Nicht zuletzt dank der Erfolge von Dominic Thiem oder Sebastian Ofner träumen viele talentierte Kinder und Jugendliche davon, einmal den Durchbruch an die Tennis-Weltspitze zu schaffen. Doch wie läuft eigentlich der Weg an die Spitze? Wie können Eltern talentierte Kids fördern, und was trägt der Österreichische Tennisverband (ÖTV) dazu bei?

von Jens Huiber

Drei Tage hatte sich Dominic Thiem nach seinem Einzug in das Halbfinale von Roland Garros Pause gegeben, dann ist Österreichs Ausnahmespieler schon wieder auf dem Platz gestanden. Nicht gegen Rafael Nadal wie noch in Paris, sondern mit einer Schar an talentierten Kindern, die der Niederösterreichische Tennisverband zu einer Sichtung geladen hatte. Dominic Thiem taugt zum Vorbild, kein Zweifel. Thiems Fairness ist im Tenniszirkus schon legendär, die Umgangsformen des 23-Jährigen würden jeden Vater stolz machen. Coach Günter Bresnik erfreut sich nicht nur an der Ästhetik des Spiels seines Schützlings, Thiem hat an seinem Beruf augenscheinlich Freude, immer, überall.

Freude am Tun ist auch der Schlüssel, wenn es um die Förderung talentierter Nachwuchsspieler geht. „Wenn Kindern etwas Spaß macht, ist es völlig egal, ob sie zehn, 15, 20 Stunden auf dem Tennisplatz verbringen“, sagt Christopher Kas, selbst zweifacher Vater, der im Moment die Deutsche Mona Barthel auf der WTA-Tour betreut. „Wenn natürlich die Eltern sagen, die Tochter oder der Sohn muss 20 Stunden pro Woche auf den Tennisplatz, dann schaut die Sache anders aus.“ Die Motivation muss von innen kommen, externe Anreize werden auf Dauer nicht über harte Trainingseinheiten bei unwirtlichen Bedingungen oder unglückliche Erstrunden-Niederlagen hinweg helfen.

FRÜHE WEICHENSTELLUNG
Der Weg unter die Top 100 wird ohnehin immer beschwerlicher. Tennisprofi ist kein Beruf für Quereinsteiger, pures spielerisches Talent ist kein Garant für eine erfolgreiche Karriere. Wer sich dieser Profession hingeben will, muss früh wichtige Entscheidungen treffen: Wo trainiere ich, mit welchem Trainer, und vor allem – wie lässt sich die sportliche Ambition mit den schulischen Verpflichtungen verknüpfen? Unterstützung in sportlicher Hinsicht erfahren die talentiertesten Kinder vom Österreichischen Tennisverband (ÖTV). „Ab der Altersstufe U10 gibt es Workshops und Vergleichskämpfe,“ erzählt Nachwuchs-Koordinatorin Marion Maruska. „Ab der U12 folgen Entsendungen und Nationaltrainings, ab der U16 stehen Leistungszentren in Linz für die Damen und in der Südstadt für die Herren zur Verfügung. Individualförderung bekommen diejenigen, die nicht in ein Leistungszentrum gehen möchten.“ Jugendliche, die vom ÖTV gefördert werden, müssen umgekehrt selbstredend Leistungen liefern. „Für die Individualförderung gibt es einen Korridor, der zu erfüllen ist, damit sie diese Förderung bekommen“, so Maruska weiter. „Bei allen anderen Förderungen werden immer die Besten der einzelnen Jahrgänge zu den Turnieren entsandt oder zu Nationaltrainings eingeladen.“

GEFORDERTE ELTERN
Die Burgenländerin Eva Nyikos hat viele nationale Nachwuchstitel gewonnen und mit 18 soeben die Matura bestanden. Die Förderung durch den Burgenländischen Tennisverband habe schon sehr früh eingesetzt, erinnert sich Vater Martin Nyikos. Zu Beginn wäre diese in erster Linie als Unterstützung bei Turnierfahrten und Trainingslagern zu spüren gewesen, finanziell hätte es wenig später ebenfalls Hilfe gegeben. Solange die Motivation von Eva stimmt, nimmt Nyikos senior alle Mühen auf sich, die seiner Tochter signalisieren: Ich stehe hinter dir. In den letzten beiden Jahren spielte Eva in einer Münchener Mannschaft, das hieß auch: fünf Stunden An-, fünf Stunden Abreise, mindestens an einem Tag die Woche. Die Anstrengungen sind aber natürlich auch finanzieller Natur. Ex-Weltklassespieler Alexander Antonitsch beziffert den jährlichen Aufwand für seine Tochter Mira, die ebenfalls 18-jährig vor dem Sprung ins Profitennis steht, auf eine knapp sechsstellige Summe. Vor allem die Reisen und die Kosten für Coach und medizinische Versorgung sind ohne Sponsoren kaum zu bezahlen.

VORBILD SKIVERBAND
Das ÖTV-Budget für die Leistungszentren, Trainer, Entsendungen etc. beziffert Maruska mit etwa € 750.000,– pro Jahr. Je nach Sichtweise ein stolzer oder überschaubarer Betrag. Vom Deutschen Tennis Bund ist bekannt, dass einzelne Spieler mit bis zu 150.000,– Euro jährlich gefördert werden. Nicht im Sinne einer Geldzuwendung, aber eben für die Bereitstellung der besten Coaches und die Reisen zu internationalen Turnieren. Im Österreichischen Skiverband (ÖSV) wissen die Athleten die guten Kontakte zur Industrie zu schätzen, im Zweifel hilft der allmächtige Präsident bei der Suche nach persönlichen Sponsoren mit. „Der ÖTV ist ebenfalls bestrebt, diese Funktion mehr und mehr zu übernehmen und Verträge und Sponsoren für die jungen Spieler auszuhandeln“, erklärt Thomas Schweda, Geschäftsführer des Verbandes.

Die gute Nachricht am Ende: Die Zeiten, in denen man sich mit spätestens 20 einen Namen im Tennis gemacht haben musste, sind vorbei. Das Durchschnittsalter unter den Top 100 der Welt ist so hoch wie nie. Wer also wirklich das Verlangen, das Talent, die finanziellen Mittel und auch die richtigen Kontakte mitbringt, der verfügt plötzlich über ein Gut, das in jungen Jahren womöglich zu wenig geschätzt wird: ZEIT.

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