Auch die Nordischen trauen sich diesen Winter ins Gelände und entdecken das Naturerlebnis abseits der Massen und Loipen: „Backcountry" heißt der Trend auf speziellen Langlaufskiern.


Die Welt wird immer vernetzter. Autos fahren bald autonom, WLAN gibt es schon in den Skigondeln und auf Uhren gehen Nachrichten und Börsenkurse ein. Kein Wunder eigentlich, dass es da auch einen gegenläufigen Trend gibt: zurück zur Natur, zur Einsamkeit, zum Durchschnaufen abseits des Mainstreams.

Und da lautet ein Schlagwort dieses Winters „Backcountry Skiing". Heißt: Nordische Skisportler zieht es ins Hinterland. Was in Skandinavien schon längst eine große Anhängerschaft hat, kommt jetzt – langsam – auch in unseren Breiten in Schwung.

Möglich machen das die speziellen Backcountry-Ski. „In Gebieten rund um die Städte und im Flachland verkaufen wir die meisten dieser Ausrüstungen", sagt Christian Simonlehner vom Langlauf-Spezialisten „Ski-Willy" im steirischen Ramsau am Dachstein. „Und da vor allem an Leute, denen es nicht um Bestzeiten oder ums Sich-Auspowern geht. Vielmehr darum, auf den Skiern durch die Winterlandschaft zu wandern."


Video: Eric Packer beim Backcountry-Langlaufen in Alaska

KEIN NORDIC CRUISER
Ab einer Schneehöhe von acht, neun Zentimetern funktioniert das Langlaufen abseits der Loipe. „Es ist ein bisschen wie Skitourengehen im flacheren Gelände", sagt Simonlehner. „Die breiteren Ski geben Auftrieb und dadurch sinkst du nicht so weit ein. Außerdem sind Backcountry-Ski robuster gebaut. Ein normaler Klassik-Langlaufski würde bei solchen Einsätzen schnell einmal brechen."

Falls das nun jemand vermuten sollte: Ein Aufguss der „Nordic Cruiser", die vor rund zehn Jahren aufkamen, sind die neuen Geräte nicht. Sie sind kürzer „und zum Langlauf-Wandern in der Loipe gedacht", sagt Simonlehner. Die Cruiser gibt es zwar weiterhin – richtig durchgesetzt hat sich diese Langlauf-Version allerdings nicht.

WEICHE SOHLEN, HARTE KANTEN
Doch zurück zu den Backcountry-­Skiern: Auch wenn in den klassischen Langlauf-DestinationenBackcountry-Läufer noch die Ausnahme sind, so hat doch jeder namhafte Hersteller in diesem Winter diese Modelle im Programm. Und natürlich auch die passenden Schuhe. Die sind wegen des Tiefschnees höher geschnitten. Einfach einen Skating-Stiefel kann man nicht verwenden. „Die Sohlen der Skatingschuhen sind zu steif zum klassischen Schritt", erklärt Simonlehner. Backcountry-Schuhe sind weicher und haben auch eine Gummisohle, damit man im Gelände gehen kann, wenn man die Ski einmal abschnallen muss.

Bei dieser „sanften Version des Skitourengehens" kann man durchaus auch leichtere Hänge abfahren, Stahlkanten machen es möglich. „Aber wenn es steiler wird, muss man schon Telemarken können", zeigt Simonlehner die Grenzen auf.

Damit es bergauf ohne Rutschen geht, gibt es drei Versionen: den Wachsski, den man in der Steigzone anders präpariert als in der Gleitzone, den Schuppen- und den Fell-Ski. Letzterer erinnert ebenfalls ans Tourengehen. „Die Felle nimmt man runter, wenn es eben wird oder bergab geht", erklärt Simonlehner – der den jungen Skiern durchaus Potenzial einräumt: „In unseren Breiten wird sicher die Variante mit Fell die beliebteste werden – weil das Tüfteln beim Wachs wegfällt und der Ski trotzdem viel Halt bietet."

Materialcheck

Das zeichnet den nordischen Backcountry-Ski aus ...

Breite: Um im Schnee nicht zu tief einzusinken, sind die Backcountry Ski breiter als die normalen Klassik-Ski. Nachteil: Sie passen dadurch nicht in die Loipe. Wer sich also für so einen Ski entscheidet, kann nur im Gelände laufen.

Robustheit: Bei der Produktion wird mehr Holz verwendet, um die Ski robuster zu machen, damit sie im freien Gelände nicht brechen.

Kanten: Stahlkanten ermöglichen bessere Steuerung in der Abfahrt und verleihen dem Ski zusätzlich Stabilität.

Länge: Grob gesagt liegt der Backcountry Ski längenmäßig zwischen Skating- und Klassik-Ski. Die tatsächliche Länge richtet sich nach dem Gewicht des Läufers.

Nordischer Backcountry-Ski von Salomon / Bild: Hersteller

Langlaufski-Experte Christian Simonlehner / Bild: kk

Der Experte

CHRISTIAN SIMONLEHNER arbeitet seit 25 Jahren beim Langlauf-Experten „Ski-Willy" in Ramsau am Dachstein und ist dort auch als Chef-Einkäufer tätig.

Web: ski-willy.at

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