Softshell, Hardshell, 3L – Auf dem Sektor der Bergjacken tummelt sich eine Vielzahl von Begriffen und Materialien, bei der man schnell den Überblick und das Wesentliche aus den Augen verliert. Nämlich: Welche Jacke ist die Richtige für meine Vorhaben? Michaela Temmer (Gigasport) und Birgit Retten­egger (Hervis) klären auf.

Klaus Molidor
Klaus Molidor

Ja, was denn jetzt? So viele Bezeichnungen und Materialen und Varianten wie sich da am Sektor der Outdoorjacken tummeln, wie soll man sich denn da noch auskennen? Und vor allem die richtige Jacke finden, mit der man glücklich wird ohne zu frieren oder zu schwitzen und mir der man schon gar nicht nass wird? Dieser Fragenknäuel liegt vor uns und gemeinsam mit Expertinnen Michaela Temmer (Gigasport) und Birgit Rettenegger (Hervis) wollen wir versuchen ihn zu entwirren und Klarheit zu schaffen, damit wir am Ende wissen: Wer braucht welche Jacke aus welchem Material?

Die erste Unterscheidung betrifft gleich Soft- und Hardshell: „Softshelljacken sind wasser- und schmutzabweisend, aus stretchigem Material und haben ein angenehmes Tragegefühl“, sagt Birgit Rettenegger. Wasserdicht sind sie zwar nicht, „aber leichtem Regen oder Schneefall halten sie noch stand“, ergänzt Michaela Temmer. Hardshell-Jacken dagegen trotzen den Elementen, haben dafür aber keine Wärmefunktion. „Je robuster das Außenmaterial ist und je mehr Features die Jacke hat, desto höher liegt auch ihr Einsatzbereich“, sagt Temmer. „Jacken, mit denen ich auf 3000, 4000 Metern unterwegs bin, haben Taschen, die nach oben versetzt sind, damit man sie auch mit Klettergurt noch gut tragen kann. Dazu haben sie meist Unterarmbelüftungen und ordentliche Kapuzen, die verstellbar sind und auch über einen Kletterhelm passen.“

Bei den Hardshell-Jacken unterscheidet man dann noch einmal weiter und zwar zwischen 2- und 3-Lagen-Jacken bzw. auch 2,5-Lagen-Jacken. 2-Lagen-Jacken haben eine robuste Außenschicht und darunter eine Membran wie Gore-Tex oder Dermizax, die einerseits wasserdicht, andererseits aber auch atmungsaktiv ist. „Diese beiden Schichten werden miteinander verklebt“, erklärt Birgit Rettenegger. Diese Jacken haben dann noch ein Innenfutter, das verhindert, dass die Membran auf der darunterliegenden Kleidung reibt.

Bei der 3-Lagen-Jacke ist dann die innerste Lage aus dicht gewebtem, robustem Stoff und alle 3 Lagen sind miteinander verschweißt. „Dadurch sind sie dünn, leicht und strapazierfähig“, sagt Michaela Temmer.  Bleibt noch das Zwischending, die 2,5-Lagen-Jacke. Die „halbe“ Schicht ist ein funktioneller Druck oder eine Beschichtung, damit die Jacke nicht auf der Haut klebt. 

Die Einsatzbereiche
Welche Jacke man aber braucht, hängt vom Einsatzbereich ab. Wer nicht hochalpin unterwegs ist, sondern gerne wandert, auf einen Berg geht und nicht bei jeder Witterung unterwegs ist, der ist gerade jetzt im Herbst mit einer Softshelljacke gut bedient. „Am besten mit einer leicht aufgebrushten Innenseite. So eine Jacke hält den Wind und einen leichten Regen auch noch ab“, sagt Michaela Temmer. Wer höher hinauf geht, sportlich aktiv unterwegs ist, vielleicht auch einmal klettert oder im Winter unter die Freerider geht, der sollte zu einer 3-L-Jacke greifen. „Bergauf wird man sie nicht brauchen, aber für den Abstieg, oder wenn am Gipfel zum Beispiel schlechtes Wetter aufzieht, ist man damit bestens geschützt“, sagt Temmer. „Allerdings braucht man darunter schon eine wärmende Schicht, denn die 3-L-Jacke wärmt nicht.“

Für alle, die sich gerne im Freien bewegen, egal ob Wandern, Laufen oder Radfahren, ist eine 2,5-Lagen-Jacke optimal. „Sie hat ein kleines Packmaß und ist schnell bei der Hand, wenn es einmal regnet oder windig wird. Allerdings ist sie nicht so abriebfest wie eine 3-L-Jacke, daher sollte man nicht unbedingt einen schweren Rucksack tragen. 
Sehr beliebt sind auch Softshell-Hybrid-Jacken, die an den Ärmeln und am Rücken aus einem weichen atmungsaktiven Material gefertigt sind (etwa Polartec Alpha) und auf der Vorderseite eine Windstopper oder Primaloft-Isolierung haben.

Guter Stoff


Daune: immer noch unübertroffen bei der Wärme. Schwächen allerdings bei Nässe. Dann verliert sie Volumen und vor allem den Wärmeeffekt. Bei den Produkten auf „Kein Lebendrupf“ achten und den „Responsible Down Standard“, empfiehlt Hervis-Expertin Birgit Rettenegger.

Primaloft: kurze Stücke Polyesterfaser werden zu einem Vlies verarbeitet. Primaloft Gold besteht aus den feinsten verfügbaren Fasern, wärmt besser als die anderen Varianten, ist leichter und kleiner packbar. Für Primaloft Silver werden zwei verschieden dicke Fasern verarbeitet. Mechanisch belastbarer bei gleichem Gewicht und Packmaß, aber nicht so warm wie Gold. Bei Primaloft Silber Eco werden 70 % recycelte Fasern verarbeitet. Primaloft Black Eco wiederum besteht zu 70 % aus recycelten Fasern und ist die preiswerteste Variante.

Polartec Alpha: Ebenfalls eine synthetische Isolationslösung. Im Gegensatz zu Primaloft oder Daune ist es aber ein wabenförmiges Polyester-Strick, das in zahlreichen Luftkammern Körperwärme speichert. Es ist atmungsaktiver als Primaloft und trocknet auch schneller. Kommt in vielen Softshell-Jacken zum Einsatz.

Wolle: Vor allem unter der Jacke wird jetzt wieder vermehrt auf Wolle gesetzt. „Die Leute wollen wieder Naturfasern“, berichtet Michaela Temmer. „Und Wolle ist viel geruchsneutraler als Funktionskleidung.“ Sehr oft wird Wolle aber gemischt, damit sie weniger kratzt auf der Haut. „Zum Beispiel mit Tencel, einem Material aus Holzfasern.“