Blau, Rot, Schwarz – nicht die neue Regierung, sondern die farbliche Markierung auf unseren Skipisten. Aber wie kommt es dazu? Wer prüft? Über schwarze Pisten am Neusiedler See und Mythenbildung aus Tirol.

Von Christoph Heigl


Markierungen und Hinweise im Skigebiet sind wichtig für die Sicherheit der Wintersportler. Denn anhand der Tafeln und Pisten-Farben erkennen Skifahrer und Snowboarder, welche Schwierigkeiten sie erwarten und ob sie sich das zutrauen sollten. Bei uns weiß jedes Kind: Blau ist leicht, Rot ist mittel und Schwarz ist schwer, zumindest salopp ausgedrückt.

Jetzt halten sich in Österreich gewisse Mythen und in Internet-Foren wird leidenschaftlich diskutiert: Ist eine schwarze Piste in Niederösterreich auch eine schwarze Piste am Arlberg? Da müsse es doch Unterschiede geben. Oder: „Eine schwarze Piste in Oberösterreich ist bei uns im Zillertal maximal rot!", schreibt ein Online-User aus Tirol und impliziert damit, dass es ja sicher ein West-Ost-Gefälle bei der skifahrerischen Qualität der Einheimischen gibt und infolgedessen auch unterschiedliche Markierungen. Erboste Proteste aus dem Osten folgen.

Dem Skifahrer stellt sich zudem die Frage, ob Schneeverhältnisse und Witterung einen Einfluss auf die Farbe haben. Immerhin könnte sich der sanfte blaue Anfängerhang durch völliges Glatteis in eine unberechenbare schwarze Höllenpiste verwandeln. Und es gibt hierzulande genug Beispiele, wo aus der roten Piste für Herrn und Frau Durchschnittsskifahrer bei Renn-Präparierung eine pickelharte Weltcupstrecke für die Hirschers, Neureuthers, Veiths und Shiffrins wird, wo der Herr Durchschnittswedler nicht einmal zwei Schwünge schafft.

KLASSIFIZIERUNG DER PISTEN
Auf der Suche nach Antworten findet man eine ÖNORM, nämlich die mit der Nummer „S 4611" und dem Titel „Schilder für den organisierten Skiraum – Anforderungen, Ausführung und Klassifizierung" (siehe Infobox unten). Ziel der Norm ist, eine Klassifizierung von Pisten sowie die Verwendung einheitlicher Schilder zu ermöglichen. Auf den 22 Seiten findet man alles, was Pisten, Schilder und Gefahren definiert. Veröffentlicht hat diese Norm das Austrian Standards Institute (ASI), ein gemeinnütziger, unparteiischer Verein zur Schaffung von Normen. 23.000 solcher Normen gibt es in Österreich, zu allen erdenklichen Dingen des Lebens, erstellt von Fachleuten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung. Die Norm „S 4611" stammt vom Fach-Komitee 178 („Schilder für Seilbahnen für den Personenverkehr und Leitsysteme für den Natursport").

Und wie war das jetzt mit dem frechen Tiroler? „Natürlich unterliegen alle Pisten in Österreich derselben Norm, maßgeblich ist einzig und allein das Gefälle", sagt Johannes Stern, Pressesprecher beim Austrian Standards Institute, oder wie er überspitzt formuliert: „Die schwarze Piste in Neusiedl am See ist genauso schwarz wie die schwarze Piste am Arlberg." Erster Mythos widerlegt.

FARBCODE-WECHSEL DURCH WITTERUNG?
Und die Frage nach einem Wechsel der Farbe bei Eis und schwierigen Verhältnissen? „Sonne und Wetter machen eine Piste nicht steiler", meint Stern mit einem Augenzwinkern. Die Farbcodes ändern sich also nicht. „Eine rote Piste zu Saisonbeginn wird auch am Saisonende noch eine rote Piste sein." Bauliche Maßnahmen über den Sommer hingegen könnten Pisten steiler (oder natürlich auch einfacher) machen und einen Farbwechsel nahelegen.

Wie das in der Praxis aussieht, erklärt Franz Mandl, Betriebsleiter der Lungau Bergbahnen in Mauterndorf. „Wir ermitteln mit einem Hangneigungsmesser das Gefälle. Oft gibt es kurze, steilere Kuppen, dann ermitteln wir einen Mittelwert, schauen im Kataster nach und haben die Farbe." Wobei Mandl erklärt, dass man sich „im unteren Bereich" ansiedelt und Pisten im Grenzfall eher blau als rot ausschildert.

Und wer kontrolliert das überhaupt? „Die Ö-Normen sind keine Gesetze", betont Stern. Im Text der Skipisten-Norm heißt es wunderschön: „Von ihrem Wesen her sind Normen Empfehlungen. Ihre Anwendung ist somit freiwillig, aber naheliegend." Das heißt, dass in Österreich kein Liftbetreiber die Farben ausschildern muss. Kontrolliert und überprüft wird die Richtigkeit und Einhaltung der Farben deshalb gar nicht. Speziell in rechtlichen Fragen und bei Unfällen ist es aber immens hilfreich, wenn man Normen eingehalten hat und die Ausführung korrekt war. Sonst sieht man schnell schwarz oder rot und kommt mit keinem blauen Auge davon.

DIE DEFINITION DER FARBEN
Der Maßstab für die Einstufung ist die Neigung des Geländes, die Gradiente oder Nivellette. Je steiler die Piste, umso schwerer. Wichtig: Der Skifahrer hat selbstständig zu berücksichtigen, dass ungünstige Wetter- und Schneeverhältnisse die Schwierigkeit beim Fahren erhöhen können.
 

Österreich
(Quelle: Ö-Norm S 4611)
Farbdefinition Österreich / Bild: KK
Nordamerika/NeuseelandFarbdefinition Nordamerika/Neuseeland / Bild: KK
Schweden/NorwegenFarbdefinition Schweden/Norwegen / Bild: KK