Warum E-Bikes gefährdet und Biker oft eine „arrogante Elite“ sind. Gedanken vom 2. Mountainbike-Kongress in Saalbach.
von Christoph Heigl
Vorweg: Alle Anekdoten in den nächsten Zeilen einzupflanzen, ist unmöglich. Wer genau wissen will, wie viel Output 21 Vortragende in drei Tagen Mountainbike-Kongress haben können, soll sich die dritte Auflage im Jahr 2018 (vermutlich 25. bis 29. September) auf ein Memo speichern. Und in den nächsten Monaten fleißig SPORTaktiv lesen, denn wir haben viele Geschichten, Anregungen und Visionen mitgenommen und werden sie im Detail und für unsere Leser bestens aufbereitet besprechen.
Organisator Harald Maier war jedenfalls hochzufrieden. „Erstmals waren Teilnehmer aus der Industrie dabei. Und wenn sie, wie hier mit dem Tourismus, den Interessensvertretern und Bikern an einem Tisch sitzen, kommen wir unserem Ziel näher, eine Lobby für das Mountainbiken zu entwickeln. Wir müssen aus der Nische in die Breite.“ Dazu hatte Maier 80 Teilnehmer aus dem Alpenraum und echte Kapazunder als Vortragende an Bord, etwa den Bike-Pionier Uli Stanciu, Geschäftsführer Claus Fleischer (Bosch E-Bikes) oder Markus Hallermann (Komoot) und Szenekenner Darco Cazin (Allegra).
Unter dem Leitmotiv „Trend“ kristallisierten sich diese Schwerpunkte heraus:
Die Hingabe, mit der sich große Tourismusregionen bereits dem Mountainbiken widmen (am Beispiel Sölden, Graubünden, Südtirol) und wie kleinere Verbände beachtliche Erfolge haben, wie St. Corona (Niederösterreich) oder die „sanften“ Bike-Angebote Sloweniens, Tschechiens und Polens. Um auch in Zukunft viele Biker in den Bergen zu haben, muss man an die Kinder in den urbanen Regionen denken. Hier wurden Pumptracks (BMX-ähnliche Wellenbahnen) in den Städten als ein Weg zum Ziel vorgestellt. Das Bild des Bikers: Bei den Fotos und Videos in Werbung und Magazinen sollte bedacht werden, wie der Radfahrer zum Produkt passt. Zu aggressiv, zu jung, zu hip, zu männlich? Uli Stanciu bekrittelte provokant eine „arrogante Elite“, die extreme Fahrsituationen von Profi-Bikern als ultimative Fotolösung bevorzugt. Zudem bewies der Pionier mit neuesten Umfragezahlen aus seinem Verlag, dass E-Biker statistisch immer jünger und sportlicher werden und Familien die neue Zielgruppe sind.
DIE TRAILS
Im Mittelpunkt nicht nur wegen der gesetzlich heiklen Lage. Dass dem nicht so sein müsste, betonte Armin Kaltenegger vom Kuratorium für Verkehrssicherheit. Als profunder Kenner erzählte er vom Wegerecht und „nur ganz wenigen Fällen im Promillebereich“, in denen Eigentümer im Falle eines Unfalls belangt werden. Die paar wenigen landen dafür in den Medien. Dazu die Debatte um Trail-Etikette, das richtige Verhalten und schwarze Schafe. Ein weiterer Aspekt: Selbst in Österreich gibt es bereits viele „gebaute“ Singletrails, die sich in Anliegern, mit Sprüngen und Holzkonstruktionen ins Tal winden. Langsam dämmert es der Szene, dass die Downhiller das zwar wunderbar finden, die 97 Prozent der normalen Fahrer und (zahlenden) Gäste aber überfordert sind. Cazin: „Wir haben schwarze Strecken, doppelschwarz und tripple-schwarz. Aber bei den Skigebieten sind die am beliebtesten, wo es viele blaue und ein paar rote Pisten gibt.“ Neue Trails sollten wenig Gefälle haben und niemanden überfordern. Beispiel: ein Berg mit nur 400 Höhenmetern und acht Kilometer Trail bergab. Auch Bergauf-Trails sind im Trend.
Die E-Bike-Debatte: Claus Fleischer, Geschäftsleiter von Bosch eBike-Systems und selbst leidenschaftlicher Biker, kritisierte den Trend zu „auffrisierten“ E-Bikes (Tuning). „Ich will ja nicht der Spaßverderber in der Branche sein, aber wer sein E-Bike manipuliert, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer. Wir setzen uns für ein verantwortungsbewusstes und gesetzeskonformes E-Biken ein. Um Manipulationen zu erschweren, optimieren wir unsere Antriebssysteme.“ Fleischer brach auch eine Lanze für die 25 km/h-Regelung und ist klar dagegen, dass die Motoren bis 32 oder 35 km/h unterstützen dürfen. „E-Bikes sind laut Gesetz ,Fahrräder‘ mit allen Rechten und Pflichten. Eine Änderung dieses Fahrrad-Status durch zusätzliche Regulierungen würde auch den Verlust vieler Privilegien bedeuten. Angebote von Industrie, Handel und Tourismusregionen und der Spaß am E-Biken wären stark eingeschränkt. Das wollen wir alle nicht.“
Mehr Infos: Mountainbike-Kongress