Wie geht's 2017 der Outdoorbranche? Ruft der Berg oder ist der Gipfel erreicht? Was liegt im Trend? Was wünschen sich Outdoorsportler von ihren Produkten? Wir fühlen dem ­Outdoormarkt auf den Zahn und haben dafür bei Spitzenvertretern unserer drei großen Vertriebspartner im Sporthandel nachgefragt: bei Gigasport, Intersport und Sport 2000.

Interviews: Christof Domenig und Thomas Polzer


Reinhard Schaffler, Gigasport-Geschäftsführer / Bild: Thomas Polzer

Reinhard Schaffler, Gigasport-Geschäftsführer

Die Zeit der jährlich großen Wachstumsraten der Outdoorbranche gelten als vorbei. Welche Bedeutung hat das Thema Outdoor aktuell für den Sporthandel? Ist der Gipfel erreicht?
Für uns ist Outdoor das wichtigste und größte Segment. Über alle Bereiche – Schuhe, Hartware, Textilien – hatten wir 2016 ein Wachstum von 9 Prozent, am stärksten im Bereich Schuhe. Dass Outdoor nicht mehr automatisch für Wachstum steht, haben wir vor zwei Jahren gemerkt. Danach haben wir im Sortiment einige Veränderungen vorgenommen, noch stärker auf Marken und Qualität gesetzt und seither geht es wieder bergauf.

Im Vorjahr war z. B. Nachhaltigkeit ein beherrschendes Thema. Und heuer?
Das Nachhaltigkeits-Thema hat für uns im Herbst 2015 wirklich begonnen und spielt unverändert eine wichtige Rolle. Wir nennen es „Wear Fair" und es ist unser Ziel, den Kunden Orientierung im Zertifikate-Dschungel zu geben. Das geschieht mit Informationsaufstellern in den Shops genauso wie durch die Mitarbeiter. Ein neues Thema, das wir 2017 stark im Fokus sehen, ist „Mikroabenteuer".

Worum geht es dabei?
Um Kurzausflüge, Erlebnisse in der Natur übers Wochenende, schnelles Wegkommen vom Alltag. Ein Teil der jungen Generation strebt nicht nach dem einen großen Bergabenteuer, sondern will lieber spontan, kurzfristig in die Natur der näheren Umgebung aufbrechen, auch draußen übernachten. Zelte, Trinkflaschen, Messer usw. gehören zu dieser Produktwelt, hier merkt man eine stark gestiegene und noch weiter steigende Nachfrage.

Welche signifikanten Trends sehen Sie noch und wie ist das Durchschnittsalter der Outdoor-Kunden?
Es gibt auch nach wie vor die sehr performanceorientierte Gruppe, die im Alpinbereich verankert ist. Aber generell sehen wir, dass Outdoor breiter und massentauglicher wird. Und auch jünger. Die traditionelle Kernzielgruppe ist 45+ und gut situiert. Mit den schon angesprochenen jungen Abenteurern kommt eine neue, starke Gruppe dazu. Diese Jungen betreiben viele Sportarten, sind dynamisch und einfach gern in der Natur unterwegs. Outdoor besteht nicht mehr nur aus dem Bergsport, sondern wächst beispielsweise mit dem Thema OutdoorFitness und somit anderen starken Marken zusammen.

Welche Rolle spielt eine hochwertige Fachberatung im Outdoorhandel?
Eine sehr wichtige. Der Trend geht zu Qualität und Beratung – weil sich die Erkenntnis durchsetzt, dass hochwertige Produkte bei Passform, Leichtigkeit und Sicherheit überlegen sind und dies in der Praxis deutlich spürbar ist. Bei den Schuhen ist das Thema „Fitting" ein starkes Beratungsthema. Es geht im Shop aber nicht nur ums Beraten, sondern auch ums Angreifen und Erleben – beispielsweise bei unserer Rucksackpackstation, wo man das richtige Packen erlernt und den Unterschied erleben kann, der sich ergibt, wenn man beim Equipment aufs Gewicht der einzelnen Teile achtet.


Bernd Fürtbauer, Sortimentsmanager Outdoor bei Intersport Austria / Bild: Thomas Polzer

Bernd Fürtbauer, Sortimentsmanager Outdoor bei Intersport Austria

Welche Bedeutung hat Outdoor aktuell für den Sporthandel? Die automatischen jährlichen großen Wachstumsraten gelten als vorbei ...
Outdoorsport ist neben Bike und Ski alpin das größte Thema – noch dazu 365 Tage im Jahr. Ich würde derzeit eine Wachstumsrate vor allem in Bezug auf die Qualität sehen. Vom Spaziergänger bis zum Hochalpinisten sind alle, die sich draußen bewegen, an funktionellem, wasserdichtem und atmungsaktivem Material mit hoher Qualität interessiert.

Im Vorjahr sprach alles von Nachhaltigkeit. Wie sieht es 2017 damit aus?
Viele Hersteller produzieren mittlerweile PFC-frei. Auch McKinley, die Exklusivmarke von INTERSPORT AUSTRIA arbeitet ständig an der Optimierung der schadstofffreien Produktion. Wir verwenden bei McKinley schon lange hochwertige Materialien wie Merino-Wolle, S-Café- eine Faser, die aus Kaffeesatz hergestellt wird und somit in das Thema Nachhaltigkeit (Recycling) spielt. Ab 2018 wird auch PFC-frei produziert, also wir nehmen dieses Thema sehr ernst" Vaude war hier der Vorreiter, viele Marken ziehen nach oder werden noch nachziehen. Das ist eine tolle Entwicklung und diese Produkte werden von uns auch gekennzeichnet. Wir legen in unserem Sortiment sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit und ermutigen auch die Hersteller, nachhaltig zu produzieren. Hier hat sich enorm viel in kurzer Zeit getan.

