Er ist Österreichs Youtube-Star unter den Radfahrern und sorgt dafür, dass auch Kanada tirolerisch spricht. Fabio Wibmer über die Kreativität beim Biken!

Christoph Heigl
Christoph Heigl

Reinklicken. Nur bei Fabio Wibmer lässt dieses Verb Assoziationen zum Radpedal und zum Internet im selben Atemzug zu. Der 23-Jährige ist einer der Typen, der das Netz genial für seine Zwecke zu nutzen weiß. Seine Kurzfilme wurden bereits 232 Millionen Mal auf Youtube geklickt (Stand November).
Das sorgt für massig Bekanntheit. In einem aktuellen Clip aus dem kanadischen Bike-Mekka Whistler grüßen ihn selbst die Typen der kultigen kanadischen Bike-Comedy IFHT mit dem tirolerischen „Servas Leitln“, eine Begüßung, mit der die Wibmer-Videos mit Kumpel Elias Schwärzler („Sick Series“) beginnen. Auch Kanada lernt Tirolerisch.

Fabio Wibmer


Nun, was macht diese Videos so außergewöhnlich? Sehr herzig sind noch Wibmers Anfänge aus 2008, als er als 13-Jähriger im Kinderskianzug und im Garten Saltos und Backflips im Schnee macht. Noch ohne Bike und ohne Vision, einmal davon leben zu können. Später entwickelt er eine Kreativität am Rad und beim Videodreh, die es weltweit nur selten (und wenn nur beim einstigen Vorbild und jetzigen Teamkollegen Danny MacAskill) gibt. In den beliebtesten Edits springt Wibmer über Stufen, von Mauern und Brücken, schrottet ein Damenstadtrad im Bikepark, flüchtet vor der „Polizei“ mittels BH auf einem Stahlseil – und er stürzt auch immer wieder furchterregend. Selbst seine Crashes absolviert der Blondschopf aber mit einer natürlichen Lässigkeit und Style. Sick! Er kann nicht nur stylish, sondern auch schnell. 2016 wurde Wibmer bei den Mountainbikern Downhillstaatsmeister.

Natürlich muss man die Leute fragen, ob man bei ihnen aufs Haus springen und übers Dach fahren darf.

Youtube-Biker Fabio Wibmer

Den Vogel abgeschossen hat er heuer mit „Fabiolous Escape 2“, einem Zehn-Minuten-Clip aus Saalbach. „Ich bin Perfektionist und perfekt ist es nur in meinem Kopf“, schickt Wibmer voraus, „aber das Saalbach-Video ist ziemlich gut gelungen und kommt meiner Idealvorstellung schon sehr, sehr nahe.“ Kaum zu glauben, aber wegen dieses perfektionistischen Antriebes schneidet er selbst solche HD-Megaproduktionen am eigenen Laptop. „Das hab ich mir auf Youtube beigebracht. Zeittechnisch ist das aber schon ein Wahnsinn, in Zukunft werd ich mir helfen lassen.“
Schnelles, actionreiches Fahren hat Wibmer im Blut, weil er mit Bruder und Papa früher auf Motocross-Maschinen durch die Lande gedüst ist. Kreatives Mountainbiken wollte er nach dem genreprägenden Debütwerk MacAskills („Inspired Bicycles“, 2009) machen. „Das Erste und Wichtigste ist, in den Videos immer eine Geschichte zu erzählen“, erklärt der Osttiroler. Eine bloße Aneinanderreihung von Bike-Sequenzen fesselt vielleicht Freaks, die breite Masse begeistert man über eine witzige Story. Und damit zurück nach Saalbach. Ein bis zwei Monate verbringt Wibmer im Schnitt, um ein Drehbuch zu schreiben, einiges wird dann vor Ort spontan verändert oder eingebaut. Die Inspiration für seine Tricks holt sich Wibmer bei Skateboardern, Freeskiern und Parcoursläufern. „Ich schaue, was sie machen und denke: Kann ich das auch am Bike? 97 Prozent der Ideen sind von mir.“ Eines seiner Highlights in Saalbach: der Double-Backflip über die Snowboard-Schanze. Auch der 43-Meter-Sprung auf der Skipiste sorgte für offene Münder. 

Internetstatistiken:

  • 1,84 Mio. Abonnenten seines Youtube-Kanals, insgesamt 232 Mio. Videoaufrufe (Stand November 2018)
  • Beliebtestes Video „Urban Freeride lives“ mit 47 Mio. Aufrufen
  • Facebook: 248.000 Follower
  • Instagram: 584.000 Abonnenten
  • Twitter: 6400 Follower

Der Sprung aus dem Heli
Im Fall des bislang 19 Millionen Mal geklickten Saalbach-Videos brauchte es viel Aufwand, zudem Genehmigungen für die Helikopterszenen und die Gebäudesprünge. „Saalbach ist ein Partner von mir und das macht es leichter, aber natürlich muss man die Leute fragen, ob man bei ihnen aufs Haus springen und übers Dach fahren darf. Die fanden das cool.“ 24 Drehtage brauchte es, bis alles im Kasten und Wibmer selbst im Krankenhaus war. Denn zum Abschluss verletzte er sich bei einer der spektakulärsten Szenen, beim Sprung aus einem Hubschrauber sieben Meter auf die Piste unter ihm. Beim dritten Versuch brach er sich das Schlüsselbein. „Stürze gehören leider dazu, Verletzungen halten sich bei mir aber in Grenzen.“ 
In der Saalbach-Story mit Comedyelementen flüchtet er zum wiederholten Male vor – gelinde gesagt – unbeholfenen „Polizeibeamten“. Gab es da schon Feedback oder Kritik von der Exekutive? „Nein, bis jetzt nicht“, lacht der 23-Jährige. „Aber kürzlich haben mich zwei Polizisten angesprochen, dass sie das lässig finden, weil sie selbst Biker sind.“ Kritik wurde im Vorjahr jedoch laut, als Wibmer in Lienz die Berglaufstrecke des Dolomitenmanns runterbretterte und Bremsspuren ins alpine Gelände zog. „Im Nachhinein ist man immer gescheiter, es hatte eine blöde Außenwirkung.“ Seiner Vorbildwirkung speziell auf die vielen jungen Fans ist er sich natürlich bewusst, „aber es ist bei aller Kreativität oft schwierig abzuwägen, was geht und was nicht“.

Allzu große Sorgen muss er sich aber nicht machen. Durch ein Dutzend Sponsoren und die vielen Webclicks lässt es sich gut vom Sport leben. „Ich komme ganz gut über die Runden.“ Nebenbei hat Wibmer in Innsbruck noch sein Sportmanagement-Studium laufen, Videos und Reisen erlauben anders als am Bike aber keine großen Sprünge auf der Uni. „Aber wer weiß? Ich bin mir bewusst, dass alles auch sehr schnell wieder vorbei sein kann.“

Fabio Wibmer
Fabio Wibmer

geboren am 30. Juni 1995, aufgewachsen in Oberpeischlach (Bezirk Lienz)
Youtuber, MTB-Profi, Trial- und Downhillfahrer
Spitzname: Whipmer, Flipmer