Sobald der Schnee geschmolzen ist, heißt es wieder, mit Wander­schuhen die Landschaft zu erkunden. Touren im April und Mai locken mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen und ­blühenden Blumen. Aber Achtung – die frühen Touren haben auch ihre Tücken.

Nicole Hofstetter
Nicole Hofstetter


Wenn die ersten Blumen zu blühen beginnen und die Luft frisch, aber nicht zu kalt ist, dann wird es Zeit, sich auf eine Frühlingswanderung zu machen“, schildert uns Michael Feiertag, Geschäftsführer der „Steirischen Tourismus und Standortmarketing GmbH“ malerisch erste Gründe, um die Wandersaison nicht erst im Sommer zu starten. Langsam erwacht die Landschaft aus ihrem Winterschlaf, der Schnee schmilzt und das Grün kommt immer mehr zum Vorschein. Nicole Kari, zuständig für Presse und Öffentlichkeitsarbeit für die Region rund um den Millstätter See, betont, dass Frühjahrs-Wandertouren außerdem ein hervorragendes Mittel sind, um das Sehnsuchtsgefühl nach den ersten wärmenden Sonnenstrahlen zu stillen. Bei Wanderungen nach der Winterpause soll vor allem der Genuss im Vordergrund stehen.

Das hat neben den gerade beschriebenen Eindrücken auch rationale Gründe, weiß Martin Edlinger, Leiter der Abteilung Bergsport bei den Naturfreunden Österreich: „Schlau ist es, wenn man nicht gleich an den Touren anknüpft, mit denen man vielleicht im Herbst aufgehört hat. Ein langsames Wiederherantasten – ein Check, wie mein konditioneller und koordinativer Zustand ist, ist wichtig!“ Mit dem Beginn des neuen Wanderjahres startet auch die Neuevaluierung des eigenen Könnens. Idealerweise sind die ersten Touren der Saison solche, die dir bereits bekannt sind und keineswegs so fordern, dass du an persönliche Grenzen stößt. „Ein wichtige Grundregel lautet: Gerade im Frühling immer mit einfachen und leichten Touren beginnen!“, schärft uns der Berg­führer ein. 

Tourenplanung ist das A&O
Noch bevor du dich auf eine bestimmte Tour festlegst, solltest du evaluieren, wer dich auf deiner Wanderung begleitet. Denn die Schwierigkeit der Tour sollte sich immer am Können des schwächsten Glieds in der Kette orientieren. Besonders leichte Frühjahrs-Wanderungen im Süden von Österreich sind zum Beispiel der W2 Blumenwanderweg in Bad Waltersdorf, der im Frühling mit seiner Pflanzenvielfalt überzeugt, und die drei „Slow Trails“ am Millstätter See. „Wer hier wandert, erlebt entschleunigende Stunden. Die Charakteristik der Slow Trails ist die einfache Streckenführung mit „See- und Berg­berührungen“ inmitten der Naturlandschaft. Mit jedem Schritt findet man hier zur inneren Ruhe“, umreißt Kari deren Zauber. 

Doch auch Geübtere finden in diesen beiden Regionen Touren nach ihrer Vorstellung. Ab Anfang Mai ist der Wanderweg „Via Paradiso“ zugänglich, der über vier Etappen in mittlerer Höhe rund um den Millstätter See führt. Ebenfalls sind ­einzelne Abschnitte der beliebten Steiermark-Weitwanderung „Vom Gletscher zum Wein“ bereits im Frühling begehbar. So ist für Ambi­tionierte Etappe 16 von Seewiesen zum Graf-Meran-Haus (Hohe Veitsch) empfehlenswert. Ein persönliches Highlight des Steiermark Tourismus-Chefs ist die Wanderung von der Murauerhütte auf die Frauenalpe: „Vorbei an Quellwasser und über sanfte Almböden kann man hier eine beeindruckende Weitsicht auf die Niederen Tauern erleben.“ Weitere Tourenempfehlungen für Österreich, Bayern und Italien findest du im Anschluss an diesen Absatz.

