Tanzen ist die pure Lust auf Bewegung. Wer das Tanzen als Sport betreibt, sollte sich allerdings auf eine wirklich umfassende Beanspruchung einstellen. Und zwar von Körper und Geist, von Kondition und Konzentration – und alles, was sonst noch zu einem echt harten Sport dazugehört. Denn beim Tanzsport kommt es auf viel mehr an, als bloß den anderen nicht auf die Füße zu treten ...

„Jeder Tanz hat eigene Charakteristika­ und stellt einen komplexen Bewegungsablauf dar, den man nur durch intensives Training perfektionieren kann“, erklärt Ronny Leber vom Österreichischen Tanzsportverband. „Von Kopf bis zu den Zehen soll der gesamte Körper wie aus einem Guss erscheinen. Hinzu kommen die Abstimmung mit einem Partner und die Koordination mit anderen Paaren.“

Leichtigkeit und Härte

Nichts ist statisch, alles bewegt sich zur Musik. Sie gibt den Takt an, dem es zu folgen gilt. Aber das ist erst der Anfang. Denn Publikum und Kampfrichter wollen neben technischer Perfektion auch Emotion erkennen – ohne, dass dabei die Anstrengung sichtbar wird. Leichtigkeit ist das Gebot der Tanzstunde. Und um das zu erreichen, wird hart trainiert. Christian Lachmuth ist als Bundestrainer für den österreichischen Nationalkader verantwortlich. Für ihn brauchen­ Tänzer „die Qualitäten eines Marathonläufers und Sprinters gleichermaßen“. Marathon? Ein Tanzturnier erstreckt sich schon mal von 9 Uhr morgens bis 23 Uhr abends. Bis zu 200 Paare tanzen sich da Runde um Runde bis ins Finale der besten sechs.

„Unsere Tänzer müssen einerseits durchhalten und dabei ihre­ Leistung doch immer wieder auf den Punkt ­abrufen. Sie brauchen tanzspezifische Kraft und tanzspezifische Ausdauer. Bei Laktatmessungen im Leistungszentrum sind andere Sportler immer wieder überrascht, wie fit unsere Tänzer sind“, sagt der Bundestrainer. „Wir trainieren aber nicht nur auf dem Parkett, sondern auch in der Kraftkammer, auf der Laufbahn, im Rahmen einer Ballettstunde oder mit Gewichtmanschetten an den Beinen, um die Dynamik von Kicks und Flips zu erhöhen.“

Acht StundenTraining

Hinzu kommt die Arbeit mit Psychologen und Mentaltrainern. Mann und Frau sind verschieden. Und bei bis zu acht Stunden Training am Tag kann es beim Tanzen schon einmal zu zwischenmenschlichen Reibereien kommen ...

Tanztraining ist ganzheitlich und intensiv. Es schult Koordination, Geschicklichkeit und Gleichgewichtssinn, erhöht Schnellkraft wie Grundlagenausdauer und beugt unter anderem Rückenproblemen vor.

„Tanzen ist unglaublich abwechslungsreich“, schwärmt Anna Tchemodourova-Ludwig, die als amtierende Staatsmeisterin in den Lateinamerikanischen Tänzen mit ihrem Partner Zufar Zaripov bei den Amateuren zu den TopTen der Welt gehört. „Man ist niemals allein,­ tanzt immer gemeinsam, mit seinem Partner und meistens auch in einer lustigen Gruppe mit anderen Paaren. Dazu kommen die vielen verschiedenen Tänze mit den unterschiedlichsten Schritten und Figuren. Und natürlich die für jeden Tanz typische Musik, die sich mit der eigenen Energie verbindet. Es wird einfach niemals langweilig beim Tanzsport.“

Nicht zuletzt repräsentiert dieser ebenso elegenate wie harte Sport auch einen­ Querschnitt durch die Kultur und Geschichte der westlichen Hemisphäre. Rumba und Cha-Cha-Cha entführen die Gedanken in eine kubanische Zigarrenbar, der Tango ist in Frankreich entstanden und hat in Argentinien seine Heimat gefunden. Beim Samba sprühen die Tänzer vor brasilianischer Lebensfreude, Paso doble symbolisiert den spanischen Stierkampf und der Jive ist ein Nachfahre des amerikanischen Rock ’n’ Roll.

Bleibt der Wiener Walzer, den wir auf keinen Fall vergessen wollen. Denn der ist nicht nur für geladene Gäste des Opernballs, sondern auch für tanzende Sportler – ein echter Standardtanz.


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Tanzen – die Infos


In Umfragen erscheint das Tanzen immer wieder unter den fünf beliebtesten Sportarten in Österreich. Dabei muss zwischen Tanzschulen und Tanzvereinen unterschieden werden.

In Tanzschulen wird vor allem die Fähigkeit der korrekten Tanzschritte vermittelt, im Mittelpunkt steht der gesellschaftliche Charakter.
In Tanzclubs wird das Tanzen als Sportart betrieben. Ziel ist es, die Bewegungsabläufe immer weiter zu perfektionieren.


In Österreich gibt es derzeit 120 solcher Tanzsportvereine mit 4.200 Mitgliedern.

Die Anforderungen: Wer sich einmal bis an die absolute Spitze tanzen will, sollte bereits als Kind mit dem Tanzen beginnen. Ein Einstieg ist aber in jedem Alter möglich, die Bandbreite aktiver Tänzer reicht von etwa 6 bis zu 60 Jahren.
Das Training: Am Anfang heißt es tanzen, tanzen, tanzen – mit der Zeit rückt das physische Training zunehmend in den Fokus.


Die Ausrüstung: Als Anfänger werden Tanzschuhe mit Ledersohle (für unter 100 Euro erhältlich) benötigt, für die Teilnahme an Turnieren muss in Kleidung investiert werden.
Der Toptermin: Wer das Tanzen erst einmal als Zuseher erleben will: Am 19. März 2011 finden in St. Veit/Glan (Kärnten) die Staatsmeisterschaften der Lateinamerikanischen Tänze statt.

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Tanzen – der Sport


Bei Tanzsportturnieren wird in drei Kategorien getanzt.

Lateinamerikanische Tänze.: Die fünf Tänze sind Samba, Cha-Cha-Cha, Rumba, Paso doble und Jive.


Standardtänze: In dieser Disziplin werden ebenfalls fünf Tänze gezeigt – der langsame Walzer, Tango, Wiener Walzer, Slow Foxtrott und Quickstepp.
Die Kombination: Sie vereint ­beide Kategorien zu zehn Tänzen.

Der Ablauf im Turnier: Pro Runde wird jeder Tanz eineinhalb Minuten lang gezeigt, die Zahl der Paare wird dann immer wieder durch die Entscheidung einer Jury halbiert, bis im Finale sechs Paare um den Sieg tanzen.



Der Formationstanz: In dieser Kategorie treten keine Einzelpaare an, sondern Teams aus acht Paaren, die in einer Zeit von sechs Minuten ­Choreografien aufs Parkett zaubern.


Unterschieden wird im Tanzsport wie in vielen anderen Sportarten zwischen Amateuren und Profis. Begonnen wird immer als Amateur, bis hier der Zenit erreicht ist und ein Wechsel zu den Profis ansteht, wo die Leistungsdichte aber oftmals geringer ist als bei den Amateuren.


Tanzsport bei Olympia: Die Internationalen Tanzverbände bemühen sich seit Jahren um eine Anerkennung des Tanzens als olympische Disziplin, derzeit laufen Tests, wie eine Leistungsbewertung möglichst objektiv und noch transparenter gestaltet werden kann.