Mit seinen Liebsten teilt man doch gern. Doch lässt sich deshalb auch das Hobby Laufsport einfach im Familienverband teilen? Zusammen mit dem SPORTaktiv-Laufexperten Mag. Kurt Steinbauer gingen wir dieser Frage auf den Grund.


Es gibt sie natürlich, die „Lauffamilien“, die gemeinsam von Volkslauf zu Volkslauf tingeln und bei denen auch auf der Urlaubsfahrt stets eine gut gefüllte Tasche mit den notwendigen Laufutensilien von Papa, Mama und Kids mit an Bord ist. Aber solche im Laufsport vereinte Familienteams sind eher die Ausnahme als die Regel. Genauso gibt es Paare, bei denen das gemeinsame Laufen wunderbar und harmonisch funktioniert – viel größer aber ist wohl die Zahl derer, die das Paar-Laufen wieder aufgegeben oder erst gar nicht probiert haben.

Denn man kann es drehen und wenden wie man will: Ein klassischer „Familiensport“ wie das Wandern oder zu einem Teil auch das Radfahren ist das Laufen sicherlich nicht. Einfach, weil die physischen Anforderungen höher und daher Menschen unterschiedlicher Leistungsfähigkeit schwieriger unter einen Hut zu bringen sind.

„Laufen im Familienverband kann natürlich trotzdem funktionieren – muss es aber nicht“, wiegelt auch Sportwissenschafter, Lauftrainer und „Familienmensch“ Mag. Kurt Steinbauer ab. Vielfach hat es wahrscheinlich auch mit Glück zu tun, wenn zwei sich finden, bei denen es läuferisch einfach passt. Was wiederum nicht heißt, dass man dem Glück nicht auch auf die Sprünge helfen kann, wenn man ein paar Grundlagen weiß. Und natürlich kann man das Gemeinsamlaufen im sommerlichen Familien- bzw. Pärchenurlaub einfach einmal ausprobieren. Und damit sind wir schon mitten drin in dieser Laufgeschichte.

LAUF-PARTNERSCHAFTEN
Starten wir mit dem „Paarlauf“, schließlich scheint es leichter, zwei erwachsene Partner läuferisch auf einen gemeinsamen Nenner zu brin gen, als gleich mehrere Familien-Generationen. Zumindest wenn nicht gerade einer der Partner ernsthaft nach striktem Erfolgsplan trainiert, sollte das mit der gemeinsamen lockeren Laufrunde zum Beispiel im Urlaub kein Problem sein. Gilt es doch laut Coach nur ein Kriterium zu beachten: „Es muss für beide stressfrei ablaufen! Für Zwangsbeglückungen ist gerade im Urlaub kein Platz.“ Ansonsten sind die Verhaltensregeln einfach: Der Partner, der körperlich besser drauf ist, passt sich dem anderen an, ordnet sich bei Tempo und etwaigen Gehpausen unter. „Aber aufpassen: Wer beim Nebeneinanderlaufen ständig auch nur einen halben Schritt voraus ist, bestimmt schon das Tempo und drängelt, ohne es zu merken. Da ist einfach Zurückhaltung gefragt.“

Etwas schwieriger wird es, wenn die „Laufbeziehung“ über den Urlaub hinaus anhalten soll. Auch wenn sich beide als bloße „Genussläufer“ ohne Trainingsambition fühlen, ist von Frauen immer wieder zu hören, dass sie sich unter Druck fühlen, mit ihm schneller laufen zu müssen, als sie es allein tun würden. Mag sein, dass es unbewusst doch mit den unterschiedlichen Laufmotiven zusammenhängt: Es klingt zwar klischeehaft, wird aber auch von Studien bestätigt, dass Männer im Sport sich eher erproben und mit anderen messen wollen – Frauen dagegen wollen häufiger einfach gesund bleiben und stressfrei ihrem Körper Gutes tun.

Ein gemeinsames, zielgerichtetes Training kann sich Laufexperte Kurt Steinbauer am besten in Teilen vorstellen: „Man geht eine Stunde gemeinsam laufen, der stärkere Partner hängt dann noch eine halbe Stunde dran. Für den einen ist das dann eben eine Grundlageneinheit, der andere hat intensiver trainiert.“ Man kann auch Lauf-ABC-Übungen gemeinsam durchführen; man kann sich erst gemeinsam einlaufen, dann trennen und einen Treffpunkt für die abschließende Auslauf- und Dehneinheit vereinbaren.

LAUFEN MIT KINDERN
Um einiges schwieriger aber wird die familiäre „Laufvereinigung“, wenn Kinder mit im Spiel sind. Denn hier geht es nicht bloß um Motivation und Rücksichtnahmen – es bedarf schon eines Grundlagenwissens, um zu verstehen, wie das Miteinander von Erwachsenen und Kindern auf der Laufstrecke funktionieren kann und wie nicht. Wichtigster Anhaltspunkt für eine gemeinsame Lauferei mit Spaßgarantie ist dabei klarerweise das Alter:


BIS ZUM VOLKSSCHULALTER
„Da ist ein gemeinsames Laufen unrealistisch“, sagt unser Sportwissenschafter Kurt Steinbauer, „zumindest so, wie es wir Erwachsene unter einer Laufrunde verstehen. Was in diesem Alter selbstverständlich gemacht werden soll: Wann immer es geht, den natürlichen Bewegungsdrang der Kids zu unterstützen und zu fördern.“

