Mountainbiken is ein tolles Hobby, das zigtausende Menschen in Österreich begeistert; ein Sport, der ein Mega-Business für den Tourismus und den Sporthandel ist. Alles bestens? Von wegen: Nach der gültigen Rechtslage wird fast jeder Mountainbiker zwangsläufig zum Gesetzesbrecher!



Unterwegs sein auf einzigartigen Single Tracks, von flowig bis zu fordernden Spitzkehren, eingehüllt in eine spektakuläre Landschaftskulisse, faszinierend vom Gipfel bis runter zur bewirtschafteten Alm, wo der Wirt bereits mit einer Stärkung wartet.
So lieben und schätzen die Wanderer und Berggeher ihr angestammtes Revier. Und genau so stellen sich auch die Mountainbiker ihre heile Welt vor. Der Unterschied? Welten! Was für die einen (die Berggeher) eine Selbstverständlichkeit ist, ist für die anderen (die Bergradler) fast überall tabu. Denn das muss – gerade vor Beginn der Sommersaison – wieder einmal gesagt werden: In Österreich ist das Radfahren auf allen Forst- und Wanderwegen nach wie vor gesetzlich verboten!
Oder anders gesagt: In der endlosen Weite unserer Bergwelt dürfen sich nur Menschen per pedes bewegen – Mountainbikern bleibt diese grenzenlose Freiheit verwehrt! Dieser immer größer werdenden Sportgruppe werden nach wie vor nur kilometerweise vermessene Strecken zugewiesen. Und wer aus diesen „Reservaten“ ausbricht, ist zwangsweise illegal unterwegs. Ein Gesetzesbrecher auf zwei Rädern.
Eine geradezu groteske Situation: Der Bikesport boomt, der Tourismus und die Wirtschaft werben Jahr für Jahr mit den besten Bikeregionen und anderen Superlativen, um sich ihr Stück vom Kuchen zu sichern. Aber der Gesetzgeber hinkt dieser Entwicklung 40 Jahre hinterher – und sorgt mit einer antiquierten Rechts lage dafür, dass Mountainbiker, Wanderer, Bergsteiger und Interessensgruppen wie Grundstücksbesitzer, Forst- und Jagdlobby Jahr für Jahr den Konflikte-Kochtopf aufs Neue zum Brodeln bringen.

SPORTaktiv UMFRAGE: Sollte Mountainbiken auf Forst- und Wanderwegen erlaubt werden?

Mountainbiken auf Wanderwegen?
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SO IST DIE RECHTSLAGE
Natürlich, von Rechts wegen ist alles genau geregelt. Im Forstgesetz steht, kurz gesagt: „Jedermann darf den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich darin aufhalten. Ein Befahren aber ist nur mit Zustimmung des Waldeigentümers erlaubt.“ Und das heißt eben im Umkehrschluss: In Österreich ist Mountainbiken auf Forst- und Wanderwegen gesetzlich verboten – auf Basis eines Forstgesetzes, das im Jahre 1975 beschlossen wurde!
Der Hintergrund: In der Nachkriegszeit stand die Waldnutzung zum Wiederaufbau und der wirtschaftlichen Erholung im Vordergrund. Und nur durch den Einsatz der alpinen Vereine wurde im Jahr 1968 den Menschen ein freies Begehen der Wälder „auf Wegen und abseits davon, soweit nicht anders verfügt“, gestattet – die sogenannte „Wegefreiheit“.
Ein „Befahren“ der Wälder aber wurde vor mehr als 40 Jahren explizit ausgeschlossen. Zu einer Zeit also, als an ein Radfahren im alpinen Gelände oder auf Wanderwegen im Wald allein schon aus Ermangelung an geeigneten Sportgeräten nicht zu denken und das somit auch kein Thema bei der Ausarbeitung der Gesetzes-Inhalte war. Die Zeiten, die Räder und die Sportler haben sich verändert – das 40 Jahre alte Fahrverbot ist geblieben!

