Zwar startet die heurige Pollensaison aufgrund des langen Winters deutlich später, dafür werden Rekordwerte für Frühblüher und Birke erwartet. Der Appell an Allergiker: Nutzen Sie die modernen Behandlungsoptionen sowie die Serviceangebote von Pollenwarndienst und Co. die helfen, den Allergenkontakt zu minimieren und den Therapieerfolg sichtbar zu machen. Und es gilt, begonnene Behandlungen konsequent durchzuhalten. Denn nur dann hat man den durch unzählige Studien gesicherten Therapieerfolg zu erwarten.

Der lange, strenge Winter ließ den Pollenstart nach kurzem Aufleben im Februar buchstäblich einfrieren. Doch im Südosten und Nordwesten Österreichs, in den Niederungen und nebelfreien höheren Lagen sind die sogenannten Frühblüher Erle und Hasel blühbereit. "Sobald die Temperatur auf über 5-8°C steigt und die Sonneneinstrahlung ein gewisses Ausmaß erreicht, eröffnen sie neuerlich die Pollensaison. Die Belastung für Allergiker wird dann dramatisch zunehmen, denn die Hasel- und Erlensaison wird heuer besonders massiv ausfallen", so Ass.Prof. Dr. Siegfried Jäger vom Österreichischen Pollenwarndienst. "Es bleibt abzuwarten, ob einige der Blüten, die schon geöffnet waren, erfroren sind. In diesem Fall kann die Saison etwas milder ausfallen als ursprünglich befürchtet."

Birkenpollensaison erreicht Rekordwerte

In etwa einem Monat, wenn die Temperatur auf über 15°C klettert, beginnt auch die Birke ihre Pollen an den Wind abzugeben. Ihre Hauptblüte ist von April bis Mai. Doch die enge botanische Verwandtschaft mit Erle und Hasel kann bei Birkenpollen-Allergikern bereits zur Blütezeit dieser beiden Pflanzen Symptome auslösen. Jäger: „Die Belastung durch Birkenpollen wird in diesem Jahr besonders hoch sein. Vor allem in der Gegend innerhalb des geografischen Dreiecks Salzburg – Klagenfurt - Lienz kann die Birkenpollen-Belastung das doppelte Ausmaß des Vorjahres erreichen." Doch auch Allergiker außerhalb der zentralösterreichischen Allergen-Hochburg müssen mit einer zumindest gleich starken Belastung wie im Jahr zuvor rechnen. Eine Prognose für Gräser und Ragweed ist derzeit noch nicht möglich, da sie von derzeit noch unbekannten Faktoren wie den Niederschlägen und der Temperaturentwicklung in den nächsten Monaten abhängt.

Unterschätzte Allergie, vergebene Chancen

Trotz Pollenwarnungen und Beschwerden wird die Allergie häufig nicht ernst genommen: "Rund zwei Drittel aller Allergiker gehen erst dann zum Arzt, wenn ihre Beschwerden unerträglich werden [1], d.h. wenn ihre Lebensqualität durch Schlafstörungen, Leistungsabfall in der Arbeit bzw. Schule oder bei Freizeitaktivitäten etc. stark beeinträchtigt ist", alarmiert Univ.-Doz. Dr. Christof Ebner, Leiter des Allergieambulatoriums am Wiener Reumannplatz. „Das ist insofern problematisch als bekannt ist, dass der allergische Schnupfen der wichtigste Wegbereiter und somit Risikofaktor für allergisches Asthma ist. Entscheidend ist daher, selbst leichte Formen der Allergie nicht zu unterschätzen."

Bei Heuschnupfen werden meist antiallergische Medikamente verschrieben, die die Entzündungen an den Schleimhäuten der Atemwege bekämpfen und so der Ausbreitung und Verschlechterung der Symptome entgegenwirken. Der in Leitlinien empfohlene Therapiestandard sieht die tägliche Einnahme über die gesamte Blüteperiode vor. Bei stärkeren Symptomen werden zusätzlich entzündungshemmende Nasensprays gegeben, die je nach Problematik Antihistamine oder Cortison enthalten. Die nächste Therapiestufe laut ARIA-Guidelines der WHO stellt die spezifische Immuntherapie (Abk. SIT) dar, die bei mittlerem bis hohem Leidensdruck indiziert ist. Sie lindert nicht nur allergische Symptome, sondern bekämpft gleichzeitig die Ursache der Allergie. Dafür wird in regelmäßigen Abständen die allergieauslösende Substanz injiziert bzw. unter die Zunge getropft, sodass das überempfindliche Immunsystem nicht mehr auf die an sich harmlosen Allergene (z.B. Pollen) reagiert. Für Gräserpollenallergiker steht die Allergie-Impfung inzwischen auch in Tablettenform zur Verfügung.

Durchhaltevermögen entscheidet über Therapieerfolg

„Es ist nicht einfach, eine etablierte allergische Immunreaktion langfristig zu beeinflussen. Deshalb dauert die Immuntherapie in der Regel drei, manchmal sogar bis zu fünf Jahre“, so Allergologe Ebner. Hier heißt es durchhalten! Denn: „Nur wer das vorgeschriebene Behandlungsschema konsequent durchführt, hat den gesamten, durch unzählige Studien gesicherten Therapieerfolg zu erwarten.“ Dennoch brechen bis zu über 75 Prozent der Patienten ihre Therapie vorzeitig ab – die meisten bereits nach der ersten Verordnung bzw. innerhalb des ersten Therapiejahres.


Untersuchungen zeigen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Vertrauen, das der Patient in seinen Arzt hat, und seiner sog. Therapietreue (med. Compliance bzw. Adherence). Funktioniert die Zusammenarbeit, wirkt sich das unmittelbar positiv auf die Einhaltung festgelegter Therapieziele aus. Weitere wesentliche Parameter sind Maßnahmen zur Unterstützung des Patienten im Alltag sowie patientengerechte Aufklärung und die Möglichkeit, Antworten auf individuelle Fragen zu bekommen. Unterstützende Maßnahmen sind beispielsweise Erinnerungshilfen, die Patienten per E-Mail oder SMS auf Arzttermine, die Einnahme der Medikamente und neue Rezepte hinweisen oder Tools, die die Medikamenteneinnahme mit täglichen Routinehandlungen verknüpfen: z.B. durch Tablettenspender oder Wochenplaner, die an den Badezimmerspiegel geklebt werden etc.

Österreichischer Pollenwarndienst fördert Compliance

Projekte der Forschungs- und Serviceeinrichtung des Österreichischen Pollenwarndienstes an der Wiener HNO-Klinik machen national und europaweit Furore. Wie etwa das vor zwei Jahren ins Leben gerufene „Pollen-Tagebuch“, das Allergiker erstmals ganz einfach Zusammenhänge zwischen Beschwerden und Pollenflug erkennen lässt. Damit wird der Erfolg einer Therapie sichtbar gemacht, was die Motivation, die Behandlung durchzuhalten, fördern kann.

Mit den – inzwischen über 10.000 – Dateneinträgen im Pollen-Tagebuch kann nun endlich eines der großen Rätsel der aerologischen Forschung gelöst werden: Wie viele Pollen pro Kubikmeter Luft sind wo und für welchen Patiententyp nötig, um Symptome auszulösen? Es können so genannte Schwellenwerte bestimmt werden, die sowohl in geographischer Hinsicht, als auch in Hinblick auf Allergen und Auswirkung auf den einzelnen Allergiker unterschiedlich sind. Die Schwellenwertbestimmung macht ab Ende dieser Pollensaison eine individuelle Pollenwarnung möglich. Gemäß ihrer Reaktionslage können Pollenallergiker ähnlich den Haut-UV-Typen in Klassen eingeteilt werden. Die europäischen Polleninformationsdienste werden somit in der Lage sein, Vorhersagen für die einzelnen Klassen einzurichten und somit die Qualität der Prognosen erheblich zu steigern.

Das Pollen-Tagebuch ist auch ein wichtiges Element eines neuen und innovativen Systems zur Patienten-Compliance, das vom unabhängigen Studiennetzwerk ANISNet (Academic Non-Interventional Study Net) der Sigmund Freud Privatuniversität Wien entwickelt wurde. Gemeinsam mit der TU Wien und der European Society for Quality in Healthcare (ESQH Vienna) wurde das neue Erinnerungs- und Informationssystem speziell auf den Allergiebereich zugeschnitten und geht ab der kommenden Gräserpollensaison im Mai im Rahmen einer Studie in die Testphase. In etwa einem Jahr soll der Service österreichweit Ärzten zur Verfügung stehen.

Neues Service der IGAV: „Forum Immuntherapie“

Um ein besseres Verständnis für die Therapie zu erreichen, braucht es verständliche und wissenschaftlich abgesicherte Informationen, auf die auch außerhalb der Arztpraxis zugegriffen werden kann. Ein neuer Service auf der Website der Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung (IGAV) unter www.allergenvermeidung.org kann hier Abhilfe schaffen. Anlässlich 100 Jahre spezifische Immuntherapie (SIT) geht nun ein Forum für SIT-Patienten, Allergiker und Interessierte online.