässt eindeutig den Schluss zu, dass Skifahrer aktiver und gesünder leben. Konrekt: Sie betreiben insgesamt mehr Sport, weisen einen geringeren Body Mass Index auf – und sie rauchen weniger als der Durchschnitt der Österreicher!“

ANTI AGING-FAKTOR
Diese aktuelle Erkenntnis bestätigt zugleich eine andere Studie der Uni Innsbruck, die erst vor wenigen Jahren ganz detailliert den Gesundheitsaspekt des Skisports beleuchtet hatte – und in der Skifahren sogar trendig als „Anti­-Aging“-Faktor beurteilt worden war. 1.259 Personen hatten an dieser Untersuchung teilgenommen, bei der mittels Fragebögen Daten zur allgemeinen körperlichen Verfassung, Trainingszustand, Sportausübung, Verletzungen, Schmerzen, Rauch- und Trinkgewohnheiten, aber auch Risikofaktoren für Arterienverkalkung wie Hochblutdruck, Diabetes und Stress ermittelt worden waren. Und eben diese gesammelten Daten hatten die Anti-Aging-These ganz klar untermauert: „Demnach bringt regelmäßiges Skifahren komplexe Trainingseffekte mit sich, die nicht nur die motorischen Fähigkeiten betreffen, sondern speziell auch das Herzkreislaufsystem, den Stoffwechsel und kognitive Leistungen positiv beeinflussen.“

CHOLESTERIN UND DEMENZ
Im Detail wurde anhand der Studie unter anderem festgestellt, dass eine Skiwoche das Risiko eines erhöhten Cholesterinspiegels bei männlichen Skifahrern um 30 Prozent reduziert! Und da erhöhtes Cholesterin einen wesentlichen Risikofaktor für Gefäßerkrankungen darstellt, wirkt sich im Umkehrschluss logischerweise ein reduzierter Cholesterinspiegel positiv auf die körperliche Verfassung aus und verringert die Gefahr eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls.
Zusätzlich ergab die Untersuchung eine bisher kaum beachtete Auswirkung: „Skifahren reduziert auch das Risiko einer Demenzerkrankung“! kommentierte DDr.Martin Burtscher, der Studienleiter vom Sportwissenschaftlichen Institut Innsbruck, die ermittelten Werte. Verantwortlich dafür zeichnen offenbar die speziellen Herausforderungen, denen man beim Skifahren begegnet. Dr. Burtscher: „Multitasking, ständig wechselndes Gelände, ständige aufmerksame Beobachtung der Umgebung und natürlich die körperliche Beanspruchung: All das sind Faktoren, die eine geistige Beweglichkeit erfordern – und daher nachweislich das Gehirn anregen und trainieren.“
Der Allgemeinmediziner DDr. Burtscher vertiefte noch seine Begründung: „Skifahren setzt durch Höhe, Kälte, Kraft und Konzentrations­belastung kurzfristige Stressreize. Und zwar in einer offenbar optimalen Dosierung. Der Organismus passt sich daran an und das wirkt sich direkt positiv auf die Gesundheit aus. Diese Anpassungsreaktionen führen unter anderem zu einer Senkung der Warnsignale von Demenz – wie Vergesslichkeit, Kurzzeitgedächtnis, Konzentrationsstörungen – um 24 Prozent!“

KEINE RISIKOSPORTART
Nachdem ohnehin immer so viel über das Unfallrisiko­ im Skisport diskutiert wird, kommen nun diese positiven Gesundheitsfaktoren als Gegenargument genau recht. „Skisport ist keine Risikosportart, sondern eine Sportart mit Risiken, wie es sie eben bei vielen Sportarten gibt“, sagt Franz Patscheider, ­Vizepräsident des ÖSV. „Aber der gesundheitliche Nutzen, wie ihn diese Studien belegen, muss viel stärker im Vordergrund stehen.“
Auch die aktuelle „Sturzstudie“, die vom Sportwissenschaftlichen Institut Innsbruck anhand der 1.259 Fragebögen ausgearbeitet worden ist, stimmt durchaus positiv. Denn ein Vergleich der neuen Daten mit der letzten Sturzstudie aus dem Jahr 2002 ergab, dass die Zahl der Stürze beim Skisport um rund ein Drittel zurückgegangen ist. Und da Stürze nach wie vor die Hauptursache für Verletzungen beim Skifahren und Snowboarden sind, lässt sich damit auch logisch erklären, warum insgesamt seit 1979 die Zahl der Skiunfälle deutlich zurückgegangen ist.
Eine Erklärung, warum im letzten Jahrzehnt die Zahl der Stürze generell zurückgegangen ist, dürfte wohl die Einführung der Carvingski sein, die eben auch von schwächeren Skisportlern leichter zu bewegen sind als die vormals längeren Latten.

NÜTZLICHE ERKENNTNISSE
Grundsätzlich liefert die „Sturzstudie 2012“ zahlreiche wissenswerte Aufschlüsse, die für das eigene Verhalten an einem Skitag durchaus nutzbringend umgesetzt werden können. So sollte man wissen und beachten, dass ...

  • ... mit der Dauer des Skifahrens die Sturzhäufigkeit markant zunimmt. Die kritischen Zeiten sind zwischen 11 und 12 Uhr sowie am Nachmittag ab 15 Uhr.
  • ... in einer Skiwoche nach wie vor der dritte Skitag die häufigsten Stürze bzw. unfälle mit sich bringt.
  • ... sich männliche Skifahrer häufiger im oberen Körperbereich (Schulter, Rücken, Kopf) verletzen, was auf eine risikoreichere Fahrweise schließen lässt.
  • ... mit zunehmendem Alter die Sturzhäufigkeit deutlich sinkt. Allerdings steigt sie bei Frauen über 60 Jahre wieder an.
  • ... am häufigsten Kinder und männnliche jugendliche Skisportler (bis 30 Jahre) stürzen, diese Gruppe sich aber wesentlich weniger oft verletzt als ältere Skifahrer.
  • ... bereits 77 Prozent der Befragten Helm tragen – interessanterweise mehr Frauen als Männer. Kinder tragen fast zu 100 Prozent einen Helm.
  • ... klarerweise mangelndes Fahrkönnen und eine nur geringe Zahl an Skitagen das Sturzrisiko deutlich erhöhen.

Speziell dieser letzte Punkt bestärkt den ÖSV in seinen Bemühungen, sich vehement für die Durchführung von Wintersportwochen einzusetzen. Denn was für Erwachsene gilt, gilt erst recht auch für den Nachwuchs: Kinder, die in jungen Jahren mit dem Skifahren begonnen haben, bleiben aktiver und letztlich auch gesünder als Nicht-Skifahrer.


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