LEBENSGEFÄHRLICHE FALLEN
Auch wenn von den Verbotsbefürwortern stets von einem ohnehin umfangreichen Wegenetz für Mountainbiker gesprochen wird, so sind doch auch die Argumente der Biker, die für eine Aufhebung des Fahrverbots plädieren, durchaus nachvollziehbar: Zum einen entspricht die Charakteristik dieser (oftmals Retorten-)Wege nicht immer den Vorstellungen der Mountainbikers. Die wenigen interessanten Strecken sind im ganzen Land verstreut und erfordern eine lange Anfahrt mit dem Auto oder Zug. Die stetig wachsende Zahl der Mountainbikesportler sorgt auch zunehmend für Gedränge auf den zugewiesenen Strecken. Und schließlich der wohl entscheidende Punkt: Für die Bergradler ist es einfach nicht mehr nachvollziehbar, warum sie die Freiheit der Berge nicht genießen dürfen, die den Berggehern zugestanden wird. Unterm Strich darf es also nicht wundern, dass sich viele Biker eben (illegal) auf den bereits vorhandenen Wanderwegen bewegen.
Das verärgert wiederum die Grundstücksbesitzer und sie versuchen mit verbarrikadierten Wegen, Sperren und Strafen die Biker von ihrem Eigentum fernzuhalten. Die finanziellen Auswüchse dieses Konfliktes zeigten sich am Muckenkogel bei Lilienfeld: Hier wurden vier Biker, die sich am Weg zu einer Bergmesse des Stifts Lilienfeld befanden, (noch nicht rechtskräftig) zu mehreren tausend Euro Strafe verdonnert, weil sie eine breite Forststraße zur Auffahrt nutzten.
Aber abgesehen von den (meist kleineren) Geldstrafen, die für das Befahren von Wanderwegen verhängt werden – viele Gegner des Radsports versuchen die Mountainbiker mit anderen, schon kriminellen Methoden zu „erziehen“: Im Laub versteckte Äste, die sich in den Speichen der Räder verhängen und den Radler zu Sturz bringen, sind noch die harmloseren Delikte. An unübersichtlichen Stellen angebrachte Bretter mit Nägeln oder quer über den Weg gespannte Stacheldrähte sind reine Todesfallen. Dass diese auch für Wanderer und Tiere gefährlich sind, scheint übrigens keine Beachtung zu finden ...

ES GEHT AUCH MITEINANDER
Es ist auch den Mountainbikern klar, dass bei einer Aufhebung des Fahrverbotes neue Fragen bezüglich Haftung, Wegeerhaltung und vor allem bei den „Benimm-Regeln“ auftreten – aber keines dieser Probleme ist unlösbar. Dazu muss man nur einen Blick über unsere Grenzen werfen und wird feststellen, dass ein Beharren auf den uralten Vorschriften nicht mehr zeitgemäß ist.
In Südtirol, der Schweiz und in manchen deutschen Bundesländern setzt man auf ein friedliches Miteinander durch die Einhaltung gewisser Verhaltensregeln, die sogenannte „Trail Courtesy“. Diese stammt aus den USA und besagt ganz klar, dass Fußgänger immer Vorrang haben, und dass Biker Rücksicht auf Mensch, Flora und Fauna nehmen müssen.
Weil es gerade dazu passt: Viele Studien (auch von Naturschutz-Institutionen) belegen eindeutig, dass im Vergleich zu anderen Naturnutzern Mountainbiker bei angepasstem Verhalten keine überproportional hohe Belastung für die Natur darstellen.
Warum nun ausgerechnet für diese Sportgruppe ein Betretungsverbot der Forst- und Wanderwege herrscht, ist eigentlich unverständlich. Am vermeintlichen Gefahrenpotenzial oder am rücksichtslosen Benehmen der Radsportler kann es nicht liegen, denn neutrale Beobachter dieses Outdoor-Konfliktes wissen: Für die meisten Biker ist das „Trail Courtesy“ eigentlich schon selbstverständlich. Gerade im alpinen Raum, wo natürlich in Summe auch weniger Naturnutzer unterwegs sind, hat sich dieser Codex bereits etabliert und negative Begegnungen halten sich absolut in Grenzen.
Auch der Alpenverein hat Empfehlungen fürs rücksichtsvolle Biken herausgegeben – langsam und auf Sicht fahren, Wanderern stets den Vorrang gewähren, freundliches Grüßen und ein nettes Danke beim Vorbeirollen sind die Basis, um als Biker von Wanderern respektiert zu werden. Und wenn man seine Abfahrten auch technisch sauber meistert (das blockierende Hinterrad hat am Berg und im Wald rein gar nichts verloren) sollte eigentlich einem gemeinsamen Bergerlebnis nichts im Wege stehen.
Aber der Gegenwind ist nach wie vor gewaltig: Was vor zehn Jahren noch als kurzer Hype gewertet wurde, wird von vielen heute als „echte Plage“ gesehen. Und speziell auf den Wanderwegen und -steigen im stadtnahen Bereich herrscht „Krieg“ – fast wöchentlich kann man mit den oben angeführten Fallen auf Wegen rechnen. Mountainbiken wird in Ballungszentren nicht (mehr) geduldet. Gespräche mit Grundstücksbesitzern, die durchaus zu einem Dialog bereit waren, haben gezeigt, dass Rat- und Hilflosigkeit herrscht. Auch wahr: Viele wären zuvor einfach nur gern um die Erlaubnis gefragt worden ...