Wenn du dich für eine Wanderung entschieden hast, gilt es die wichtigsten Infos einzuholen. „Wie schwer ist die Tour? Wie viele Höhenmeter sind zu bewältigen? Wie hoch ist der Gipfel? Wo ist der Ausgangspunkt? Befindet sich die Tour südseitig oder nordseitig? Wie lange dauert die Tour? Wie sind Temperatur und Wetter am Tag der Tour?“, zählt Martin Edlinger die Fragen auf, die anlässlich der Tourenplanung zu beantworten sind. Zu guter Letzt gehört im Frühjahr mit Hilfe der Profis, wie alpinen Vereinen, lokaler Bergrettung oder Tourismusverbänden, abgeklärt, ob der Weg uneingeschränkt begehbar ist und wie Schnee- und Eislage zu beurteilen sind.
 

Vorsicht bei Schneefeldern
Damit wären wir auch schon bei Gefahrenquelle Nummer Eins im Frühjahr: schneegefüllte Rinnen und Mulden – auch bekannt als Schneefelder. Vor allem in nördlicheren Regionen sowie Nord-Hängen ist eine Begegnung mit diesen oft unvermeidbar. „Schneefelder können sehr schnell zur wirklichen Gefahr werden, denn die „Ausrutschgefahr“ ist hoch!“, warnt uns Edlinger. Beim Abgleiten können oft hohe Geschwindigkeiten entstehen, wodurch ein Bremsen oder Abfangen des Sturzes nur schwer möglich ist. Deswegen hat der Experte einen Tipp parat: „Das Wichtigste ist sofort eine Liegestützstellung einzunehmen, wobei der Kopf unbedingt bergwärts gerichtet sein muss! Nur so kann man ein Rutschen bremsen. Bleibt man am Hosenboden sitzen, wird man immer schneller.“ Zusätzlich gibt es die Möglichkeit des Einsatzes von „Schneeketten“ für die Schuhe – den Snowspikes bzw. Grödeln. Diese bieten guten Halt bei der Überquerung von Schneefeldern, sind einfach zu montieren und nehmen kaum Platz im Rucksack weg.

Was in den Rucksack muss
Eine andere Tücke des Frühlings ist das wechselnde Wetter, denn besonders der April macht bekanntlich, was er will. Von strahlendem Sonnenschein über plötzliche Regenschauer bis hin zu späten  Schneefällen – es gilt mit wasserabweisendem Outlayer und wärmendem Midlayer sowie Haube und Handschuhen gewappnet zu sein, denn die Zwiebelschalenprinzip ist auch im Frühjahr unerlässlich, erinnert uns Feiertag. Um für den Notfall gerüstet zu sein, wandern noch Erste-Hilfe-Set, Handy mit eingespeicherten Notfallnummern (140 Bergrettung, 112 Euronotruf), Powerbank, Biwaksack und Stirnlampe in den Rucksack. Dem Handy kann mit Orientierungs-Apps wie dem Naturfreunde Tourenportal eine Zweitrolle als Navigationsgerät verliehen werden, abgesichert durch eine Wanderkarte aus Papier. Ebenfalls hilfreich: Wanderstöcke, aber nicht in übermäßiger Verwendung, sondern nur dort, wo ihr Einsatz wirklich gebraucht wird, denn „in puncto Koordination ist es grundsätzlich besser nicht ständig mit Stöcken zu gehen, weil sich der Körper schnell an den „Allrad“ gewöhnt“, ermahnt uns der Naturfreunde-Experte. Last but not least kann eine Picknickdecke nicht schaden, damit du beim Jausnen nicht auf dem kalten, nassen Boden sitzen musst, verrät uns Kari ihren Hidden Champion. 

Packliste

  • Regenjacke & -überhose
  • Daunen- oder Primaloft-Jacke
  • Haube & Handschuhe
  • Erste-Hilfe-Set
  • Biwaksack
  • Stirnlampe
  • Handy & Powerbank
  • Wanderkarte
  • Wanderstöcke
  • Snowspikes
  • Verpflegung & 
  • ausreichend Flüssigkeit
  • Bonus: Picknickdecke
Martin Edlinger
Martin Edlinger

ist staatl. gepr. Berg- und Skiführer und leitet die Abteilung Bergsport bei den Naturfreunden Österreich

E-Mail: martin.edlinger@naturfreunde.at
WEB: www.naturfreunde.at

Michael Feiertag
Michael Feiertag

leitet die „Steirische Tourismus und Standortmarketing GmbH“.

WEB: www.steiermark.com

Nicole Kari

ist zuständig für Presse und Öffentlichkeitsarbeit bei MBN Tourismus.

WEB: www.millstaettersee.com