Diese Tatsache sorgt jenseits der Halle immer wieder für ungläubiges Staunen: Ausgerechnet Badminton, das Spiel mit dem leichten Federball, ist der schnellste Rückschlagsport der Welt! Warum dieser tolle Sport in Österreich trotzdem nur langsam auf Touren kommt? Wir haben im Österreichischen Badminton-Verband Ursachenforschung betrieben.


Liebe ist, wenn man es nicht erklären kann. Und Rena Eckart kann es nicht erklären, was sie am Badminton so fasziniert. Als kleines Mädchen hat sie damit begonnen – und heute, mit 56 Jahren, liebt sie es immer noch. „Damals gab es für mich nichts anderes“, sagt Rena Eckart, nunmehr Generalsekretärin und Sportkoordinatorin des Österreichischen Badminton-Verbandes ÖBV.
Damals, das waren die ausgehenden 1960er-Jahre. Deutschland war noch durch Mauer und Eisernen Vorhang getrennt und Rena Eckart dort auf der östlichen Seite daheim. Es folgte ein Sportwissenschaftsstudium, der Mauerfall, Umzug nach Brandenburg, später nach Berlin und schließlich nach Rosenheim. Eine Konstante war immer dabei: Badminton. „Das Schöne ist, dass es jeder spielen kann. Groß, klein, dick, dünn, alt und jung“, erklärt Eckart einen der Gründe für die Faszination, „weil sich das Erfolgserlebnis rasch einstellt.“ Viel schneller als bei anderen Rückschlagsportarten wie Tennis, Tischtennis oder Squash gelingen auch Anfängern durchaus ansehnliche Ballwechsel. Und das motiviert eben. „In der DDR habe ich auch mit geistig behinderten Kindern Badminton gespielt und es war wunderbar.“

BREITES SPEKTRUM
Das Spektrum des Sports ist breit aufgestellt: Vom gemütlichen („Federball“-) Freizeitsport im Garten, mit möglichst langen Ballwechseln, bis zum absoluten Spitzensport – eben dem schnellsten Rückschlagsport der Welt! Der Geschwindigkeitsrekord beim Aufschlag liegt derzeit bei sagenhaften 493 km/h, aufgestellt vom malaysischen Profi Tan Boon Heong. Kleine Entwarnung: Diese Geschwindigkeit erreicht der Ball nur kurz nach dem Treffpunkt und wird danach durch die Federn in der Flugphase stark abgebremst, wodurch er nur noch mit einem Bruchteil des Tempos beim Gegner ankommt.

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MIT 10 JAHREN BEGINNT’S

So ein Tempo legt Rena Eckart heute auf dem Badminton-Court nicht mehr vor. „Ich spiele kaum noch, vielleicht einmal pro Jahr.“ Keine Zeit mehr, denn jetzt setzt sie sich voll für den Sport an sich ein. Seit sie 2007 ihr Amt im Verband angetreten hat, geht es ihr darum, Strukturen zu schaffen, die es jungen Talenten ermöglichen, an die Spitze zu kommen. So gibt es jetzt einen zentralen Trainingsstützpunkt in Wien und Nachwuchsleistungszentren in Dornbirn, Graz und Linz.
Als ehemalige Spitzenspielerin weiß sie schließlich, worauf es bei der Ausbildung ankommt. „Um es im Badminton in den Leistungssport zu schaffen, müssen die Kinder mit zehn Jahren beginnen“, sagt Eckart, „sonst sind die vielen komplexen Bewegungen vor allem mit dem Handgelenk nicht mehr zu erlernen“. Was bis zum 14. Lebensjahr nicht in Fleisch und Blut übergegangen ist, lässt sich koordinativ nur noch sehr schwer bis gar nicht mehr nachholen. „Mit der richtigen Technikschulung kann man dann nicht ein, zwei oder drei verschiedene Schläge ausführen, sondern eben 50, 60 oder 70.“

ES BEGINNT IM KOPF
Der Trainingsansatz ist grundsätzlich aber ein ganzheitlicher und beschränkt sich nicht nur auf die Technik. Die Grundlage ist die Persönlichkeitsebene. „Du musst klar im Kopf sein. Dann kommt das Handeln – also wann ich welchen Schlag ausführe, und dann die Technik und die körperlichen Voraussetzungen.“ Sprungkraft ist dabei wichtig, „denn je höher du springst, umso steiler kannst du schlagen.“ Starke Oberarme und Schultern sind ebenso von Vorteil.
Und noch etwas braucht es, um den Sprung in den Leistungssport zu schaffen: Matura! „Denn dann können die Burschen und Mädchen studieren – und nur als Student hat man die Zeit, wirklich intensiv zu trainieren“, weiß Rena Eckart und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Oder man hat reiche Eltern, die einem den Sport finanzieren ...“
Warum bei uns die Chance, an die absolute Weltspitze zu kommen, gegen null geht, ist für Rena Eckart aber auch sonnenklar: „Weil du hier einfach keine Trainer bekommst, die das hauptberuflich machen. Denn vom Badminton kannst du in Österreich nicht leben.“ Das schlage sich eben auf Für Weltklassesport sei Österreich nicht leben.“ Das schlage sich eben auf die Trainingsqualität und damit auch auf die Ergebnisse nieder.

