Bis „zur letzten Sekunde“ will Johannes Dürr um eine Teilnahme bei der WM in Seefeld kämpfen. Was treibt ihn an, obwohl er eigentlich keine Chance hat?

Es muss rund um Weihnachten gewesen sein, als Johannes Dürr tief in seinem Inneren langsam dräute, dass er sich von seinem großen Traum wohl verabschieden muss. Den Traum, bei der Heim-WM in Seefeld an den Start gehen und damit sein Image wieder etwas aufpolieren zu können. „Dort dabei zu sein, in meiner Heimatloipe, ist ein riesiger Ansporn. Auch, weil es realistisch gesehen die letzte Chance in meinem Leben ist, sportlich für Furore zu sorgen“, erzählt er im Gespräch mit SPORTaktiv. Zu Beginn lief das Projekt aus rein läuferischer Sicht auch recht gut, die Formkurve zeigte nach oben. Doch im November kam es zu einem für Dürr unerklärlichen Knick, von dem er sich lange nicht erholte. „Irgendwas ist schiefgelaufen. Ich konnte meinen Höchstpuls von 190 nicht mehr erreichen, lag immer 15 bis 20 Schläge darunter. Keine Ahnung, warum dieser irrsinnige Einbruch passiert ist.“

Ein Einbruch, den man auch beim ÖSV registrierte. Dort hatte man ohnehin keine Freude damit, dass der bei Olympia 2014 des Dopings überführte Langläufer wieder mitmischen will, und nahm von jeglicher Unterstützung Abstand. „Über ihn mache ich mir keine Sekunde Gedanken, er ist meilenweit davon entfernt, sportlich eine Rolle zu spielen“, verriet Markus Gandler, beim Verband sportlicher Leiter für Langlauf und Biathlon. „Für uns ist die Heim-WM eine riesige Chance, uns in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dann gebe ich lieber einem jungen Athleten dort die Chance.“ Ob bei dieser ablehnenden Haltung auch die Dopingcausa eine Rolle spielt? Gandler: „Das kann ich nicht ausschließen, ist aber nicht meine Baustelle, sondern eine des Präsidiums.“ Und das hat sich in Person von Peter Schröcksnadel klar gegen Dürr deklariert.

Johannes Dürr weiß wie hart das Leben eines Einzelkämpfers ist
Dürr selbst, der „bis zur letzten Sekunde“ um eine Teilnahme kämpfen will, kann die ablehnende Haltung des ÖSV sogar nachvollziehen – und musste in den vergangenen Monaten erkennen, wie hart das Leben eines Einzelkämpfers ist. „Früher habe ich sogar meine Zahnbürste vom Verband bekommen, konnte mich nur aufs Sportliche fokussieren. Heute muss ich mich ums Material, um Trainingskurse und letztlich auch ums Geld kümmern, eine schwierige Herausforderung.“ So wie nach der Dopingbombe von Sotschi, „als ich mein Leben komplett neu organisieren musste, um privat wie finanziell wieder ins Lot zu kommen.“ Dass er nebenbei ein Buch schrieb („Der Weg zurück“), das Ende Jänner auf den Markt kam, werfen ihm einige als PR-Gag vor. Doch mit Kritik umzugehen hat Johannes Dürr in den letzten Jahren gelernt.