Er ist keinesweg bloß der Übergang zwischen Sommer und Winter – sondern jene Jahreszeit, die von immer mehr Menschen als ideale aktive Reisezeit entdeckt wird. Zum Start der Herbstsaison: sieben Impulse aus vier Regionen, um zu zeigen, was der Herbst wirklich kann.
Herbst bedeutet für viele: abschalten, Kraft tanken, zu sich selbst finden. Für andere: rausgehen, erleben, herausfordern. Wirklich besonders wird diese – immer noch unterschätzte – Jahreszeit aber dann, wenn sie überrascht. Wir haben Tourismus-Expert:innen in vier Regionen um ihre ungewöhnlichen, überraschenden und inspirierenden „Herbstmomente“ gefragt. Was sich dabei zeigt: wie facettenreich diese Jahreszeit sein kann – und wie erlebenswert sie ist. Beim Wandern, Biken, in der Natur. Für alle, die mehr suchen als nur goldene Lichtstimmung.
1. Der versteckte Weg
Ob Wanderweg oder Biketrail – gesucht sind Wege, die im Herbst eine besondere Stimmung bieten. Daniela Schilling vom Tourismusverband Ostbayern fällt da gleich der Goldsteig im wildromantischen Ilztal ein: „Die Mischung aus Weitblicken, bunten Wäldern und ruhigem Wasser sorgt für eine fast meditative Atmosphäre. Und für Biker: die Trans Bayerwald – raschelndes Laub unter den Stollenreifen und faszinierende Lichtspiele.“ Eine Radtour durchs Weinland Steiermark empfiehlt Michael Feiertag von Steiermark Tourismus – im Süden des Bundeslandes sind die Weinberge jetzt rot gefärbt und die Luft ist lau. Im Tiroler Paznaun-Ischgl ist für Claudia Putzhuber die Wanderung zur Friedrichshafener Hütte ein Geheimtipp: „Hier kann man die Natur umgeben von imposanten 3000ern perfekt genießen.“ Im Südtiroler Passeiertal zeigt sich für Evi Bozza der Passeirer Höhenweg entlang des Jaufenkamms in diesen Wochen von seiner eindrucksvollsten Seite – „mit Panoramablicken über das gesamte Tal und dem Wind, der die Nase kitzelt.“
2. Der magische Moment
Wann und wie hat dich der Herbst beim Sport oder in der Natur zuletzt wirklich tief berührt? „Eine Sonnenaufgangswanderung auf der Kolbenspitze“, sagt Evi Bozza, „der Vorteil im Herbst: Man muss nicht so früh losgehen. Oben, warm eingehüllt, mit einem wärmenden Tee, wartet man, bis die ersten Sonnenstrahlen aufs Gesicht treffen – es gibt nichts Schöneres.“ Auch für Claudia Putzhuber und Michael Feiertag ist das Erlebens eines Sonnenaufgangs auf einem Berg mit wenig vergleichbar – für die Steirerin sorgt eine herbstliche Ballonfahrt aber ebenso für magische Momente. Daniela Schilling erinnert sich an einen Augenblick am Gipfel des Großen Ossers: „Stille, kein Handynetz – nur Natur und das Gefühl, ganz im Moment zu sein. Das sind für mich die stillen, kleinen Herbstwunder.“
3. Die Herbst-Challenge
Welche ungewöhnliche sportliche Aufgabe würdest du Aktivurlaubern jetzt stellen? Michael Feiertag liebt es ungewöhnlich: „Warum nicht mal Wein-Minigolfen – in Leutschach – oder Kastanien-Sammeln mit Wettkampfcharakter?“ Weniger spielerisch, aber umso handfester die Idee von Evi Bozza: „Ein Klettersteig wie jener am Stuller Wasserfall bei uns. Er erfordert Mut und Kondition, belohnt aber mit einem Traumblick übers Tal. Die südseitige Lage macht den Steig gerade im Herbst angenehm begehbar.“ Daniela Schilling empfiehlt die ebenso schweißtreibende wie faszinierende „8-Tausender-Tour“ im Bayerischen Wald – die Königsetappe des Goldsteigs vom Eck zum Großen Arber. Ein Auf und Ab durch urwüchsige Wälder, über Wiesen und aussichtsreiche Kämme. Und rund um Ischgl? Da kombiniert man Biken & Hiken zu einer feinen Tour zum Berglisee. Erst mit dem (E-)Bike bis zur Verbellaalpe, dann zu Fuß weiter auf über 2000 Meter aufsteigen – wer mag und sich überwinden kann, krönt den Tag mit einem Sprung ins eiskalte Wasser.
4. Die entschleunigte Entdeckung
Wo lädt der Herbst zur bewussten Langsamkeit ein? Für die Tiroler Touristikerin ist der frühe Morgen am eben erwähnten Berglisee im Ischgler Ortsteil Mathon ein fantastischer Ort der Stille – „man kann dort einfach meditieren oder den Sonnenaufgang beobachten“, erzählt Claudia Putzhuber. Daniela Schilling sieht viele Orte im herbstlichen Bayerischen Wald als „wie gemacht zum Innehalten“: Holzstege durch Moore, Aussichtspunkte und naturbelassene Pfade ohne Zeitdruck entdecken. Evi Bozza rät: Schöne Almwiese suchen, Decke ausbreiten, die Wanderpause zelebrieren: „Sich ins Gras legen, nur den Wind hören, auf die Berge schauen – da wird einem klar, wie unwichtig viele Alltagssorgen sind.“ Michael Feiertag schlägt einen Thermenbesuch vor – oder eine Alpaka-Wanderung.
5. Der herbstliche Genuss
Das perfekte Seelenfutter nach einem aktiven Tag – gern auch etwas, an das man nicht als Erstes denkt? Evi Bozza nennt ein Gericht ihrer Südtiroler Heimat, das kaum noch jemand kennt: Riibl – „eine einfache bäuerliche Süßspeise aus Buchweizenmehl, die man kaum noch auf einer Karte findet, aber jedes Jahr bei der ‚Bauernkuchl in Hinterpasseier‘ Ende September/Anfang Oktober kosten kann.“ Claudia Putzhuber: „Ein richtiges Soulfood ist Paznauner Almkäse – perfekt zum Beispiel für Kaspressknödel. Ob in der Suppe oder mit Kraut, am besten nach einer langen Tour.“ Michael Feiertag bringt Kürbis, Wild, Maroni oder Krapfen (Krapfenwochen in Schladming) und Eis in herbstlichen Geschmacksrichtungen in der Landeshauptstadt Graz ins Spiel. Plus: die südlichen Teile der Steiermark als wanderbare Weinregion, wo Klasse-Winzer zur Verkostung bitten. Daniela Schilling schwärmt von bayerischer Genussvielfalt – und Süßem wie Zwetschgendatschi und frischem Apfelkücherl.
6. Die unsichtbaren Eindrücke
Von magischen Herbstfarben ist viel die Rede – dabei hat der Mensch fünf Sinne. „Das Tropfen von Tau, das ferne Röhren der Hirsche, das feuchte Moos unter der Hand“, sagt Daniela Schilling. „Typisch Herbst sind auch Geräusche, die man nur hört, wenn man sonst nichts hört.“ Evi Bozza beschreibt den Geruch nach Gräsern und Preiselbeeren beim Wandern im Seebertal in Richtung Seeber See – eine Mischung aus herber Frucht und feuchtem Almboden liege hier in der Luft. „Wer das von Kindheit an in der Nase hatte, denkt beim Wort Herbst immer daran zurück.“ Der erdige Duft feuchter Waldwege und das Rascheln der Lärchennadeln unter den Wanderschuhen – das sind für Claudia Putzhuber jahreszeittypische Sinneseindrücke. „Der Herbst spricht alle Sinne an“, sagt auch Michael Feiertag – und verweist auf stille Wege wie den „Waldweg der Sinne“ in der Hochsteiermark oder die Roseggerhöhe – „perfekte Orte, um die stillen Momente ganz bewusst wahrzunehmen.“
7. Die Inspirationsquelle
Und wo entstehen neue Ideen, Perspektiven – oder einfach Lust aufs Leben? Daniela Schilling empfiehlt die geführte Englmarer Hüttenwanderung – „Stille hören, Weite spüren, Heimat schmecken“ ist dort kein Slogan, sondern Programm. Evi Bozza lädt zum Psairer Herbst – eine Veranstaltungsreihe mit Workshops, Verkostungen und Naturerlebnissen. „Hier kann man den Herbst nicht nur spüren, sondern auch mitgestalten.“ In der Region Paznaun-Ischgl findet man Inspiration bei der Golden Summits-Eventreihe – von der E-Bike-WM über die Almkäseolympiade bis hin zu den Ischgl Classics mit Konzerten vor Alpenpanorama. Michael Feiertag verweist auf den Graz Marathon als lebendiges Beispiel dafür, wie Bewegung wieder selbst zur Quelle neuer Impulse wird. Nicht umsonst heißt es, dass ein bewegter Körper auch den Geist zu Höhenflügen anregt – und in Bewegung die besten Ideen entstehen. Ein Grund mehr, sich die Zeit für eine aktive Herbstauszeit zu gönnen.