Wer meine Kolumnen verfolgt, wird wissen, dass ich kein Freund von Pauschalurteilen bin. Das fiel mir auch gleich ein, als ich gebeten wurde, mir hier meine Gedanken zum Thema „Sportwissenschafter" zu machen ...

Von Christoph Sumann


Ich muss auch vorausschicken, dass man als Hochleistungssportler nicht tagtäglich direkt mit der Sportwissenschaft zu tun hat, aber dass im Hintergrund natürlich sehr wohl viel mit der Wissenschaft zusammengearbeitet wird. Unter den Sportwissenschaftern, mit denen ich in meiner Zeit als Leistungssportler zu tun hatte, waren solche, die für ihren Job gebrannt haben, deren Ideen und Ratschläge mir richtig getaugt und weitergeholfen haben. Und es sind andererseits auch Leute mit akademischer Ausbildung aufgetaucht (und meist bald wieder verschwunden), die mit Leistungssport offensichtlich nichts am Hut hatten.

Ich sage es ganz offen: Bei manchen Tests, die mit mir gemacht worden sind, hatte ich das Gefühl, dass sie „für die Würscht" waren. Oder, dass meine Werte vielleicht in einer Seminararbeit gelandet sind, aber nicht für mich und meine Leistungsentwicklung relevant waren.

ERFAHRUNG AUS DER PRAXIS
Ich selbst tu mir mit Leuten mit starkem Praxisbezug einfach leichter. Und es stimmt ja auch: Es gibt viele Sportwissenschafter, die selbst aus dem Hochleistungssport kommen und danach ihre zweite Karriere auf der Universität gestartet haben. Am Idealsten war für mich dabei immer, wenn der Ansprechpartner genau meinen Sport, also das Langlaufen, längere Zeit auf Hochleistungsniveau ausgeübt hat.

Relativ wenig relevant war für mich dagegen immer, welchen Titel jemand geführt hat. Ob derjenige Trainer oder Arzt, Magister oder Doktor, Sportwissenschafter oder Sportlerkollege war – das war mir immer egal: Ich hab in allen Bereichen Menschen kennengelernt, von denen ich extrem profitiert habe, und solche, mit denen die Wellenlänge halt nicht ganz gestimmt hat.

LASS DIR HELFEN!
Unbestritten ist, dass man sich nicht nur als Spitzensportler, sondern auch als Freizeitsportler grundsätzlich helfen lassen soll. Know-how, wenn es darum geht, eine Sportart erfolgreich, mit Spaß oder auch auf dauerhaft gesunde Art und Weise auszuüben, ist mindestens so wertvoll wie die Ausrüstung. Und dennoch geben die meisten lieber ein paar tausend Euro für ein Rad aus als ein-, zweihundert für eine Leistungsdiagnostik oder einen Trainingsplan. Das nur als die eine Anregung von mir.

Die andere, die ich aus meiner persönlichen Erfahrung ableiten kann: Es zahlt sich aus, sich nicht den nächstbesten Berater zu holen, sondern sich ein wenig herumzuhören und jemanden zu suchen, zu dem die Wellenlänge wirklich passt. Wenn jemand die Sportart, die man selber ausübt, auch selbst lange Zeit betrieben hat, ist das sicher ein guter Ansatzpunkt; genauso, wenn man sich mit dem künftigen Berater hinsetzen, einfach ein paar Minuten locker über den Sport, seine Wünsche und Ziele plaudern kann und sich dabei wohlfühlt. Ob und welchen Titel das Gegenüber trägt, ist dabei ziemlich egal – finde zumindest ich. Es kann gern, muss aber nicht unbedingt ein „Sport-Magister" sein ...

Christoph Sumann / Bild: Red Bull Content PoolCHRISTOPH SUMANN war als Biathlet viele Jahre Weltklasse. Nun ist er selbst aktiv in der Hobbysportszene unterwegs und notiert hier für die SPORTaktiv-Leser seine Erlebnisse, seine Eindrücke – und seine Tipps.


Web: www.christoph-sumann.com
DER KOLUMNIST



Zum Weiterlesen: