Baldur, jetzt im Winter können sich viele schwerer zu etwas aufraffen als im restlichen Jahr. Woran liegt das?
Das liegt daran, dass wir als Menschen den Rhythmen der Natur und des „großen Lebens“ unterworfen sind. Im Herbst und Winter zieht sich die Natur ins Unsichtbare zurück und bereitet sich für Frühjahr und Sommer vor, wo sie sich mit gewaltiger Kraft zu neuem Leben erweckt.
Aber „Rückzug“ ist doch gerade für sportliche Menschen keine befriedigende Lösung, oder?
Vergehen, ruhen, wachsen, blühen und Früchte bringen und von Neuem vergehen ... das ist der Rhythmus. Draußen genauso wie in uns. Wir bauen eine stabile Gesundheit auf, schöpfen neue Kräfte, wenn wir jetzt an den kurzen Tagen und langen Nächten mehr in die Stille gehen, uns im Schweigen, in der Meditation, im Nichtdenken und im „Sich-aushalten-Können“ üben.
Und woher wissen wir, dass es nicht nur der „innere Schweinehund“ ist, den wir überwinden müssen?
Wenn wir bei zunehmender Erfahrung in uns hineinlauschen, dann erwerben wir mit der Zeit tatsächlich ein feines Gespür für den rechten Wechsel von Anspannung und Entspannung. Wichtig ist auch, dass wir uns nicht erst nach langen Anstrengungsphasen nach einer Auszeit umschauen, sondern jeden Tag zwischendurch „Urlaub“ machen und aus unserer inneren Kraftquelle auftanken.
Aber wenn wir längere Zeit die Zügel locker lassen, dann fällt es oft noch schwerer, sich wieder zu überwinden und – zum Beispiel ins Training – einzusteigen. Was dann?
Eine große Hilfe ist es dann, sich sehr lebhaft und immer wieder das Idealbild vom angestrebten Ziel vorzustellen. Das ist nicht nur eine mächtige Motivationshilfe, um sich neu aufzuraffen – durch das geistige Ausmalen des Gewünschten werden tatsächlich unsichtbare Realisierungskräfte wachgerufen. Das gesamte mentale Training ist darauf aufgebaut. Und es ermöglicht zum Beispiel in Kombination mit dem praktischen Üben und Trainieren die gewaltigsten Spitzenleistungen.
Wie hältst du es eigentlich selbst mit Auszeiten?
Einem Pensionisten wie mir im fortgeschrittenen Alter fällt es naturgemäß leichter, Spannung und Entspannung, Arbeit und Erholung in die „goldene Mitte“ zu bringen. Vor allem, wenn einem Entspannung, Regeneration, Meditation und Selbsterkenntnis schon seit Jahrzehnten ein wichtiges Thema sind. Und wenn gleichzeitg nicht mehr Leistung und Erfolg nach außen im Vordergrund stehen.