Hans, Sie tragen eine Kette mit Steinen um den Hals. Ist das Ihr Glücksbringer?
Das ist ein Xi-Stein, den hat mir Reinhold Messner zu meinem ersten Achttausender geschenkt. Dann hängen da noch zwei Gipfelsteine vom Mount Everest und vom K2. Die Kette trage ich immer, ohne die mache ich keinen Schritt. Ich denke schon, dass sie mir Glück bringt …

… was Sie als Extrembergsteiger auch gut gebrauchen können: Schließlich begeben Sie sich mit absoluter Regelmäßigkeit in lebensbedrohliche Situationen. Viele Ihrer Kollegen sind bereits tödlich verunglückt.

Etwa die Hälfte aller Topbergsteiger lässt ihr Leben in den Bergen. 50 Prozent der tödlichen Unfälle würde ich darauf zurückführen, dass ein Fehler begangen wurde. Die anderen 50 Prozent sind meiner Meinung nach das Restrisiko. Ob ein Stein einen hal­ben Meter am Kopf vorbei fliegt oder ob du das Pech hast, dass er dich trifft – das kann man nicht beeinflussen. Das ist nicht vorherzusehen. Ich habe keine Ahnung, wie oft ich in meinem Leben über Gletscherspalten gelaufen bin, die ich nicht gesehen habe. Ein falscher Tritt, die Spalte wäre gebrochen und ich in die Tiefe gestürzt. Für diese unsichtbaren Risiken, da braucht’s eben Glück.

Das Glück spielt eine tragende Rolle, trotzdem ist dieser Faktor nicht zu greifen. Kann man es Schicksal nennen?

Unfälle passieren – und wenn’s vorbei ist, dann ist’s vorbei. Das muss man einfach so hinnehmen. Ob das zum Zeitpunkt meiner Geburt schon vorbestimmt ist, will ich mal dahingestellt lassen. Aber im Leben braucht man generell eine Menge Glück. Im Tal wie auf dem Berg.

Können Sie sich an eine Situation erinnern, in der Sie besonders viel Glück hatten?

Ich würde mal sagen, es waren mindes-
tens 20 Situationen, in denen wirklich das hundertprozentige Glück auf meiner Seite war. Auf dem Ortler bin ich nur knapp einer Lawine entgangen, weil ich drei oder vier Sekunden vor einem Bergführerkollegen ging, der dann in der Lawine umkam. Oder ich saß gemütlich auf einer Raststelle, habe mich wieder auf den Weg gemacht und wenige Augenblicke später schlagen genau dort auf dem Rastplatz die Steine ein. Solche Situationen habe ich oft erlebt.

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Was denkt man sich dann?

Glück gehabt! Ich nehme es als speziellen Punkt in meinem Leben zur Kenntnis und blicke weiter nach vorne. Knapp gefehlt ist auch vorbei …

Das Glück kann nicht nur als Lebensretter, sondern auch als Gefühl in Erscheinung treten. Wie erleben Sie das nach einer erfolgreichen Besteigung?

Nach einer Expedition spüre ich eine enorme Erleichterung. Die Anspannung fällt ab, wenn man alles gut überstanden hat und wieder unten ist.