KLEINES LAND, GROSSER EHRGEIZ
Für Weltklassesport sei Österreich einfach zu klein. „Hier leben wenige Menschen, von denen nur ganz wenige Badminton spielen. 4.350 registrierte Spieler sind in den 121 Vereinen aktiv. In Deutschland sind es 180.000 – da ist natürlich eher ein Talent dabei als bei knapp 4.000.“ Aber die Größe allein gilt für Eckart nicht als Ausrede: „Auch das kleine Dänemark ist schließlich eine Topnation, war federführend an der Gründung der Badminton Welt-Föderation beteiligt. Dort kommen Elfjährige in die Halle, begleitet von zwei, drei Trainern und können Sachen, da schlackert unsereins nur mit den Ohren.“
Der Unterschied im Stellenwert macht also auch viel aus. Aber Eckart will gar nicht jammern, das passt nicht zu ihrer Natur. „Wir sind in einer Weltsportart die Nummer 24 der Rangliste. Unter 144 Nationen. So schlecht ist das also auch nicht.“ Simone Prutsch und Michael Lahnsteiner haben sich für die Olympischen Spiele 2012 in London qualifiziert, „und auch für Rio werden wir es schaffen, eine Dame und einen Herren zu entsenden“, sagt Eckart. Es bräuchte halt noch ein bisschen mehr Schwung im Badmintonsport. Es bräuchte Eltern, die ihre Kinder nicht bloß zum Training bringen, sondern auch selbst mit anpacken und den Sport weiterbringen wollen. „Das fehlt mir hier ein bisschen“, sagt die ÖBV-Generalsekretärin.

OLYMPIA ALS HOFFNUNGSSCHIMMER
Dazu kommt wie bei vielen Sportarten die fehlende mediale Aufmerksamkeit und dadurch bedingt, steigen auch keine großen Sponsoren ein. „Und ganz fatal war die aktuelle Förder-Rangliste. Es ist okay, wenn 25 Sportarten Geld bekommen und andere nicht. Aber durch das Reihen bist du bei den Sponsoren unten durch.“ Nach der neuen Reihung liegt Badminton in Österreich an 40. Stelle. Hinter Schach und gerade noch vor Kegeln, Tauchen und Fischen ...
Neuen Schwung könnten die Spiele in Rio bringen, ein Erfolgserlebnis bei Olympia könnte dem Badminton-Sport Flügel verleihen. „Man hat das ja im Tischtennis gesehen, als Werner Schlager Weltmeister geworden ist“, sagt Eckart. Dazu müssten die Athleten ihren Sport aber auch gut präsentieren. „Und zwar nicht nur durch Ergebnisse, sondern auch durch die Art, wie sie auftreten und mit Leuten ins Gespräch kommen.“ Der kommenden Generation traut sie solche Dinge zu. Denn langsam beginnen die Maßnahmen zu greifen. Wie der zentrale Trainingsstützpunkt und das Nachwuchsprojekt „Shuttle Time“, bei dem Lehrer ausgebildet werden und den Sport an Schüler weitervermitteln. Dann könnte der Sport weiter ans Licht der Öffentlichkeit dringen. „Randsportart sind wir aber jetzt schon keine“, sagt Eckart bestimmt, „wir sind vielmehr die Perle der kleinen Sportarten“.


Österreichischer Badminton VerbandDAS IST DER ÖSTERREICHISCHE BADMINTON VERBAND (ÖBV)

  • Gründungsjahr: 1957
  • Vereine: 121
  • Mitglieder: 4.350 (davon ca. 3.000 mit Spiellizenz); zusätzlich werden ca. 2.000 Mitglieder durch Projekte und Initiativen der einzelnen Referate betreut.
  • Präsident: Harald Starl
  • Vizepräsidenten: Franz Baldauf (Wettkampfsport), Alexander Almer (Leistungssport), Michael Dickert (Breitensport), Thomas Kandl (Finanzen) Generalsekretärin: Rena Eckart (auch Sportkoordination)
  • Verbandsadresse: 1210 Wien, Jedlersdorfer Straße 94; Bürozeiten: Mo.-Fr. 10 bis 17.30 Uhr.
  • Kontakt: telefonisch unter 01/29 333 46 oder per E-mail an office@badminton.at
  • Die Verbandsphilosophie: Der ÖBV sieht seine Aufgaben im nationalen Wettkampfsport, im Breitensport und insbesondere im Leistungs- und Spitzensport. Entsprechend seiner Möglichkeiten sichert der ÖBV optimale Rahmenbedingungen für die Entwicklung individueller sportlicher Höchstleistungen. Als höchstes Ziel steht die Leistungsentwicklung im Olympiade-Zeitraum von 4 Jahren für eine erfolgreiche Olympia-Teilnahme. Neben dem lokalen und regionalen Vereinssport erfolgt die zielgerichtete leistungsorientierte Ausbildung von Mitgliedern in 3 Bundesnachwuchsleistungszentren (BNLZ) im Westen (Dornbirn), Süden (Graz) und Norden (Linz) Österreichs und für den Nationalkader im Bundesleistungszentrum (BLZ) in Wien.
  • Der Leistungssport: Der ÖBV realisiert jährlich einen nationalen Turnierkalender und ermittelt die Staatsmeister in den Individual- und auch Mannschaftsbewerben (Bundesliga). Österreichische Meisterschaften werden im Nachwuchsalter ab U13 bis zum Seniorenalter O75 durchgeführt. Der Rahmenterminkalender für die aktuelle Spielsaison wird durch den ÖBV-Vorstand festgelegt.
  • Alle Infos:www.badminton.at



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