VOLKSSCHULE BIS PUBERTÄT
Auch da ist der Bewegungsdrang von Kindern generell immer noch sehr groß. „Kinder sind prinzipiell im aeroben Bereich gut ausdauerbelastbar. Und sie suchen sich Vorbilder, laufende Eltern(-teile) sind also nicht die schlechteste Voraussetzung.“ Gut möglich, dass Kinder auch mit auf die Laufrunde wollen, wenn sie es von Papa oder Mama als tolles Erlebnis wahrnehmen. Genauso gut möglich ist es dann aber auch, dass sie nach kurzer Wegstrecke das Interesse verlieren – was unbedingt zu akzeptieren ist. Je jünger die Kinder, desto wichtiger sind Abwechslung, Fantasie, unterschiedliche Bewegungsformen statt der typischen Monotonie des Dauerlaufes. Andererseits sind anaerobe Belastungen, also im hohen Pulsbereich, unbedingt zu vermeiden. Lieber gelaufene Strecken mit Gehpausen miteinander kombinieren, am besten in einer spannenden Umgebung, in der es etwas zu zeigen und zu erzählen gibt.

„Kinder können in dem Alter noch kaum abschätzen, in welchem Tempo sie längere Strecken durchhalten. Meist starten sie schnell und bleiben dann stehen“, weiß Familienvater Kurt Steinbauer aus eigener Erfahrung. Eltern müssen hier behutsam steuernd eingreifen. Sie sollten Kinder aber auch ihre eigenen Erfahrungen machen lassen – starre Tempovorgaben und vor allem lehrmeisterndes Auftreten sind nämlich für Kinder absolut demotivierend. Wie so eine Tempokontrolle ausschauen kann? „Die beste Kontrolle ist die Eigenmotivation der Kinder – der Puls ist dabei überhaupt nicht aussagekräftig.“ Jedenfalls sind je nach Lust der Kids Strecken zwischen 3 und 7 Kilometer Länge in diesem Alter schon möglich, aber natürlich kein Muss.

Schließlich noch ein wichtiger Punkt, der unbedingt zu beachten ist und umso mehr gilt, je jünger Kinder sind: „Bei ihnen funktioniert der Wärmeabtransport nicht wie bei Erwachsenen – sie überhitzen viel leichter“, so die Expertenwarnung.

AB DER PUBERTÄT
Mit Einsetzen der Pubertät und mit dem Wachstum wird die (aerobe) Ausdauerleistungsfähigkeit noch einmal wesentlich größer. „Der Zuwachs der Herz-Kreislaufkapazität ist im Verhältnis zum Körpergewicht überproportional groß, womit sich in der Regel eine sehr gute aerobe Ausdauerbelastbarkeit ergibt“, erklärt der Sportwissenschafter.

In dieser Altersphase kann man mit Kindern erstmals auch ein gezieltes Ausdauertraining im aeroben Bereich durchführen. Mit intensiven Belastungen (also im anaeroben Bereich) sollte dagegen nach wie vor Zurückhaltung geübt werden.

AB CA. 16 JAHREN
... sind Jugendliche, was das Lauftraining bzw. gemeinsame Laufrunden betrifft, nicht anders als Erwachsene einzustufen. In diesem Alter machen erstmals auch intensivere Einheiten Sinn, vorausgesetzt, die Grundlagenausdauer stimmt. Und natürlich auch die Lust am Laufen ...

MOTIVATIONSHILFEN
Gibt es eigentlich Motivationstipps, die Eltern anwenden können, um Kinder zum Versuch einer gemeinsamen Laufrunde zu bewegen? Kurt Steinbauer: „Man kann Anstöße geben, als Vorbild wirken, Kinder zum Beispiel auch einmal zu einem Laufevent mitnehmen und schauen, wie ihnen das Wettkämpfen gefällt.“ Sicher ist: Erfolgserlebnise motivieren, emotionale Komponenten ziehen, rationale Argumente dagegen überhaupt nicht – noch weniger als bei uns Erwachsenen.

Der Antrieb zum Laufen sollte insgesamt schon von den Kindern selbst kommen. „Wenn sie abolut keine Lust darauf haben, sollte man alternative Bewegungsformen suchen. Es gibt für jedes Kind eine Bewegungsform die Spaß macht und motiviert. Man muss sie nur finden.“
Womit wir wieder beim eingangs Gesagten wären: Erwartungen lieber zurückschrauben! Wenn laufende Eltern als Idole doch nicht ziehen, dann haben sie auch nichts falsch gemacht.

Abschließend nochmals zu den hohen Erwartungshaltungen gerade im Urlaub – und speziell bei begeisterten Laufsportlern: In dieser freien Zeit ist der moderne Mensch mit all seinen Alltagszwängen bekanntlich sehr anfällig. Dem Phänomen, alles unterm Jahr (auch emotional) Versäumte dann im Urlaub zu erwarten und nachzuholen, hat der Hamburger Freizeitforscher Horst Opaschowski sogar einen Namen gegeben: „Glückszwang“. Diese Einstellung verursacht in erster Linie Stress und ist oft dafür verantwortlich, wenn der Urlaub in die Hose geht. Also: Lieber locker an den Urlaub herangehen, auch was die Erwartung an gemeinsame Laufabenteuer betrifft. Und umso mehr genießen, wenn es tatsächlich auch im Familienverband laufen sollte ...


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