Ein kurzer Griff mit Daumen und Zeigefinger, ob genug Luft im Reifen ist – das ist, sind wir doch ehrlich, in neun von zehn Fällen das höchste der Gefühle, was wir Hobbyradler unseren Reifen zuteil werden lassen, bevor wir dann stundenlang auf ihnen herumreiten und darauf vertrauen, dass sie uns sicher wieder nach Hause tragen, ohne dass ihnen die Luft ausgeht. Aber wer so viel Vertrauen hat, sollte zumindest wissen, worauf er sich da verlässt. Deshalb haben wir hier alles Wissenswerte zum Thema Reifen aufbereitet – auf dass er uns weiterhin den Halt gibt, den wir von ihm erwarten.


Bei vielen Profilen zeigt zusätzlich ein Pfeil die Laufrichtung an. / Bild: Thomas PolzerNeben der Modellbezeichnung geben fast alle Hersteller auch die Größe und Bauart des Reifens deutlich sichtbar an den Flanken an. Bei vielen Profilen zeigt zusätzlich ein Pfeil die Laufrichtung an. Üblicherweise werden die Reifendimensionen in Zoll, z. B. 26 x 2,25 (Außendurchmesser x Breite), angegeben. Was aber von den Reifenherstellern meist etwas unpräzise umgesetzt wird. Genauer ist die Angabe nach der europäischen Norm ETRTO, z. B. 54–622 (Breite und Innendurchmesser in Millimeter).
Welche Reifendimension man wählt, hängt klarerweise vom Rad selbst und vom Einsatzbereich ab. Allgemein geht der Trend zu breiteren Reifen, da sie bei kaum höherem Rollwiderstand deutlich mehr Komfort, Pannensicherheit und ein besseres Fahrverhalten bieten.

Video: So wechsle ich einen Fahrradreifen


JE MEHR FÄDEN DESTO BESSER

Die Karkasse, also die Grundstruktur des Reifens, besteht aus einer oder mehreren Gewebelagen. Darauf wird die eigentliche Lauffläche aufgetragen. Die Dichte des Karkassengewebes wird in TPI (Threads per Inch = Fäden pro Zoll) angegeben. Feine, engmaschige Gewebe sparen Gewicht, erhöhen den Pannenschutz und lassen den Reifen geschmeidiger rollen.

AUF DIE MISCHUNG KOMMT ES AN
Rollwiderstand, Kurvenhalt, Gewicht, Traktion, Pannenschutz – alle diese¬ Kriterien, die einen guten Reifen ausmachen, haben eine Basis: Es ist die Gummimischung, die die Qualität eines Reifens bestimmt. Und das ist schon eine verzwickte Sache, denn für einen optimalen Reifen bräuchte man eigentlich eine Gummimischung, die allen Situationen gewachsen ist: Direkt auf der Lauffläche sollte er weich und griffig sein – für eine perfekte Haftung. Bei einem Mountainbikereifen müsste es darunter aber etwas härter sein, damit sich die Stollen nicht verbiegen. Und zudem sollte der Reifen keinen großen Widerstand leisten, damit er leicht rollt. Ja, und trotzdem muss er robust genug sein, um möglichst lang seine Vorzüge ausspielen zu können.
Um all diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss man entweder Kompromisse eingehen – oder tatsächlich verschiedene Gummimischungen miteinander kombinieren: Bei sogenannten Dual-Compound-Reifen befindet sich direkt auf der Karkasse eine härtere Gummilage, die ein gutes Abrollverhalten ermöglicht und die Profilstollen stützt. Darauf befindet sich eine zweite Auflage aus weicherem Gummi. Das griffige Material auf der Lauffläche sorgt für perfekte Traktionswerte. Diese Aufgabenteilung macht es möglich, die beiden verwendeten Werkstoffe gezielt zu optimieren und damit die Gesamtperformance des Reifens zu verbessern.

Im Gelände ist Mut zu weniger Luftdruck gefragt – die Reifen schmiegen sich so besser an den Untergrund an, was wieder mehr Komfort und Traktion bedeutet. / Bild: MichelinWISSENSWERTES ZUM LUFTDRUCK
Grundsätzlich richtet sich der Reifendruck nach dem Typ des Reifens, dem Fahrergewicht, der Fahrweise und dem Untergrund. Generell kann man sagen: Auf Asphalt senken prall aufgepumpte Reifen merklich den Rollwiderstand. Aber aufpassen, allzu viel Luftdruck lässt die Laufräder unkomfortabel über die Fahrbahn holpern. Im Gelände wiederum ist Mut zu weniger Luftdruck gefragt – die Reifen schmiegen sich so besser an den Untergrund an, was wieder mehr Komfort und Traktion bedeutet. Breite Reifen mit weniger Druck rollen im Gelände deutlich leichter als schmale mit hohem Druck. Für Mountainbikereifen empfehlen wir einen Reifendruck von 2,4 bis 2,8 bar, beim Trekkingrad pumpt man zwischen 4 und 5 bar in die Reifen und beim Rennrad dürfen es bis zu 10 bar sein.
Über die Art der Ventile und deren Vor- und Nachteile wird immer wieder viel diskutiert. Grundsätzlich gilt hier: Die schmalen Rennventile lassen sich etwas leichter mit Luft befüllen. Dafür hat man bei den Kfz-Ventilen den Vorteil, dass man den Reifen auch bei der Tankstelle aufpumpen kann. Reine Geschmackssache – ihre Aufgabe erfüllen jedenfalls alle Ventilarten voll und ganz.