Welche weiteren signifikanten Trends sehen Sie im Outdoor-Segment? Und wie sieht hier das Durchschnittsalter der Kunden aus?
„Mountain Athletic", Trailrunning bzw. Laufen in der Natur – das sind signifikante Trends. Auch, sich einfach in der Natur zu bewegen, nach der Arbeit mal schnell auf den Berg zu gehen. Vier von zehn Kunden sagen, sie wollen einen Funktionsschuh für leichtes Wandern, der auch zum Spazierengehen passt. Die Leute leben bewusster und gesünder und wünschen sich dafür funktionelle und modische Textilien. Die Zielgruppe wird insgesamt breiter und bewegt sich von Jung bis Alt. Beim Material sind Merinowolle und die Gore-Surround-Technologie für Schuhe gewiss signifikante Trends.

Die Outdoor-Szene entwickelte sich über die Jahre auch stark in Richtung Lifestyle. Wie sehen Sie die aktuelle Situation: Zählen Funktion und Sportlichkeit oder Lifestyle und Mode?
Es zählt sicher beides. Marken wie zum Beispiel Ortovox oder Schöffel sind absolut freizeittauglich. Produkte müssen generell immer auch gefallen. Eine Marke muss authentisch sein und ihre Ware funktionell sein und gut aussehen.

Welche Rolle spielt eine hochwertige Fachberatung im Outdoorhandel?
Beratung ist das Um und Auf. Schließlich hängt von einem Outdoor-Produkt unter Umständen ein Leben ab. Unsere interne Aktion für Beratungskompetenz nennen wir „Best in Town", sie beinhaltet regelmäßige Schulungen für unsere Verkäufer ebenso wie die Möglichkeit, möglichst viele Produkte selbst zu testen.

Persönliche Frage zum Schluss: Welcher Outdoortyp sind Sie selbst?
Ich habe schon alles bis zum Klettern und Klettersteiggehen ausprobiert, bin aber ein leidenschaftlicher Wanderer und Trailrunner. Ich genieße die Natur, kann dabei abschalten und bin immer gerne draußen.


Dr. Holger Schwarting, Sport-2000-Vorstand / Bild: Thomas Polzer

Dr. Holger Schwarting, Sport-2000-Vorstand

Welche Bedeutung hat das Thema Outdoor aktuell für den Sporthandel? Ist der Gipfel erreicht?
Gesamt gesehen ja: Es stagniert bzw. wächst nur leicht. Aber für SPORT 2000 ist das Outdoorsegment überproportional wichtig, hier generieren wir über 20 Prozent des Gesamtumsatzes. Besonders wichtig ist das Segment bei Händlern im Westen und Süden, wo auch viele Touristen sind. Insgesamt wollen wir uns zum Verband der Spezialisten im Outdoorbereich entwickeln und auch noch mehr Outdoor-Spezialisten unter den Händlern ansprechen. Was wir auch feststellen: Qualität wird immer wichtiger und Kunden wünschen wirklich kompetente Ansprechpartner im Handel.

Hochwertige Fachberatung spielt also eine entsprechend große Rolle?
Mehr als das: Sie wird zu dem entscheidenden Faktor! Ansonsten würde der Diskont und das Internet gewinnen. Es geht nur über Topberatung durch perfekt ausgebildetes Personal und Topqualität. Dafür investieren wir stark in Schulungen. Neben der besten Beratung wollen wir den Kunden auch überall Profitools zur Verfügung stellen – z. B. zur Fuß- und Schuh­analyse im Outdoorbereich. Hier sind wir gerade mittendrin in der Konzept­entwicklung, die in den nächsten 6 bis 12 Monaten abgeschlossen sein soll.

Im Vorjahr war Nachhaltigkeit ein beherrschendes Thema. Ist es das heuer auch noch?
Das Thema wird nun auch für den Verbraucher immer wichtiger und fordert Verantwortung von Hersteller- und Händlerseite. SPORT 2000 hat die Aktion „Green and Fair" ins Leben gerufen, die über eine Kooperation mit Bluesign funktioniert. Wir fördern das Thema und ermutigen auch die Marken dazu.

Wo sehen Sie weitere signifikante Outdoor-Trends? Und wie sieht es eigentlich mit dem Durchschnittsalter der Kunden aus?
Sportarten wie Speedhiking werden immer wichtiger. Generell steigt die Nachfrage nach hochwertigen Artikeln, z. B. beim Thema Klettersteig-­Sicherheit, aber auch bei hochwertigen Funktionstextilien.

Die Outdoor-Szene entwickelte sich über die Jahre auch in Richtung Life­style. Aktuell: Zählen Funktion und Sportlichkeit oder Lifestyle und ein cooler Look?
Der Outdoorbereich ist vor ca. 10 bis 12 Jahren richtig durchgestartet. - Es wurde trendige Outdoormode zunehmend auch im Alltag getragen – auch in der Stadt – und davon hat der Sporthandel sehr profitiert. Die Modebranche hat danach begonnen diese auch im Handel zu führen. Der Sporthandel muss sich hier künftig deutlich abheben. Dies tun wir durch starke Outdoorbrands, hohe Qualität und die oben erwähnte persönliche Top-Beratung.

Abschlussfrage: Was reizt Sie selbst outdoor am meisten?
Wandern in der Natur – das wirkt beruhigend und ausgleichend.


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