MEHR MTB-STRECKEN?
„Baut halt mehr MTB-Strecken“, lautet einer der Lösungsvorschläge der Berggeher. Auch das ist leichter gesagt als getan: Der Wald ist per Gesetz „zur Erholung für Wanderer und für wirtschaftliche Zwecke bzw. die Jagd gedacht. Jede Nutzung darüber hinaus erfordert die Zustimmung des Grundstücksbesitzers oder gar eine Bewilligung durch die Behörden bzw. eine Umwidmung des Grundstückes.“ Die Genehmigung kleiner Erdbewegungen (Steilkurven etc.) obliegt dem Eigentümer. Die Errichtung von gezimmerten Sprüngen oder Brücken aus Holz, die im rechtlichen Sinne Anlagen darstellen, müssen zusätzlich von den Behörden genehmigt werden.
Aber selbst, wenn das alles bewältigt wird – es löst nicht die Kernproblematik: Biker, die sich nicht auf gebauten Trails und Liftanlagen bewegen, sondern ihre Freizeit am freien Berg verbringen wollen, sehen ihre Bedürfnisse kaum befriedigt.

„ÖSTERREICHISCHE LÖSUNG“
Seit vielen Jahren kocht jede Region ihr eigenes Süppchen und schafft mit Kompromissen und Einzelprojekten die für ihr Gebiet passende Lösung. Das Tiroler Mountainbike-Modell etwa ist seit 1997 Vorreiter und hat ein großes Netz an Asphalt-, Forststraßen und Wanderwegen für Biker freigegeben. Diese regionalen oder gar lokalen Inseln der Glückseligkeit mindern allerdings die Notwendigkeit für eine allgemeine und österreichweite Annäherung an das Problem.
Aber, um es kernig zu sagen: „Mander, es ist Zeit!“ Zeit für ein Übearbeiten des uralten Gesetzes und Anpassen an die Gegebenheiten. Und es ist Zeit für ein Umdenken auch der „alteingesessenen“ Naturnutzer. Unsere Natur bietet Platz für alle! Mit einem klar kommunizierten Verhaltenskodex können alle – Wanderer, Bergsteiger, Mountainbiker, Forst- und Jagdwirtschaft – friedlich nebeneinander existieren.
Dies setzt natürlich ein Verständnis aller Parteien voraus und wird nicht von heute auf morgen umsetzbar sein. Freundliche Begegnungen, Gespräche, kein wildes „Runterbrettern“ und naturverträgliche Fahrweise sind die Grundlage, die vor allem die Biker beitragen müssen. Andere Naturnutzer wiederum müssen ein Verständnis für eine sich ständig ändernde Zeit und eine weitere Sportart in unseren Bergen entwickeln. Ziel sollte es sein, ohne Verbote und Sperrungen auszukommen, sondern vielmehr eine faire und tolerante Nutzung anzustreben. Nur gemeinsam können wir unser Erholungsgebiet Natur auf lange Zeit schützen und bewahren.

DIE RECHTSLAGE
In Österreich ist Mountainbiken generell auf allen Forst- und Wanderwegen gesetzlich verboten, ausgenommen sind dafür ausdrücklich freigegebene Mountainbike-Strecken. Die Grundlage für dieses Verbot ist das Forstgesetz aus dem Jahre 1975.

AUSZUG AUS DEM FORSTGESETZ § 33:
Abs. 1) Jedermann darf, unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 und des § 34, den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten.
Abs. 3) Eine über Abs. 1 hinausgehende Benutzung, wie Lagern bei Dunkelheit, Zelten, Befahren oder Reiten, ist nur mit Zustimmung des Waldeigentümers, hinsichtlich der Forststraßen mit Zustimmung jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt, zulässig. Das Abfahren mit Schiern im Wald ist im Bereich von Aufstiegshilfen nur auf markierten Pisten oder Schirouten gestattet. Schilanglaufen ohne Loipen ist unter Anwendung der nötigen Vorsicht gestattet; eine darüber hinausgehende Benützung des Waldes, wie das Anlegen und die Benützung von Loipen, ist jedoch nur mit Zustimmung des Waldeigentümers gestattet.

VERBOTSSCHILDER
Die Einfahrten auf Forststraßen sind meist mit Fahrverbotstafeln und Zusatzinformationen wie „Radfahren verboten“ versehen. Wanderwege weisen diese Verbotsschilder meist nicht auf, dennoch ist ein Befahren der Wege verboten.

WO DARF ICH MIT DEM MOUNTAINBIKE FAHREN?
Auf allen offiziell genehmigten und ausgeschilderten Mountainbike-Strecken. Diese sind von den Ländern oder den Tourismusregionen ausdrücklich für den Mountainbike-Sport freigegeben.
Genehmigte MTB-Strecken findest du am schnellsten auf den Internetseiten der Bundesländer-Tourismuszentralen oder bei lokalen Tourismusvereinen und -betrieben. Die Strecken sind meist gut beschildert und Partnerbetriebe verleihen oft GPS-Geräte mit bereits eingespeicherten MTB-Routen.


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