Muskelkater und Zerrungen sind wohl jedem Sportler schmerzlich bekannt. Als Gegenmittel wird dann zu speziellen Sportsgels und -salben gegriffen, die die geschundene Muskelpartie wieder heil machen sollen. Fragt sich nur: Hilft das Einreiben überhaupt? Und was ist besser: wärmend oder kühlend?

Von Claudia Riedl


Wenn die Wade mal wieder rebelliert oder der Oberschenkel verdächtig ziept, greifen Athleten gerne zu Sportsalbe, Gel oder Öl. „Durchblutungsfördernd“, „muskelentspannend“, „hauterfrischend“ – die Einreibemittel versprechen ja viel.

Aber, ob sie dann auch wirklich halten, was sie versprechen, wollten wir genauer wissen. Ein Pharmazeut und ein freiberuflicher Physiotherapeut haben für uns einen Blick in die Tube riskiert und erklären hier, wie „Schmiermittel“ für Sportler tatsächlich wirken. Und damit
auch gleich ihre erste Klarstellung: Der Begriff „Sportsalbe“ ist viel zu breit gestreut – es muss zwischen kühlenden, wärmenden und schmerzstillenden Mitteln unterschieden werden.

„Kühlende Mittel enthalten Wirkstoffe wie Menthol, Kampfer und ätherische Öle (z. B. von Pfefferminze). Sie wirken am ,Kälte-Menthol-Rezeptor‘ der Haut, der einen vermeintlichen Kältereiz an den Körper vermittelt“, erklärt Mag. Knut Palten, Pharmazeut und Juniorchef der Paracelsus-Apotheke in Weiz.

Der Körper reagiert auf den Kältereiz mit dem Verengen der Kapillaren der darunter liegenden Hautschichten. Die Bildung von Blutergüssen (Hämatomen) und Schwellungen wird so verringert und auch Entzündungsreaktionen kann entgegengewirkt werden.

„Wärmende“ Salben und Öle hingegen enthalten Wirkstoffe wie ätherische Öle der Latsche, Rosmarin, Lavendel und Melisse, Terpentinöl, Capsaicin (Cayennepfefferextrakt, Chili-Extrakt) und Nikotinsäureester. Anders als die kühlenden Mittel wirken sie entweder direkt auf die darunterliegenden Hautkapillaren oder an den Wärme-Schmerz-Rezeptoren der Haut, die einen vermeintlichen Hitzereiz an den Körper vermitteln – eine Erweiterung der Kapillaren und der darunter liegenden Hautschichten ist die Folge. „Wärmende Mittel verbessern somit die Durchblutung der Muskulatur, lösen Verkrampfungen und helfen dabei, Muskelkater schneller abzubauen“, so der Pharmazeut.

Sportsalben sind aber nicht zu verwechseln mit Schmerzgels. Diese dringen nämlich tief in die Haut ein und wirken dank ihrer chemischen (wie Diclofenac, Ibuprofen) oder pflanzlichen Inhaltsstoffe (z. B. Beinwellextrakt) schmerzstillend und entzündungshemmend. Wichtiger Tipp dazu: Schmerzstillende Mittel nie auf offene Wunden schmieren, sondern nur auf intakte Hautpartien!

DER RICHTIGE ZEITPUNKT
Was sich beim Einschmieren im Körper abspielt, haben wir nun geklärt. Bleibt die Frage, wann und bei welchen „Wehwehchen“ man sich mit den kühlenden oder wärmenden Helfern einreibt.

Unmittelbar nach stumpfen Verletzungen wie Verstauchungen, Blutergüssen, Zerrungen, Schwellungen und Prellungen sollte man schnellstmöglich kühlende Gels oder Sprays wie etwa Diana Sport Balsam mit Menthol verwenden. „Sogar der gute alte Eisbeutel oder ein Topfenwickel verfehlt hier nicht seine Wirkung“, weiß Physiotherapeut Felix Kubin. „Das Kühlen hemmt die Entzündung und wirkt abschwellend. Außerdem sollte man das betroffene Gelenk oder die Bänder bzw. Sehnen ruhigstellen und hochlagern, da dies der Schwellung entgegenwirkt.“

Wärmende Mittel wie das Sixtus Start-Öl mit Rosmarin kommen zum Einsatz, wenn es um die Muskulatur geht. Ein Einreiben vor dem Training fördert die Durchblutung und hilft der Muskulatur dabei, in die Gänge zu kommen. Nach dem Sport werden die wärmenden Salben und Öle zur Muskellockerung verwendet – etwa bei Muskelkater, Verspannungen und Krämpfen. Auch Saunabesuche, Massagen oder wärmeabgebende Pflaster tragen zur Muskelentspannung bei.

VIELKÖNNER MIT VORBEHALT
Sportsalben können viel, sind aber keine Alleskönner. Mit den Einreibemitteln wird – vor allem im Hobbybereich – auch gerne mal „Schindluder“ getrieben. Missverständnisse wie: „Mit dem Wärmebalsam erspar ich mir die Aufwärmübungen vor dem Training“ sind dabei keine Seltenheit. Mit solchen Vorstellungen liegt man allerdings weit daneben, wie uns Knut Palten aufklärt: „Alle Sportsalben wirken nur im angewendeten Bereich und können somit nie das Aufwärmen vor der sportlichen Aktivität ersetzen.“ Erst durch ein ordentliches Warm-up kommt der Körper auf „Betriebstemperatur“, die Muskulatur wird gelockert, Bänder und Sehnen werden elastischer – und das Risiko für Zerrungen sowie Bänder- und Sehnenrisse sinkt. Natürlich kann man die Muskulatur mit der zusätzlichen Verwendung von Sportsalben vor dem Training besser durchbluten und nach dem „Cooldown“ beim Regenerieren unterstützen, allerdings sind die Einreibemittel kein adäquater Ersatz für das Aufwärm- und Abwärmtraining.

Fazit: Die Schmiermittel können einer lädierten Muskelpartie beim Heilungsprozess durchaus helfen, ersetzen im Ernstfall aber nicht den Arztbesuch. Ein Athlet sollte sich auch immer darüber informieren, welche Salbe, welches Einreibemittel für welche Art der Behandlung geeignet ist. Dann läuft’s beim Sporteln bestimmt wie geschmiert.

Mag. Knut Palten / Bild: kk

Der Experte

MAG. KNUT PALTEN ist Juniorchef der Paracelsus Apotheke in Weiz.

Web: www.paracelsus-weiz.at



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