Jahr für Jahr werden es mehr Hobbysportler, die sich dem Triathlon ­verschreiben. Aber auch im Spitzensport soll es, knapp zehn Jahre nach ­Kate Allens Olympiasieg, nun wieder steil aufwärts gehen. Der heimische ­Triathlonverband ÖTRV stellt die Weichen dafür – und verspricht für Juli ein richtig „steiles“ World Series-Rennen in Kitzbühel.

Im Triathlon gibt es Kurzdistanz- oder Langdistanzspezialisten; von „Kletterspezialisten“ wie im Radsport hat man dagegen noch nichts gehört. Zumindest nicht auf Weltklasse-Niveau. Doch das könnte sich bald ändern: "Unser ‚Kitzbühel-Triathlon‘ am 6. Juli schlägt ein neues Kapitel in der WM-Geschichte auf, mit der vielleicht spektakulärsten Streckenführung aller Zeiten", freut sich Herwig Grabner, Generalsekretär im Österreichischen Triathlonverband (ÖTRV) und gleichzeitig Geschäftsführer der verbandseigenen Event-GmbH, die das Rennen in Kitzbühel organisiert.
Die spektakuläre Premiere beim Triathlon in der Gamsstadt: Nach 1 km Schwimmen im Schwarzsee führt die Radstrecke nun auf 11,5 km Länge mit bis zu 22 Prozent Steigung aufs Kitzbüheler Horn hinauf, wo auch die Österreich-Radrundfahrt die steilste­ Bergankunft des Landes zelebriert. Oben werden dann noch 3 km zum Gipfelhaus gelaufen – und nochmals ordentlich Höhenmeter gesammelt.
Dass bei dieser Premiere die Besten der Welt am Start sind, dafür bürgt neben dem Preisgeld von 150.000 $ auch die Zugehörigkeit zur ITU World Series (die „Weltmeisterschafts“-Serie) – als eines von weltweit nur acht Rennen! Und auch das ist neu: Das Kitzbüheler­ Bergauf-Sprintformat verspricht eine Siegerzeit rund um eine Stunde und ist daher wie gemacht fürs Fernsehen: "ARD überträgt im triathlonverrückten Deutschland live “, frohlockt Grabner, „und auch bei uns schaut es mit einer Direktübertragung, entweder im ORF oder in Servus TV, sehr gut aus."

KOMMERZIELLE KONKURRENZ
Was Herwig Grabner zwar nicht ausspricht, was aber sicher auch ein Scherflein zu seiner Freude beiträgt: Der Kitzbüheler Coup verspricht einen Bewerb, der es im öffentlichen Interesse mit dem Ironman Austria in Klagenfurt aufnehmen kann. Für alle, die es nicht wissen: Die Triathlonwelt ist ja zweigeteilt. Zwischen dem offiziellen Weltverband ITU (International Triathlon ­Union) und der kommerziellen privaten WTC (World Triathlon Corporation), welche die weltweite Ironman- und andere bekannte Rennserien (70.3, XTerra und 5150) veranstaltet, fliegen international regelmäßig die Fetzen.
Der ÖTRV­ steht dabei als offizieller heimischer Sportverband klarerweise auf Seiten der ITU. Und die beliebten heimischen WTC-Veranstaltungen Ironman, 70.3 und Co., aber auch Rennen wie zum Beispiel jene der "Tristar"-Serie laufen deshalb am ÖTRV vorbei. Zwar ist in Österreich das Verhältnis zwischen Verband und den privaten Anbietern zum Glück weit entspannter als weltweit: "Jede gute Veranstaltung hilft unserer Sportart – und der Ironman hat auch bei uns viel zum Triathlonboom beigetragen", sagt Herwig Grabner anerkennend.
Trotzdem: Um auch am Eventsektor punkten zu können, hat der ÖTRV­ im Frühling 2012 eine eigene Event-GmbH gegründet – und erntet nun, wie es scheint, die Früchte dafür: Mit dem World Series Triathlon in Kitzbühel hat man gleich Österreichs sportlich wichtigstes Rennen übernommen und gießt dieses nun eben in ein Aufsehen versprechendes neues Format. Ein zweiter Streich ist auch schon fixiert: 2014 wird wiederum Kitzbühel Schauplatz der Triathlon-Europameisterschaft sein. Durch die verschiedenen Altersklassen darf der Verband dort rund 1.000 heimischen Athletinnen und Athleten ein Startticket anbieten. Ab heuer läuft die Qualifikation für dieses Spektakel bei sieben heimischen ÖTRV-Rennen.

SZENE HAT SICH VERDREIFACHT
Für die heimische Triathlonszene stehen die Vorzeichen also weiterhin auf Höhenflug. Seit einigen Jahren darf man ja ohne Übertreibung von einem Boom sprechen – zumindest im Breitensport. Verbandsintern gilt diesbezüglich die Zahl der Finisher bei Wettkämpfen als wichtigste Kennzahl – und die ist seit Kate Allens Olympiasieg im Jahr 2004 noch jedes Jahr stark angestiegen: Von 13.100 Finishern im Jahr 2005 auf zuletzt 35.500. Was annähernd eine Verdreifachung bedeutet. "Ausdauersport findet, auch durch steigendes Gesundheitsbewusstsein, ja generell viel Zulauf. Und nach Halbmarathon und Marathon ist für viele ein Triathlon die logische Herausforderung", analysiert Herwig Grabner.
Auch die Triathlon-Vereine berichten von großem Interesse und Neuanmeldungen aus unterschiedlichsten Schichten und Altersgruppen. Für den Einstieg in den „Dreier“ aus Schwimmen, Radfahren und Laufen ist es eben fast nie zu früh oder zu spät – und die drei Grundsportarten beherrscht ja zumindest im Ansatz jeder. Noch ein Bonus für die Sportart: Das Material für einen "Schnuppertriathlon" ist in jedem sportlichen Haushalt zu finden.
Andererseits gehört für die Eingefleischten die exzessive Beschäftigung mit dem Material zum guten Ton: Vom Neoprenanzug bis zur carbonbestückten Triathlonmaschine ist auch unter Hobbytriathlet/-innen alles zu finden, was gut und teuer ist. Was den Triathlonsport letztlich auch zum lukrativen Markt für die Industrie macht.

TRAINER DES OLYMPIASIEGERS
Also alles Eitel-Wonne-Sonnenschein, wohin man blickt? Nicht ganz. Im heimischen Spitzensport hat es schon einmal besser ausgesehen: Acht Jahre nach Kate Allens Olympiasieg landeten die beiden österreichischen Teilnehmer in London 2012, Andreas Giglmayr und Lisa Perterer, abgeschlagen im hinteren Teil des Feldes. Herwig Grabner zur Situation: "Einerseits war zwar schon die Qualifikation der beiden ein Erfolg, Lisa Perterer war mit 20 Jahren auch die Zweitjüngste im Feld. Andererseits gibt es klarerweise den Anspruch, mehr als ‚nur dabei‘ zu sein. Deshalb läuft seit Kurzem unser Projekt ‚Rio 2016‘." Fünf Athletinnen und Athleten finden sich im "Rio 2016"-Kader, rund 50 gemeinsame Trainingstage im In- und Ausland wird es jährlich geben. Und als Coach wurde ein deutscher Topmann verpflichtet: „Roland Knoll, der Jan Frodeno zum Olympiasieger formte.“

Aquathlon im Schulsport

Auch eine Etage darunter wird fleißig­ gearbeitet: Unter dem Projekttitel „2020“ werden ab heuer auch die besten heimischen Nachwuchsathleten vom ÖTRV extra gefördert. Für eine reine Ausdauersportart sei das Interesse von Jugendlichen und Kindern generell erfeulich, sagt Grabner – „viele aktive Triathleten mit Kindern, sowie Veranstalter, die auch Kinderbewerbe einbauen, helfen dabei mit.“ Ab kommendem Schuljahr will man die Sportart auch wieder im Schulsport verankern – in der Spielart Aquathlon (Schwimmen und Laufen): „Der Transport der Räder zu Schulwettkämpfen hat sich nämlich als zu aufwändig erwiesen.“ Kurz gesagt: Es wird an vielen Rädchen gedreht, die vielleicht wieder einmal einen internationalen rot-weiß-roten Erfolg à la Kate Allen möglich machen.

FINISHEN IST ALLES
Medaillen zu bejubeln ist freilich die eine Sache – einen Sieg über sich selbst zu feiern, eine andere: Das "Finishen" eines Triathlons ist für viele das größere Ziel als das Mitfiebern bei Weltklasse­events. Und dafür bietet die heimische Szene auch 2013 wieder für alle das Passende – den "Schnupperern" und Kindern genauso wie den Kurzdistanzlern bis zu den "Härtesten unter der Sonne".


DER SCHNELLSTE WEG ZUM TRIATHLON

Der Österreichische Triathlonverband (ÖTRV)
Gründungsjahr: 1987
Verbandsadresse: 4030 Linz, Löwenzahnweg 7
Kontakt: Telefon: 0732/38 12 21
E-Mail: office@triathlon-austria.at
Web: www.triathlon-austria.at


DIE WICHTIGSTEN TRIATHLONDISTANZEN

Sprinttriathlon: 0,75 km Schwimmen/20 km Rad/5 km Laufen
Kurzdistanz (Olympische Distanz): 1,5 km/40 km/10 km
ITU-Mitteldistanz: 2 km/80 km/20 km
Alternativ: 70.3 (Half-Ironman): 1,9 km/ 90 km/21,1 km
ITU Langdistanz (Double Olympic): 3 km/80 km/20 km
ITU-Langdistanz (Triple Olympic): 4 km/120 km/30 km
Ironman: 3,8 km/180 km/42,2 km


SONST NOCH WISSENSWERT

  • Triathlon gehört seit 2000 zum Programm der Olympischen Spiele. Der ÖTRV ist der einzige Sommersportverband in Österreich, der bei allen Olympischen Spielen, bei denen die Sportart zum Programm gehörte, Teilnehmer/-innen entsenden konnte.
  • Der größte Erfolg im heimischen ­Triathlonsport ist der Olympiasieg von Kate Allen im Jahr 2004. Der Trainingsaufwand, den auch Breitensportler betreiben, ist durch die Kombination der drei Ausdauersportarten beachtlich: Fünf bis sieben Stunden pro Woche sind für Sprint- und Olympische Distanz das Minimum.
  • Für Langdistanzen wie Ironman sind Trainingsumfänge wie im Spitzensport (ab 15 Stunden/Woche) nötig.