Wer im Winter bewusst langsamer unterwegs ist, entdeckt mehr. Drei Guides zeigen ihre liebsten Winterwanderwege und verraten, warum es manchmal nur wenige Schritte braucht, um weit weg vom Alltag zu sein.
Es ist erstaunlich, wie leise ein Wintertag sein kann. Nur das gedämpfte Knirschen der eigenen Schritte, der kräftige Atem, der in der klaren Luft sichtbar wird, und glitzernde Eiskristalle, die an den Baumzweigen vergnügt im Sonnenlicht funkeln. Winterwandern braucht keine Geschwindigkeit, es erinnert vielmehr an früher, als man einfach drauflosging, mit roten Wangen und einer Thermoskanne im Rucksack, und unterwegs mehr entdeckt hat als geplant. Wer zu dieser Jahreszeit bewusst langsamer unterwegs ist, sieht und spürt umso mehr: frische Fährten von scheuen Wildtieren im Schnee, weiße Berggipfel und die friedliche Ruhe, die sich wie eine weiche Decke über die Landschaft legt. Und um nicht stundenlang mittels Karten und Apps nach dem besten Weg zu suchen, haben wir drei erfahrene Guides gefragt, welche Routen für sie zu den schönsten in ihren Heimatregionen zählen.
Frische Fährten von Wildtieren, weiße Berggipfel und friedliche Ruhe, die sich über die Landschaft legt.
Alleskönner Berchtesgaden
Im Südosten Bayerns, dort wo Deutschland alpin wird und der Nationalpark Berchtesgaden beginnt, kennt Eddy Balduin jeden Pfad. Er ist unter anderem staatlich geprüfter Skilehrer, Nordic-Fitness-Coach sowie Berg- und Wanderführer. Wenn er von „seinen Bergen“ spricht, klingt das wie eine Einladung, die man im besten Fall begeistert annimmt. „Bei uns kommt man selbst auf einfachen Wegen ganz nah an die Bergwelt heran“, sagt er. Zwei Strecken empfiehlt er dabei besonders für Einsteiger und Familien: den Carl-von-Linde-Weg und den Soleleitungsweg. Beide liegen oberhalb des Berchtesgadener Talkessels, sind geräumt, ohne größere Höhenunterschiede und führen entlang historischer Trassen. Zudem lockt der Winterwanderweg rund um den Gipfel des Jenner, bequem erreichbar mit der gleichnamigen Bergbahn und mit einem unvergesslichen Ausblick über die Berchtesgadener Alpen.
„Das Schöne an der Region ist, dass hier jeder auf seine Kosten kommt. Familien, Genießer und sportliche Wanderer, alle finden ihre Route“, ist Eddy überzeugt. „Man geht ohne Stress, ohne steile Passagen und hat trotzdem ständig die großen Berge vor sich.“ Für Ambitionierte hat Eddy eine besondere Tour auf Lager: „Mit der Bahn hinauf auf den Untersberg und dort entlang des Rundweges zum Salzburger Hochthron. Von dort erstreckt sich ein Panorama vom Dachstein über die gesamten Berchtesgadener Alpen, den Hochkönig, die Kitzbüheler und Chiemgauer Berge bis hin zum Chiemsee und mit Blick auf die Stadt Salzburg.“
Dank des guten Leihangebotes muss man sich die Ausrüstung nicht zwingend kaufen und für kulinarische Genusspausen ist dank der zahlreichen Hütten entlang der Wege bestens gesorgt. Die Beschilderung ist für jeden leicht ersichtlich und das Wegenetz gut durchdacht, viele sind mit den Bergbahnen zu erreichen. Und wenn Eddy nun den perfekten Moment am Berg beschreiben müsste? „Das wäre eine Sonnenaufgangstour auf das Rossfeld. Wobei jeder Tag in Berchtesgadens Natur gut für die Seele ist. Diese Berge sind mein Herzensort.“
Vitamin S im Ausseerland
Mitten im steirischen Salzkammergut, eingerahmt von Dachstein, Totem Gebirge und klaren Seen, liegt das Ausseerland. Klaus Jäger kennt diese Region wie kaum ein anderer. Er ist staatlich geprüfter Bergwander- und Schneeschuhführer, Skilehrer, Polizeibergführer, Wildnisguide sowie Bergretter. Wenn er mit einem Lächeln sagt: „Bei uns gibt es kein alpines Disneyland“, versteht man sofort, worum es ihm geht: um echte Natur und kein künstliches Drumherum. Dafür ganz viel Vitamin S – sprich Schneegarantie.
Besonders ans Herz legt er Winterwanderern den markierten Wintertrail auf der Tauplitzalm sowie den Trail am Loser in Altaussee. Beide sind mittels Seilbahn zu erreichen und bieten grandiose Aussichten auf die umliegenden Berge und Täler. Entlang der Wege laden gemütliche Hütten wie die Loserhütte, das Linzerhaus oder die Eselalm zur Einkehr ein, mit regionalem Fisch, Schweinsbraten, Kaiserschmarrn und einem Stamperl Zirbenschnaps. „Die angeführten Wege sind allesamt markiert und gesichert. Für weitere Touren im alpinen Gelände ist das Wissen rund um die mögliche Lawinengefahr unverzichtbar und es sollte ausnahmslos immer die Lawinenausrüstung mit LVS, Lawinensonde und -schaufel dabei sein sowie der Umgang damit geprobt sein.“
Für das perfekte Winterwandererlebnis hat Klaus einen einfachen Rat: „Nach dem Zwiebelschalenprinzip anziehen. Handschuhe zum Wechseln einpacken, denn alles, was feucht wird, wird kalt. Und immer an Sonnencreme und Sonnenbrille denken.“ Eine winterliche Gipfelaussicht gehört für ihn dazu. „Der Blick vom Lawinenstein auf der Tauplitzalm ist ein Höhepunkt jedes Winteraufenthalts im Ausseerland.“ Was Winterwandern hier für ihn einzigartig macht? „Das Draußensein. Die frische, kalte Luft, die verschneite Landschaft und das Geschenk, diese Natur erleben zu dürfen. Das Handy sollte man übrigens unbedingt auf Flugmodus stellen.“
Wenn man sich abseits gesicherter Wege begibt, ist Wissen rund um Lawinengefahr unverzichtbar.
Wow-Momente in der Wildkogel-Arena
Wer mit Wanderführer Harald Gieringer in der Wildkogel-Arena Neukirchen & Bramberg unterwegs ist, merkt sofort, dass man mit ihm nicht einfach nur wandert. Man erlebt. „Die Natur ist bei uns schon sehr sehenswert und wunderschön. Speziell im Winter gibt es einige Wow-Momente zu erleben“, sagt er. Die Region zwischen dem Nationalpark Hohe Tauern und den Kitzbüheler Alpen hält genau das bereit: ein Wechselspiel aus Weite, Gipfelblicken und Stille.
Harald liebt vor allem die Wege ins Unter- und ins Obersulzbachtal. „Die vereisten Bäche dort zaubern ganz spezielle Erlebnisse“, erzählt er. Wer gut zu Fuß ist, darf sich auf seine persönliche Lieblingsrunde freuen: eine anspruchsvollere Schleife am Wildkogel. „Ein kleines Geheimnis“, sagt er und grinst, „aber die Aussicht vom Wildkogel über die Täler der Tauern und hinüber zur Venedigergruppe ist einfach einmalig.“
Durch die Kombination aus sanften Wegen und alpinen Varianten findet in der Wildkogel-Arena jeder seine Linie, Familien ebenso wie Sportliche. Sicherheit steht für Harald an erster Stelle. Keine Tour beginnt ohne aktuellen Blick auf Wetter und Lawinenlage und wenn nötig wird spontan umgeplant.
„Die Wege hier sind bestens ausgeschildert und markiert“, sagt er. Die Bergbahnen erleichtern außerdem viele Aufstiege, eine gut aufgestellte Gastronomie sorgt für warme Pausen und zumindest ein Gipfelkreuz sollte im Urlaub nicht fehlen.
Sein Tipp für einen unvergesslichen Wintertag: „Gute Kleidung. Und offen bleiben für das, was kommt. Oft sind es die Wetterwechsel, die magische Momente bringen. Wenn Nebel plötzlich aufreißt und die Sonne durchbricht. Solche Augenblicke bleiben.“
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