WAS FALTBARE REIFEN KÖNNEN
Die faltbaren Reifen haben im Gegensatz zu den Drahtreifen einen Ring aus Kevlarfasern in der Wulst, die den Reifen auf der Felge hält. Kevlar anstelle von Draht spart Gewicht und hat den Vorteil, dass der Reifen faltbar wird. Dadurch lassen sich Faltreifen auch deutlich leichter montieren. Die meisten Reifen gibt es sowohl in der teureren Faltversion als auch in der günstigen Drahtversion.

MIT ODER OHNE SCHLAUCH?
Die meisten Biker sind nach wie vor auf konventionellen Laufrädern unterwegs – also auf Reifen, die mit Mantel und Schlauch bestückt sind. Vorteile: Das System ist leichter als Tubeless (schlauchlose Reifen), die Montage sehr einfach und ein Plattfuß ist schnell repariert. Der Nachteil: Die ungeliebten „Patschen" treten deutlich häufiger auf als bei den schlauchlosen Reifen, der Pannenschutz ist also geringer. Und zudem rollen Schlauchreifen etwas schwerer ab.
Tubeless-Reifen bilden zusammen mit einer speziellen Felge eine geschlossene Luftkammer. Schläuche werden dadurch überflüssig. Im Vergleich zum konventionellen Schlauchreifen haben Tubeless etwa 150 Gramm Mehrgewicht und die Montage ist etwas schwieriger. Vorteil: Die Pannensicherheit ist deutlich höher, zudem rollen Tubeless-Reifen leichter ab. Tubeless-Reifen kommen fast nur am Mountainbike zum Einsatz, da machen sie auch am meisten Sinn.

Je gröber das Profil an der Flanke, desto besser der Halt auf tiefen Untergründen. / Bild: Nathan Hughes / Saalbach HinterglemmFÜR DIE PERFEKTE SCHRÄGLAGE
Hauptverantwortlich für den Halt in Kurven ist das Seitenprofil. Für das Rennrad gilt: Bei profillosen Reifen wird die Traktion in der Kurve mit einer weicheren Gummimischung als auf der Lauffläche verbessert. Für Mountainbikereifen gilt: Je gröber das Profil an der Flanke, desto besser der Halt auf tiefen Untergründen. Aber Vorsicht – weit auseinanderstehende Seitenstollen lassen den Reifen auf harten Böden rasch wegschmieren.
Noch ein Wort zum Profilabstand (betrifft nur Mountainbikes): Im Gelände, besonders wenn es nass und gatschig wird, sind höhere Stollen mit größeren Abständen gefragt. Diese Profilanordnung garantiert eine gute Selbstreinigung des Reifens und eine rutschfreie Fahrt, sowohl bergauf wie bergab. Flache, eng zusammenstehende Stollen eignen sich für harte Böden und sorgen für einen geringen Rollwiderstand und ein ruhiges Abrollverhalten.

BLOSS NICHT ZU LEICHT
Es stimmt schon: Leichte Reifen und Schläuche senken die rotierenden Massen, beschleunigen und rollen dadurch spürbar leichter. Allerdings sind superleichte Reifen und Schläuche deutlich pannenanfälliger. Schwerere Reifen sind robuster und eignen sich besser für Hobbyradler – egal, ob beim Mountainbiken oder im Alltag.

In Nahaufnahme: Spröde Reifen bedeuten ein höheres Pannenrisiko. / Bild: KKVERSCHLEISS UND ALTERUNG
Nichts hält ewig und schon gar nicht ein Fahrradreifen. Auch wenn das Profil nach Jahren der Benutzung vielleicht noch tadellos erscheint: Der Gummi verliert seine Weichmacher und verhärtet. Man erkennt den Alterungsprozess an feinen Rissen in der Lauffläche oder an der Flanke – dann ist es allerhöchste Zeit, neue Reifen zu montieren!
Die Reifenoberfläche und im Speziellen die Seitenflanken sollte man regelmäßig auf Verletzungen prüfen. Auch kleine Risse können sich plötzlich ausweiten und zu einem Reifenplatzer führen. Noch ein kleiner Tipp: Bei Rennradreifen mit sehr hohem Luftdruck empfiehlt es sich, den Druck nach der Ausfahrt zu reduzieren – das erhöht die Lebensdauer von Reifen und Schlauch.


Zum Weiterlesen: