Hier legen wir einen Exkurs zu den immer beliebter werdenden Klettersteigen ein: Diesmal zeigen wir, was man zum sicheren Gehen auf diesen eisernen Wegen unbedingt wissen muss. Aber wie immer gilt: Lass es dir unbedingt trotzdem von einem Profi persönlich zeigen.

Der Run auf die Klettersteige ist größer denn je – gerade in der Urlaubszeit, denn die nutzen viele Neulinge, um einmal auszuloten, wie es sich in einer senkrechten Wand anfühlt. Dafür sind die Klettersteige ja auch wirklich perfekt – vorausgesetzt, man beachtet die Spielregeln.
Deshalb wollen wir diesmal mit Naturfreunde-Profi Martin Edlinger zeigen, dass man auch in den gesicherten Klettersteigen die Grundschule des Kletterns beherrschen und beherzigen muss. Zuvor aber mahnt gleich der Experte: „Die falsche Anwendung der Ausrüstung ist statistisch die häufigste Unfallursache. Ein häufiger Fehler von Einsteigern liegt zudem in der Tourenplanung – dass man nämlich die Anforderung und die Länge auf einem Steig unterschätzt. Man sollte immer mit einem einfachen Steig starten, und sich an schwierigere herantasten.“
Was man zur Sicherungstechnik und zur Steigtechnik wissen muss, lernt man am besten in einem Klettersteigkurs, den man zum Beispiel bei den Naturfreunden oder in jeder Berg- und Alpinschule belegen kann. Hier geben wir ­euch einen Überblick, was man in einem solchen Kurs lernt – aber wie immer gilt: Gedrucktes kann den persönlichen Kontakt mit Profis nicht ersetzen, sondern nur ergänzen!
Übrigens: Auch für so einen Kursbesuch wäre die Urlaubszeit doch ideal. Danach ist man auf den eisernen Wegen wirklich auf der sicheren Seite.

DIE WICHTIGSTEN REGELN FÜR KLETTERSTEIGTOUREN ZUSAMMENGEFASST
• Nur wer mit seiner Ausrüstung gut vertraut ist und damit umgehen kann, sollte Klettersteige begehen.
• Grundlage jeder Tour ist eine gute und genaue Tourenplanung mit Klettersteigführer und Karte! Beachte den Schwierigkeitsgrad und die Länge des Steigs und überschätz dich nicht.
• Mach dich über die zu erwartende Wettersituation sowie über Verhältnisse vor Ort, auch Zu- und Abstieg betreffend, schlau.
• Check am Ausgangspunkt noch einmal, ob wirklich alles im Rucksack ist.
• Prüfe am Einstieg die Steiganlage (ist sie überhaupt geöffnet?) und achte darauf, wie viele Kletterer schon unterwegs sind und ob das Wetter wirklich halten wird.
• Bevor es los geht: PARTNERCHECK! Dabei prüfen zwei Kletterer gegenseitig durch Anschauen und Angreifen durch, ob ihre Ausrüstung vollständig und richtig angelegt ist.

DIE AUSRÜSTUNG - WAS KLETTERER AM KLETTERSTEIG BRAUCHEN

Foto: Thomas Polzer - 1. Die Ausrüstung

  • Einen Kletterhelm. Keinen Fahrradhelm verwenden, wie es manchmal zu sehen ist. Das gilt selbstverständlich auch für Kinder!
  • Einen Klettergurt (Hüftgurt).
  • Ein Klettersteigset. Das „Y-Set“ hat sich gegenüber dem „V-Set“ durchgesetzt, da man nur bei ihm immer zwei Karabiner im Stahlseil einhängen kann (Sicherheitsplus!). Das Y-Klettersteigset verfügt über einen „Fangstoßdämpfer“, um Stürze sanft abzufangen – entweder mit einer Seilbremse oder per Reißnaht.
  • Klettersteighandschuhe. Sie beugen Verletzungen durch abstehende Drahtlitzen sowie Blasen vor. Bikehandschuhe, die ähnlich ausschauen, sind der Belastung nicht gewachsen!
  • Passendes Schuhwerk. Es hängt von der Schwierigkeit des Steigs und von der Beschaffenheit von Zu- und Abstieg ab, welche Schuhe ideal sind. Das kann ein bedingt steigeisenfester Bergschuh, aber auch ein Kletterschuh mit Reibungssohle sein. Fest steht: Normale Sportschuhe sind wegen ihres weichen Sohlenaufbaus ungeeignet.
  • Das Notfallpaket. Erste-Hilfe-Packerl, Biwaksack und Handy müssen im Rucksack unbedingt dabei sein!


ANLEGEN DES KLETTERSTEIGSETS
Die richtige Verbindung von Hüftgurt und Klettersteigset erfolgt mit einem Ankerstichknoten durch beide Schlaufen – die Hüftgurtschlaufe und die Beinschlaufe. Lass dir von einem Profi zeigen, wie das gemacht wird!

Foto: Thomas Polzer - Anlegen des Klettersteigsets


DIE SICHERUNGSTECHNIK

  • Immer alle beiden Karabiner im Stahlseil einhängen!
  • Außer beim Umhängen müssen bei Y-Klettersteigsets immer alle beiden Karabiner am Stahlseil eingehängt werden.

Foto: Thomas Polzer - Sicherheitstechnik1

  • Beim Umhängen über einen Verankerungspunkt des Stahlseils hinweg nimmst du zuerst den vorderen Karabiner und hängst ihn weiter vorne ein, dann erst den hinteren Karabiner. Nie beide gleichzeitig! Die zweite Hand bleibt am Stahlseil.

Foto: Thomas Polzer - Sicherheitstechnik2


KRAFTSPAREND KLETTERN
Denk daran: Die Arme bleiben möglichst gestreckt und um Kraft zu sparen, solltest du die Arme möglichst oft in gestreckter Position belassen.

So schaut die perfekte Position aus:Arme gestreckt, Oberkörper nach hinten, Hüfte nahe bei der Wand. Außerdem gilt: mit den Händen nicht klammern, sondern das Seil so weich wie möglich greifen.

Foto: Thomas Polzer - Kraftsparend Klettern richtig

So wird‘s von Anfängern oft falsch gemacht: Wer sich mit abgewinkelten Armen und an den Fels gelehntem Oberkörper am Seil festklammert, ist mit den Kräften bald am Ende.

Foto: Thomas Polzer - Kraftsparend Klettern falsch

Erst höhersteigen, dann die Beine durchstrecken: Die „Hubarbeit“ sollte, so gut es geht, aus den Beinen kommen. Die Arme sind nur zum Halten da.

Foto: Thomas Polzer - Erst höhersteigen, dann die Beine durchstrecken1

Foto: Thomas Polzer - Erst höhersteigen, dann die Beine durchstrecken2

Exakt steigen: Genaues und präzises Steigen gibt Sicherheit und erleichtert die Fortbewegung. Voraussetzung dafür ist, dass du dir die Tritte, die du dir aussuchst, gut anschaust – und nicht „blind“ ausprobierst, ob der Fuß Halt findet.
Foto: Thomas Polzer - Exakt steigen

KINDER ZUSÄTZLICH MIT SEIL SICHERN
Unter 50 Kilo Körpergewicht ist das Verletzungsrisiko bei Stürzen durch die Konstruktion der Klettersteigsets höher! Klettersteigsets sind grundsätzlich auf Menschen mit durchschnittlichem Körpergewicht ausgelegt. Wie neue Untersuchungen zeigen, haben Kinder und Leichtgewichte unter 50 kg Körpergewicht bei einem Sturz ein höheres Verletzungsrisiko. Aber eigene Klettersteigsets für Kinder gibt es noch nicht!
Zumindest an schwierigen Stellen sollen daher Kinder von Erwachsenen unbedingt zusätzlich mit einem Seil gesichert werden! Wie das geht, lernt man vom Profi – in einem Kletter- oder Sicherungskurs, den man zum Beispiel bei den Naturfreunden machen kann.

Foto: Thomas Polzer - Kinder zursätzlich mit Seil sichern